Auch mit Rasenmäher
Die Bundesregierung hat ihre Absicht, die Steuerzahler in den nächsten Jahren zu entlasten, aufgegeben. Sie folgt damit viel zu spät der Einsicht, dass angesichts der gewaltigen Schuldenberge Konsolidierung Vorrang vor Steuerentlastung haben muss. Vor allem für die FDP ist das bitter. Sie hat Steuersenkungen verlangt, aber zuletzt wenig Realitätssinn bewiesen. Der Wähler hat das bestraft. Der Streit über Steuersenkungen mutiert nun aber zu einer Diskussion über Abgabenerhöhungen. So wird über die Mehrwertsteuer, über Bankenabgaben, Reichensteuern und Sozialabgaben geredet. Auch Röslers Kopfpauschale, die sozial abgefedert werden müsste, wäre nur mit Steuererhöhungen oder Beitragszuschlägen zu finanzieren.
Finanzminister Schäuble hat das Ziel vorgegeben, in den nächsten Jahren jeweils zehn Milliarden Euro zu sparen. Das erfordert auch die Anpassung der Haushalte an die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse. Ob das gelingt, wird sich wohl erst im Spätherbst zeigen, wenn die Haushaltsberatungen für 2011 in die parlamentarischen Schlußrunden gehen. Schäubles Härte wird man nicht unterschätzen dürfen. Kein Kabinettsmitglied wird es sich leisten können, gegen die finanziellen Zumutungen eines von der Kanzlerin gestützten Finanzministers zu revoltieren. Merkel verlangt zur Rettung des Euro von den überschuldeten Euro-Ländern den Abbau ihrer Defizite. Da muss sie mit gutem Beispiel vorangehen. Sonst verliert sie national und international an Kredit.
An den Ausgaben für Bildung und Forschung soll nicht gespart werden, sagt die Regierung. Sie setzt damit das Signal, dass nicht pauschal mit dem „Rasenmäher“ bei allen Ressorts Ausgaben gekürzt werden sollen. Das ist ein guter Vorsatz, denn dieser zwingt zum Setzen von Prioritäten. Er wird freilich kaum durchzuhalten sein, wenn man vermeiden will, dass am Ende die Minister je nach Verhandlungsergebnis als Verlierer oder Gewinner, politisch geschwächt oder gestärkt, dastehen. Der „Rasenmäher“ wird für Schäuble und Merkel seine politische und disziplinierende Funktion behalten.
Wenn ein der Lage angemessenes Sparergebnis erreicht werden soll, so führt kein Weg an den großen Etats für Arbeit, Verteidigung, Verkehr und Gesundheit vorbei. Schon warnt Frau von der Leyen vor „dumpfem Kürzen“. Sie signalisiert Bereitschaft, Sparmöglichkeiten bei der Arbeitsverwaltung zu prüfen und den Beitrag nach 2011 über 3 Prozent hinaus zu erhöhen. Die Renten stehen für sie nicht zur Disposition, dagegen wohl die Gesundheitsausgaben. Vor der Kabinettklausur haben die meisten Minister über ihre Taktik geschwiegen. Anders Verteidigungsminister zu Guttenberg. Er hat zugesagt, eine Milliarde im Wehretat zu streichen. Damit zeigt er sich kooperativ, was ihn vor weitergehenden Abstrichen schützen könnte. Jedenfalls ist er seinem Parteichef Seehofer zuvorgekommen, ehe dieser auch beim Wehretat die Tonlage bestimmt.
Sparpolitik gehe zulasten des Wachstums, heißt es. Das kann sein. Sicher ist jedoch, dass die Fortsetzung der ausufernden Schuldenpolitik ins ökonomische und politische Desaster und zum Ende der europäischen Währungsunion führen würde. Es kommt jetzt darauf an, in der Finanzpolitik (und nicht nur dort) umzusteuern, nicht mit hau ruck, aber konsequent, mit Ausdauer und möglichst ohne Erhöhung von Abgaben. Das wäre eine vertrauensbildende Politik, die zu mehr Wachstum führen und soziale Stabilität sichern könnte.
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