Heilauftrag und Wirtschaftlichkeit
Über Jahrzehnte war folgendes Bild bestimmend: Als Zahnarzt macht man sich nach erfolgreichem Studium und absolvierter Assistenzzeit selbstständig und behandelt Patienten als singulärer Allrounder in seinem Ein-Behandler-Betrieb. Wenn es organisatorisch bei den Mitarbeitern mal klemmt, springt die Gattin ein. Man(n) ist Zahnarzt mit Leib und Seele, versteht sich als Mediziner und Heiler und legt dabei großen Wert auf ein vertrauensvolles Verhältnis zu den Patienten. Die kennt man zum Teil von Kindesbeinen an, stellenweise behandelt man schon deren Enkel. Man(n) ist Freiberufler – und dies mit hohem standesberuf-lichem Ethos. „Der zahnärztliche Beruf ist seiner Natur nach ein freier Beruf; der aufgrund besonderer beruflicher Qualifikation persönlich, eigenverantwortlich und fachlich unabhängig in Diagnose- und Therapiefreiheit ausgeübt wird“, heißt es folgerichtig denn auch in § 2 der Musterberufsordnung.
Flexibilisierung der Arbeitsmöglichkeiten
Aus und vorbei – willkommen im 21. Jahrhundert. In der neuen Welt der zahnärztlichen Berufsausübung ist vieles möglich und die verschiedenen Varianten der Patientenversorgung sind wesentlich flexibler geworden. „Jahrzehntelang war die Branche reguliert und abgeriegelt. Heute dürfen unternehmerische Zahnärzte zeigen, was sie können“, schrieb unlängst das Wirtschaftsmagazin Impulse. Und so werben mittlerweile viele Zahnärzte in neuartigen Praxisformen um die Gunst der Patienten und machen sie den Einzelbehandlern abspenstig.
Um Orientierung über die unterschiedlichen Berufsausübungsmöglichkeiten zu geben, wird die Bundeszahnärztekammer demnächst unter dem Titel „Formen der Berufsausübung“ eine aktualisierte Ausarbeitung veröffentlichen, in der die unterschiedlichen Praxisformen anhand verschiedener Aspekte vorgestellt werden (siehe Kasten „BZÄKKompendium“, S. 32). Schließlich hat die Entscheidung darüber, wie man seinen Beruf ausüben möchte, wesentliche Auswirkungen auf die persönliche und berufliche Zukunft.
So wirft der Start in die berufliche Praxis auch betriebswirtschaftliche Fragen auf, die gelegentlich unterschätzt werden. Eine Untersuchung der Ludwig-Sievers-Stiftung hat 2008 ergeben, dass junge Ärzte ihre fehlenden betriebswirtschaftlichen Kenntnisse zu 62 Prozent als „größtes Gründungsproblem“ bezeichnen, noch vor der „Finanzierung“. Derweil bieten sowohl die Zahnärztekammern als auch die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen Unterstützung bei der Wahl der Berufsausübung. Bereits in der Berufskundevorlesung an den Hochschulen werden im Regelfall erste Grundlagen für die zukünftige Berufsausübung und deren Rahmenbedingungen besprochen. Allerdings sind zu diesem Zeitpunkt die Schwerpunkte im Studium sehr stark auf den Abschluss fixiert. Grundlage jeder Gründungsberatung ist die eigene Idee, der eigene Plan. Praxiskonzept und Praxisform müssen nicht nur zueinander passen, beide müssen auch „gelebt“ werden.
So empfiehlt etwa die Kassenärztliche Bundesvereinigung in ihrem „Kooperationskompass“ aus dem Jahr 2007, zu Beginn des Entscheidungsprozesses über Praxisgründung oder -beteiligung die Vor- und Nachteile von Kooperationen im Detail zu durchdenken und dies auch zu verschriftlichen, etwa in einem Geschäfts- oder Businessplan.
Die Qual der Wahl
Anhand folgender Auflistung soll an dieser Stelle – verknappt – dargestellt werden, welche zahnärztlichen Ausübungsmöglichkeiten unter anderem bereits bestehen. In der BZÄK-Veröffentlichung werden dann noch weitere Varianten untersucht.
• Die Einzelpraxis
Noch immer ist die Einzelpraxis die klassische und vorherrschende Praxisform und wird auch weiterhin besonders in ländlichen Gebieten eine Art „Regelpraxisform“ sein.
•Die Berufsausübungsgemeinschaft (BAG)
Mehrere niedergelassene Zahnärzte schließen sich zur gemeinsamen zahnärztlichen Tätigkeit in gemeinsamen Räumen, mit gemeinsamer Praxiseinrichtung, gemeinsamer Karteiführung und gemeinsam angestelltem Personal auf gemeinsame Rechnung und unter gemeinsamem Namen zusammen. Die BAG erfordert einen gemeinsamen Praxissitz, die eigenverantwortliche, fachlich unabhängige sowie nicht gewerbliche Berufsausübung der beteiligten Zahnärzte muss gewährleistet sein. Die an der BAG beteiligten Zahnärzte tragen gemeinsam die Budgetverantwortung
•Die Praxisgemeinschaft
Eine Praxisgemeinschaft ist der organisatorische Zusammenschluss mehrerer Zahnärzte zur gemeinsamen Nutzung von Praxisräumen oder -einrichtungen oder zur gemeinsamen Inanspruchnahme von Praxispersonal. Sie stellt eine ausschließlich wirtschaftlich geprägte Gesellschaft dar, ideelle Zwecke, wie etwa die gemeinschaftliche Betreuung von Patienten, werden nicht verfolgt. Jeder Gesellschafter der Praxisgemeinschaft führt seine Praxis eigenverantwortlich mit einem eigenen Patientenstamm und ist Mitbewerber der anderen; bei fehlerhafter Behand- lung haftet nicht die Praxisgemeinschaft, sondern der jeweils beteiligte Zahnarzt.
•Die Zweigpraxis
Hierbei handelt es sich um eine weitere Praxis, die ein Zahnarzt neben seiner eigentlichen Niederlassung eröffnet. Bei beiden muss die ordnungsgemäße Versorgung der Patienten sichergestellt sein. Auch in der Zweigpraxis muss der Praxisinhaber grundsätzlich persönlich tätig sein, Sprechstunden abhalten, einen ordnungsgemäßen Praxisablauf, die Vertretung und den Notfall absichern. Zahnärzte dürfen Zweigpraxen auch außerhalb ihrer Vertragszahnarztsitze betreiben, wenn und soweit die Versorgung der Versicherten an den weiteren Orten verbessert und die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragszahnarztsitzes nicht beeinträchtigt wird.
•Angestellte Zahnärzte
Ein niedergelassener Zahnarzt hat die Möglichkeit, approbierte Zahnärzte als angestellte Zahnärzte zu beschäftigen. Die Anzahl der angestellten Zahnärzte ist beschränkt, der Zulassungsausschuss der KZV muss der Anstellung zustimmen. Durch die Aufhebung der Bedarfszulassung für die Vertragszahnärzte und die Option, Zahnärzte in einer Praxis anzustellen, hat die Beschäftigung von angestellten Zahnärzten an Bedeutung zugenommen. Der anzustellende Zahnarzt belastet nicht das Praxisbudget, sondern bringt ein weiteres Budget in die Praxis, dessen Umfang vom Honorarverteilungsmaßstab der jeweiligen KZV abhängt. Für junge Zahnärzte eröffnet die angestellte Tätigkeit die Perspektive, in eine vertragszahnärztliche Praxis einzusteigen, ohne sofort den Schritt in die Selbstständigkeit zu gehen.
•Das medizinische Versorgungszentrum (MVZ)
MVZs sind fachübergreifende, zahnärztlich geleitete Einrichtungen, in denen Zahnärzte als Angestellte oder Vertragszahnärzte tätig sind. Jeder zugelassene Zahnarzt kann ein MVZ gründen, die beteiligten Gesellschafter haften persönlich gegenüber der KZV. Die im MVZ tätigen Zahnärzte dürfen keinen Weisungen von Nichtzahnärzten bei der Berufsausübung unterworfen sein. Die Geschäftsführer müssen mehrheitlich Zahnärzte sein, es gibt keine Beteiligung Dritter am Gewinn der Gesellschaft.
Die Praxis als Unternehmen
Angesichts der Vielzahl von Ausübungsvarianten zeichnen auch Medien die Verschiebung des zahnärztlichen Berufsbildes nach, gelegentlich mit hämischem Unterton. Zitiert sei erneut das Magazin „Impulse“: „Die traditionellen Zahnärzte fürchten um ihre Verdienste. Gründer sprechen von Umsatzwachstum, Effizienz und Größenvorteilen. Für sie hat die Politik Gesetze geändert oder abgeschafft. Sie dürfen Werbung machen, Behandlungen im Internet versteigern und, wo immer sie wollen, große Zentren oder Filialen eröffnen. All das soll mehr Wettbewerb ins System bringen. Zahnärzte zu Unternehmern machen.“
Den realen Hintergrund für das gezeichnete Bild stellen bereits gebildete Zahnarztzentren oder auch Zahnarztketten dar, die Zahnärzte anstellen oder Praxen im Franchise-Verfahren vergeben. Auch wenn vor Jahren die Zahnarztkette „Mc Zahn“ zuerst großspurig startete, um dann kleinlaut in die Insolvenz zu gehen: Die Geschäftsidee ist in der Welt. Mit den Stichworten ‚Freiberuflichkeit versus Angestelltendasein‘ und ‚Kommerzialisierung des Berufs‘ ist der Rahmen gesteckt.
Kooperationsgrund Kostenersparnis
Auf der Homepage eines Münchener Zahnzentrums sind die Gründe, die für einen Zusammenschluss symptomatisch sind, explizit genannt. Dort heißt es: „In unserem Zahnzentrum arbeiten gleich mehrere Zahnärzte an einem Standort. Das spart Kosten, da nicht jeder Zahnarzt eine eigene Praxis mit eigenem Personal und eigenen Gerätschaften finanzieren muss. Aufgrund der Größe können zudem Materialien und Zahnersatz günstiger bezogen werden. Diese Einsparungen werden direkt an die Patienten weitergegeben.“
Weiteres Beispiel: In Krefeld soll nächstes Jahr ein interdisziplinäres Zahnärztehaus seine Pforten öffnen, Initiator ist ein niedergelassener Zahnarzt. Die Projektankündigung spricht von einem High-Tech-Gerätepark, den man sich allein kaum leisten könne, von einem zentralen Management, das ungeliebte Verwaltungsarbeiten abnehme und mehr Zeit für seine Patienten lasse, sowie von der Möglichkeit, die Urlaubsvertretung direkt am Ort zu haben. Ein Schichtdienst garantiere zudem längere, patientenfreundliche Öffnungszeiten und schnelle Schmerztermine. „Die kurzen Kommunikationswege zwischen den Zahnmedizinern ermöglichen gerade bei komplexen Behandlungen eine optimale Versorgung. Weil man mit den Kollegen im Haus komplette Versorgungspakete aus einer Hand anbieten kann, bleiben dem Patienten darüber hinaus lange Wege und Überweisungen erspart“. Das Ganze in Stadtmitte, mit reichlich vorhandenen Parkplätzen.
Wettbewerb erwünscht
Als Markstein für die Tendenz zu kooperierenden Praxisausübungsformen gelten Veränderungen gesundheitspolitischer Rahmenbedingungen. Mit der Aufnahme von Medizinischen Versorgungszentren in den Katalog von Praxisformen und der weiteren Implementierung neuer Berufsausübungsmöglichkeiten mit dem GKV-Modernisierungsgesetz Modernisierungsgesetz 2004 war ein Damm gebrochen. Gerade die Einführung der MVZs und zusätzlich das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz, das der Gesetzgeber 2007 beschloss, führten im medizinischen und damit auch im zahnärztlichen Bereich zu einer Erweiterung der Berufsausübungsvarianten. Seitdem müssen sich etwa Zahnärzte nicht mehr an einem Ort in einer gemeinsamen Praxis niederlassen. Eine Berufsausübungsgemeinschaft kann auch überregional, zum Beispiel über Landesgrenzen hinweg, erfolgen. Hintergrund: Das Gesundheitssystem soll wettbewerbsorientierter werden. So sorgt auch juristisch eine zunehmende Liberalisierung des Werberechts für Freie Berufe dafür, dass Medizinern mehr ermöglicht wird und auch Zahnärzte verstärkt die Werbetrommel rühren.
Fossile und Märchen
Fest steht: Seit die Möglichkeiten, zahnärztlicher Tätigkeit nachzugehen, gewachsen sind, ist nichts mehr, wie es war. Schon prophezeien einige dem selbstständig niedergelassenen Zahnarzt auf lange Sicht das Aus und wollen ihn zum Fossil abstempeln. So etwa der Jurist und Zahnarzt Ruben Stelzner. In seiner 2009 erschienen juristischen Dissertation zu „Rechtsfragen zahnärztlicher Kooperationen“ schreibt er: „Das durch die Berufsordnung und das Zahnarztrecht über Jahre geprägte Berufsbild des Zahnarztes, der als Einzelkämpfer mit einer Hand voll nichtzahnärztlicher Mitarbeiter in seiner Praxis tätig wird, wurde angesichts der Erweiterung vorhandener Formen der Kooperation und der Implementierung völlig neuer Möglichkeiten der beruflichen, kollegialen Zusammenarbeit aufgegeben.“
Zwar kommt auch Stelzner zu dem Schluss, dass die Einzelpraxis noch nicht als „Auslaufmodell“ bezeichnet werden könne. Doch angesichts neuer rechtlicher Möglichkeiten zur kooperativen Berufsausübung und des steigenden finanziellen Drucks, der auf einer selbstständigen zahnärztlichen Existenzgründung lastet, sei mit einer deutlichen Zunahme beruflicher Zusammenarbeit zu rechnen. Stelzner: „Das Selbstverständnis vom zahnärztlichen Beruf als freier Beruf unterliegt damit zunehmend der Auflösung.“ Doch Totgesagte leben länger. So kommt das von der Bundeszahnärztekammer und der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung getragene Institut der deutschen Zahnärzte (IDZ) zu einem anderen Urteil: In der Publikation „Rollenverständnisse von Zahnärzten zur eigenen Berufsausübung“, herausgegeben im Februar 2010, gelangen die Autoren Dr. disc. pol. Wolfgang Micheelis,
Dipl.-Soz. Barbara Bergmann-Krauss und Prof. Dr. med. dent. Elmar Reich zu folgendem Schluss: „Die Ergebnisse der Studie lassen klar erkennen, dass die Zahnärztinnen und Zahnärzte die freiberufliche Tätigkeit auch weiterhin bevorzugen.“
Explizit geht die Studie auch auf die neuen Möglichkeiten der zahnärztlichen Berufsausübung ein und sieht ebenfalls eine nicht zu ignorierende Attraktivität und Dynamik für andere Berufsausübungsarten. Einer der Gründe hierfür sei in dem berufsimmanenten Trend der sogenannten Feminisierung zu sehen. Gemeint ist damit die in der gesamten Medizin zu beobachtende Entwicklung, dass der Anteil von Zahnärztinnen an der Gesamtzahl der nachwachsenden Zahnärzteschaft kontinuierlich ansteigt.
Triebfeder Feminisierung
So rechnet das IDZ in einer weiteren Untersuchung von 2009 („Prognosen zur Zahnärztezahl und der Bedarf an zahnärztlichen Leistungen bis zum Jahr 2020“) vor, dass die Feminisierung die Triebfeder ist für Alternativ- Modelle zur herkömmlichen Berufsausübung. Zukünftig würde ein Großteil der Zahnärzteschaft von Frauen gestellt werden, die aktuell schon mehr als 60 Prozent der Studierenden der Zahnmedizin ausmachen. Nur ein Drittel der Hochschulabsolventinnen gehe in die Niederlassung, die anderen wählten den Weg der Anstellung, häufig in Teilzeitarbeit. Ab dem Jahr 2017 sei mit mehr als 50 Prozent Frauenanteil bei den Berufsausübenden zu rechnen.
Damit einher gehe, dass „weibliche Strategien der beruflichen Karriereplanung mit einer entsprechend verknüpften Work-Life- Balance (zum Beispiel Babypause, Erziehungszeiten) ein immer größeres Gewicht erhalten werden“. Das IDZ rechnet damit, dass daher auch flexiblere Formen der Berufsausübung wie etwa Teilzeitarbeit gerade bei Zahnärztinnen „auf ein gesteigertes Interesse stoßen [siehe hierzu auch den Beitrag über das BZÄK-Memorandum zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf in dieser Ausgabe auf S. 18].
Dennoch ließe sich insgesamt erkennen, „dass sich der freiberufliche Identitätskern auch unter den aktuellen Umbrüchen und Verwerfungen im gesamtgesellschaftlichen Erwerbs- und Berufssystem überraschend deutlich erhalten hat und Geschlechterdifferenzen nur in umschriebenen Einzelpunkten durchschlagen, ohne das professionelle Berufsmodell im Kern zu berühren“. Aus der Feminisierung des zahnärztlichen Berufsstands allein ließe sich daher (bisher) „keine Tendenz zur beruflichen Diversifikation“ erkennen.
Praxiskooperationen liegen im Trend
Die Möglichkeit für Praxiskooperationen und Angestelltentätigkeit stößt jedenfalls auf reges Interesse. Das Jahrbuch 2010 der KZBV weist aus, dass sich die Zahl der Gemeinschaftspraxen (ab 2007 Berufsausübungsgemeinschaften) in den letzten zehn Jahren deutlich gesteigert habe. So betrug der Anteil 2009 in den alten Bundesländern rund 20 und rund zwölf Prozent in den neuen Bundesländern. Zudem habe der Trend zur Praxiskooperation in Verbindung mit der zunehmenden Zahl angestellter Zahnärzte dazu geführt, dass die Zahl der Praxen seit einigen Jahren rückläufig sei, während die Zahl der Behandler je Praxis steige. Laut Jahrbuch gab es Ende 2009 bei den Zahnärzten acht medizinische Versorgungszentren mit 33 angestellten Zahnärzten. In elf Gesundheitseinrichtungen waren 19 angestellte Zahnärzte tätig.
Diese aktuellen Entwicklungen sind bereits in einem anderen Bereich aufgeschlagen: bei der apoBank. So berichtete auch Herbert Pfennig, Vorstandssprecher der Bank, auf der letzen Vertreterversammlung im Juni 2011 in Düsseldorf darüber, dass zwar wirtschaftlich selbstständige Heilberufler in eigener Praxis weiter deutlich die Mehrheit der Kunden stellen. Aber gerade jüngere und hier die weiblichen Heilberufsangehörigen suchten zunehmend nach Alternativen in der Berufsausübung. Pfennig: „Sie scheuen das vermeintliche Risiko der wirtschaftlichen Selbstständigkeit und haben andere Vorstellungen von der zeitlichen Dimensionierung ihrer Tätigkeit als etablierte Selbstständige, zum Beispiel, weil sie eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf anstreben.“
Freiberufler haben eben keine Einkommensgarantie. Stattdessen müssen sie Zulassungsformalitäten und wirtschaftliche Aspekte der Praxisgründung genauso mit bedenken wie unter anderem Fragen der Praxisorganisation und des Qualitätsmanagements. Warum, so fragen sich offensichtlich viele Zahnärztinnen, sollten sie sich das antun, worunter ihre männliche Kollegen bisweilen zu leiden haben.
Ein Blick in die Wirklichkeit praktizierender freiberuflicher Zahnärzte schilderte erst kürzlich der Journalist Volker Looman in der FAZ. Die Attraktivität der Freien Berufe, so der Autor, sei in den letzten Jahren schon allein deswegen gesunken, weil sich die Aussichten auf ein ausreichendes finanzielles Auskommen verschlechtert hätten. Zwar sei die Zahl der Zahnärzte insgesamt angestiegen, doch der Kuchen, den sie sich teilen müssen, sei nicht größer geworden. Daher seien die „goldenen“ Zeiten für Zahnärzte als Freiberufler vorbei. Die große Konkurrenz zwinge viele Zahnmediziner schon in jungen Jahren zu der Überlegung, wie die spätere Existenz, die in zahlreichen Fällen eine Selbstständigkeit wider Willen sei, finanziert werden soll.
Ökonomisierung der Berufsausübung
Die Freiberuflichkeit wird auch künftig als Motor für die Ausübung des zahnärztlichen Berufs ihre ganz entscheidende Bedeutung behalten. So weist sie das BZÄK-Jahrbuch auch als „Garant für die Therapiefreiheit des Zahnarztes und die notwendige Direktbeziehung zwischen Patient und Zahnarzt“ aus. Doch der freiberuflichen Berufsausübung in Form der wirtschaftlich selbstständigen Einzelpraxis sind mittlerweile viele andere Möglichkeiten an die Seite gestellt, die teilweise einer stärkeren Ökonomisierung das Wort reden.
Freiberufliche Zahn-Mediziner sind in erster Linie Heilberufler, gleich in welcher Ausübungsvariante. Und auch das Zahnheilkundegesetz regelt nach wie vor, dass die zahnärztliche Tätigkeit kein Gewerbe sei, so dass ein Gewinnstreben hinter Patienteninteressen zurückzutreten hat. Aber Zahnärzte sind auch Akteure in einem Gesundheitswesen, das mehr und mehr wettbewerbsorientiert ist.
Schon lang ist die Rede von einem Gesundheitsmarkt und einer Gesundheitswirtschaft, in der Zahnärzte ihre heilerischen Fertigkeiten als Dienstleistung anbieten gegenüber Patienten, die wiederum nicht mehr nur Kranke, sondern zunehmend mündigere Kunden sind. Damit besteht auch auf diesem Weg die Gefahr der Vergewerblichung des Berufsstands mit allen möglichen negativen Auswirkungen auf die zahnärztliche Profession und insbesondere die Gefahr des Vertrauensverlusts durch die Patienten.
In welchem Rahmen die freiberufliche Ausübung der Zahnheilkunde auch in Zukunft gesichert werden kann, schlussfolgert die Bundeszahnärztekammer in ihrer Publikation zu den Berufsausübungsmöglichkeiten, hänge ganz entscheidend von den Berufsträgern selbst ab. „Mit der Wahl ihrer Praxisformen haben sie es selbst in der Hand, ob sie künftig als freier Heilberuf das persönliche Vertrauensverhältnis zu den Patienten in den Vordergrund stellen oder als eher gewerblich orientierte Unternehmer um Kunden werben.“