Direkte Überkappungen mit selbstätzenden Adhäsiven
Direkte Pulpaexpositionen, bedingt durch Kavitätenpräparation, Kariesexkavation oder Traumata, sind ein häufiges Bild im klinischen Alltag. Die Therapie bei einer scheinbar klinisch gesunden Pulpa erfolgt in den meisten Fällen mit einem Kalziumhydroxidpräparat Ca(OH) 2 , welches aufgrund seiner antibakteriellen und dentininduzierenden Wirkung nach wie vor den Goldstandard darstellt. Diese Form der Therapie kommt auch bei Kavitäten mit einer geringen Restdentinstärke zur Anwendung. Bei dieser so genannten „Indirekten Überkappung“ scheint sich in der jüngeren Literatur neben dieser Therapie eine Alternativversorgung in Form einer „Versiegelung“ mit einem Adhäsiv zu etablieren.
In der vorliegenden Studie wurden zwei selbstätzende Adhäsive, Clearfil Liner Bond 2V und Clearfil SE Bond (beide Kuraray, Japan), mit einem Kalziumhydroxidpräparat (Dycal, Dentsply, Deutschland) auf deren Eignung als direktes Überkappungsmaterial untersucht.
Insgesamt wurden 34 klinisch und röntgenologisch gesunde Prämolaren für diese Studie ausgewählt, welche aus kieferorthopädischen Gründen extrahiert werden sollten. Jeweils im okklusalen Bereich wurde eine Kavität mit Pulpaexposition präpariert. Anschließend erfolgte eine Abdeckung mit einem der drei Präparate sowie die Versorgung der Kavität mit einer Kompositfüllung (Z-100; 3M Espe, Deutschland). Nach einem Beobachtungszeitraum von 30 (Anzahl = 17) und 90 Tagen (Anzahl = 17) wurden die Zähne extrahiert und das Pulpagewebe wurde histologisch auf Entzündungsparameter, Zelldesintegration, Bildung von Tertiärdentin und die Anwesenheit von Bakterien in der Pulpakammer untersucht.
Alle Gruppen, die mit den Adhäsiven behandelt worden waren, zeigten sowohl nach 30 als auch nach 90 Tagen moderate beziehungsweise hohe Entzündungsparameter mit zum Teil chronischem Verlauf, leichte bis moderate Zelldesintegration, bestehende Bakterienanwesenheit und wenig bis keine Hartsubstanzbildung. Im Gegensatz dazu zeigten die Proben, die mit dem Kalziumhydroxid behandelt worden waren, eine deutliche Hartsubstanzbildung mit geringen Entzündungsparametern und wenig bis keine Bakterienbeteiligung oder Zelldesintegration.
Im Gegensatz zu einer indirekten Überkappung, bei der Adhäsive eine Alternative zum Goldstandard des Kalziumhydroxids sind, scheint deren Verwendung im Falle einer direkten Pulpaexposition keine empfehlenswerte Therapievariante darzustellen. Wie in dieser Studie gezeigt werden konnte, kam es durch den direkten Kontakt der selbstätzenden Adhäsive mit dem Pulpagewebe zu keiner „Wundheilung“ im Sinne der Hartsubstanzbildung und eher zur Ausbildung einer chronischen Entzündung. Die Ursache hierfür ist in der Toxizität der Monomere bei besagtem, direktem Zellkontakt zu suchen, welche in weiteren Studien eindeutig nachgewiesen werden konnte.
Quelle: Accorinte M, Laguerico A,Reis A, Costa C. Response ofhuman pulps capped withdifferent self-etch adhesivesystems. Clin Oral Investig 2008;12(2):119-127.
Dr. Christian HartwigCharité -Universitätsmedizin BerlinCharitéCentrum 3 für Zahn-,Mund- und KieferheilkundeAbteilung für Zahnerhaltungskundeund ParodontologieAßmannshauser Str. 4-614197 Berlinchristian.hartwig@charite.de