Geld regiert die Klinikwelt
„Den wachsenden Leistungsanforderungen im stationären Bereich steht die rückläufige Finanzierung auf fast allen Ebenen gegenüber“, fasste Prof. J. Rüdiger Siewert, Vorsitzender des VUD, die Ergebnisse der aktuellen Verbandsumfrage auf einer Pressekonferenz in Berlin zusammen.
An der diesjährigen (und regelmäßig stattfindenden) Trendbefragung nahmen die Vorstände von 28 der insgesamt 32 in Deutschland existierenden Unikliniken teil. Dabei beurteilten sie sowohl die aktuelle Lage als auch die Zukunftsaussichten pessimistisch.
Kaum noch Überschüsse
Dass dieser verdüsterte Blick nicht unbegründet ist, lässt sich schon allein an den Jahresbilanzen der Krankenhäuser ablesen. Erwirtschafteten im vergangenen Jahr noch drei Viertel aller Unikliniken einen Überschuss, rechnen für 2011 nur noch 39 Prozent mit einem Gewinn.
Vor allem die Bereiche der Kinderchirurgie, der Urologie und der Orthopädie/Unfallchirurgie halten die Vorstände für finanziell problematisch – in diesen Feldern liegen die Kosten für die Kliniken deutlich über den Erlösen. Potenzial zur Steigerung von Behandlungen – und somit letztlich zur Steigerung der Einnahmen – wird besonders der Intensivmedizin, der Chirurgie und der Kardiologie zugerechnet.
Als größte Herausforderung wird von allen Befragten die Wirtschaftlichkeit der stationären Versorgung angesehen. Aber auch die Investitionsfinanzierung und – mit etwas Abstand – der Fachkräftemangel wurden genannt.
Wie sich die von den Krankenhausvorständen skizzierten Probleme am besten lösen lassen, liegt für den VUD auf der Hand: Es muss mehr Geld investiert werden. „Praktisch alle Universitätskliniken haben einen Investitionsstau zu verzeichnen“, sagte Siewert. Für knapp ein Drittel der Hospitäler liegt der aktuelle Investitionsstau laut Umfrage sogar bei über 100 Millionen Euro.
Und auch der Blick in die Zukunft verspricht keine Besserung. Für das Jahr 2015 sehen fast die Hälfte der Kliniken einen Investitionsbedarf zwischen 250 und 500 Millionen Euro pro Standort auf sich zu-kommen. Eine Verschärfung dieser Lage und einen zunehmenden Investitionsstau für die Jahre 2016 bis 2020 erwarten sogar drei Viertel.
Finanzierungsprobleme
Die Ursachen für die Finanzierungsprobleme sind dabei vielfältig. Insgesamt 85 Prozent der Krankenhäuser berichten über einen realen Rückgang der Landeszuschüsse für Forschung und Lehre. Den Spielraum für die Drittmitteleinwerbung bewerten viele als ausgeschöpft, zudem geben fast vier Fünftel der Vorstände an, dass sie keine hinreichende Finanzierung von „Extrem-kostenfällen“ erhalten.
Die Hospitäler bezeichnen so Patienten mit unklaren Diagnosen und weitreichenden Komplikationen, oftmals nach größeren chirurgischen Eingriffen. Die Kosten dieser Fälle belaufen sich pro Klinikum auf circa acht bis zehn Millionen Euro.
Dies alles zeige, dass die Finanzierung der Kliniken insgesamt prekär sei, berichtete Siewert, selbst wenn die meisten Häuser noch schwarze Zahlen schrieben.
Unklare Zukunftspläne
Auch die Politik hat die Finanzprobleme der Kliniken erkannt – und reagiert darauf: In der Kieler Landesregierung wird seit Längerem über die Privatisierung des Uniklinikums Schleswig-Holstein debattiert. In Berlin wiederum wird ein Modell diskutiert, bei dem der Bund die Finanzierung der Charité bereitstellt.
Die Häuser selbst stehen solchen Plänen skeptisch gegenüber. Eine Vollprivatisierung würden nur acht Prozent, eine Teilprivatisierung zwölf Prozent von ihnen begrüßen. Siewert sieht bei einer Privatisierung auch weniger die Krankenversorgung gefährdet als vielmehr die Aufrechterhaltung von Forschung und Lehre. Die Unikliniken plädieren stattdessen für eine Steigerung der Investi-tionsquote von jetzt 7,5 auf zwölf Prozent. Nur so könnten sie nach eigener Einschätzung die notwendigen Investitionen in Bauten und Infrastruktur tragen.
Also doch eine (teilweise) Finanzierung des Bundes? Daran mag Siewert nicht recht glauben, weil sich die Länder eine Einmischung in ihr Hoheitsrecht der Bildungspolitik, zu der auch die Universitätskliniken gehören, verbeten. Zudem sieht er bei den Unikliniken „in erster Linie die Länder in der Pflicht“, etwas gegen die Unterfinanzierung zu unternehmen.
Unstrittig bleibt bleibt für den VUD-Vorsitzenden trotz der Finanzprobleme, dass die Unikliniken in ihrer jetzigen Form auf jeden Fall erhaltenswert sind. Diese „werden als Motor von medizinischer Innovation und medizinischer Ausbildung mehr denn je gebraucht.“