Diesmal mit Rekordbeteiligung
Was so viele Gäste wie noch nie zu der traditionsreichen Veranstaltung in die bunte Stadt am Harz gelockt hatte, waren ein wissenschaftliches Programm unter dem Generalthema „Chirurgische Zahnheilkunde aktuell“ mit einem renommierten Referententeam und sicher der Festredner, Joey Kelly. Das einstige Mitglied der Kelly-Family traf auf eine beachtliche Fangemeinde.
Unter der wissenschaftlichen Leitung von Prof. Dr. Detlef Schneider, Halle, wurde ein praxisnahes Programm mit fünfzehn Vorträgen, fünf Seminaren und zwei praktischen Kursen abgearbeitet, das den Teilnehmern den neuesten wissenschaftlichen Stand zur Zahnentfernung, zu Mundschleimhautveränderungen, zu Zysten und lebensbedrohlichen Zuständen in Zusammenhang mit Abszessen, zur Anästhesie und zu Komplikationen, die sich aus den Wirkungen bestimmter Arzneimittel bei zahnärztlich-chirurgischen Eingriffen ergeben können, präsentierte.
Replantieren oft sinnvoll
Prof. Dr. Andreas Filippi, Basel, erörterte die Voraussetzungen erfolgreicher Zahn-Replantation. Seiner Überzeugung nach gehört in jede Zahnarztpraxis eine Zahnrettungsbox, in der sich die Zellstrukturen falsch aufbewahrter, avulsierter Zähne „erholen“ können und Toxine ausgeschwemmt werden. Sie schaffe einen längeren Zeitraum bis zum zahnärztlichen Handeln. Der Referent zeigte, dass Zahn-Transplantationen durchaus keine exotische Spielwiese sind, sondern heute ein probates Mittel sein können, um bei der Nichtanlage von Zähnen oder bei Zahnverlust die Zahnreihe wieder zu schließen. Jeder, der Weisheitszähne extrahiere, könne auch Zähne transplantieren, ermutigte er das Auditorium und verwies darauf, dass in Skandinavien das Transplantieren von Prämolaren gewissermaßen zahnmedizinischer Alltag sei. Es gebe aber auch Fälle, die man besser versierteren Fachleuten überlassen soll. Dazu gehörten beispielsweise die Verpflanzung eines Weisheitszahns in einen anderen Quadranten oder zwei Transplantate nebeneinander. In seiner Klinik habe sich inzwischen sogar eine „Zahnbank“ etabliert, in der extrahierte Zähne als potenzielle Transplantate aufbewahrt werden.
Die dritte Dimension
PD Dr. Ralf Schulze, Mainz, unterzog die Dentale Volumentomografie einer kritischen Einordnung unter den bildgebenden Verfahren. Hierbei solle man die Strahlenbelastung nicht unterschätzen sowie Risiken und Nutzen sorgfältig abwägen. Typische DVTIndikationen seien Weisheitszahnextraktionen, Implantationen (nicht routinemäßig!), die Lokalisation von Fremdkörpern, die Diagnostik von Wurzelfrakturen nach Traumata, aber auch pathologische Veränderungen im Knochen und Umstellungsosteotomien in der Kieferorthopädie. Mögliche Indikationen sieht er zudem in ausgewählten Fällen in der Endodontologie und in der Kiefergelenksdiagnostik. Keine Evidenz hingegen gebe es für die Routine-Diagnostik in der Kieferorthopädie. Auch beim DVT dürfe man sich nicht allein auf das Röntgenbild verlassen; denn alles, was man sieht, sei mathematisch errechnet und berge Fehlerquellen.
PD Dr. Frank Peter Strietzel, Berlin, machte deutlich, dass HIV-infizierte Patienten, die mit einer HAART-Therapie (hoch aktive antiretrovirale Therapie) immunologisch stabil eingestellt sind, zahnmedizinisch weitgehend problemlos behandelt werden können – sogar mit Implantaten. Wichtig sei, in der Anamnese den HIV-Status detailliert zu erheben – Viruslast, CD4-Zahl und Granulozyten/ Thrombozyten seien wichtige Parameter. Die Tagung fand wenige Tage vor dem Kabinettsbeschluss zur GOZ-Novelle statt; so hatte Kammerpräsident Dr. Frank Dreihaupt in seiner Eröffnungsrede nur vermuten können, was dann Gewissheit wurde: eine unbefriedigende Reform.
Sabine FiedlerMerkurweg 4539118 Magdeburg