Editorial
Liebe Leserinnen und Leser,
glaubt man „den Medien“, steht es schlecht um Deutschlands Gesundheitswesen: schlimme Symptome, düstere Diagnosen, traurige Therapievorschläge und Prognosen, die keiner unter uns von seinem Arzt hören wollte. Solche Stimmungen bedrücken weitgehend die Diskussionen um die gesundheitspolitische Steuerung in einem Bereich, der keine andere Aufgabe hat, als Menschen zu heilen oder sie gesund zu erhalten. Ein eigentlich absurd anmutendes Phänomen.
Da ist – seit Jahrzehnten – die Rede von Kostenexplosionen, dem befürchteten Kollaps eines Patienten, der längst das Beste hinter sich hat und kaum noch hoffen kann. Da stottert der Wachstumsmotor, da wird zerredet, verunglimpft, kriminalisiert und gedroht, dass man den Status quo angesichts der Umstände nicht mehr halten wird. Quasi ein Untergangsszenario, ohne Alternativen. Handelte es sich beim deutschen Gesundheitswesen tatsächlich um einen wettbewerbsgeprägten, klassischen Wirtschaftszweig, gäbe es ihn angesichts solcher Negativ-Schlagzeilen sicherlich nicht mehr.
Halten wir es ruhig fest: Ohne Gesundheitswesen geht es nicht. Das ist so profan wie beruhigend. Aber wie stimmig sind dann eigentlich solche Szenarien? Halten die hartnäckig aufgebauten Mythen um das Gesundheitswesen sachlicher Prüfung stand? Wer analysiert, entdeckt – das zeigen gerade in letzter Zeit einschlägige Studien immer wieder – im deutschen Gesundheitswesen einen properen, international vorzeigbaren Riesen, der trotz beharrlichen Schlechtredens überlebt und seine Aufgabe immer noch tapfer erfüllt. Ergo: Wir Deutschen – zumindest bestimmte „Pressure-Groups“ und „die Medien“ – meckern auch hier auf ziemlich hohem Niveau.
Wer darüber staunt, dass das in so einem herunter geredeten Umfeld tatsächlich noch funktioniert, kennt sich in der Anatomie dieses Riesen nicht mehr aus: Er lebt von Leistungen, deren Träger ihre Aufgabe nach wie vor ernst nehmen: Ärzte und Zahnärzte erfüllen nach besten Wissen und Gewissen ihren von der Gesellschaft zugedachten Auftrag.
Dass diese Gesellschaft in Zeiten, in denen Ökonomie mehr und mehr zur bestimmenden Grundlage allen systemischen Denkens wird, diese Argumente aus den Augen verliert, ist übrigens eines der großen Themen, die aktuell nicht nur Europa, sondern die gesamte Welt bewegen.
Vielleicht sollten die politisch Verantwortlichen sich das bewusst machen, wenn sie die Menschen für die Herausforderungen der kommenden Jahrzehnte wappnen wollen. Die Fakten lassen es jedenfalls zu: Die Kostenexplosion im Gesundheitswesen ist eine Mär, die im Zweifel dazu dient, das staatliche Portemonnaie geschlossen zu halten. Dass diese Strategie aufgehen kann, bezweifeln inzwischen immer mehr Menschen.
Mit freundlichem Gruß
Egbert Maibach-Nagelzm-Chefredakteur