Fakten auf den Tisch
Durchweg positiv bewertete der KZBV-Vorsitzende Dr. Jürgen Fedderwitz die erzielten Ergebnisse für die Vertragszahnärzte beim Versorgungsstrukturgesetz. Zugleich machte er unmissverständlich klar: „Jetzt ist die Selbstverwaltung gefordert. Jetzt muss sich zeigen, was das Gesetz wert ist, ob die Strukturen verändert werden können. Die Chancen sind da, die Weichen richtig gestellt, damit am Ende Patienten und Zahnärzte profitieren.“ Diese Chance müsse genutzt werden – insbesondere, um die zahnmedizinische Versorgung auf regionaler Ebene zu stärken.
Was die zahnmedizinische Versorgung alter und behinderter Menschen betrifft, sei die Regierung zwar auf dem richtigem Weg, urteilte Fedderwitz, aber: „Die Maßnahmen sind momentan nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein!“ Die Zahnärzteschaft habe bereits vor geraumer Zeit zusammen mit renommierten Wissenschaftlern analysiert, welche Probleme Alte und Behinderte bei der Zahnpflege und bei der Erhaltung ihrer Mundgesundheit haben und welche Anforderungen daraus resultieren.
Mit Konzepten punkten
Das „AuB-Konzept“ sei fertig und liege auf dem Tisch. Fedderwitz: „Wir Zahnärzte sind dafür bekannt, dass wir mit unseren Präventionskonzepten punkten, und wir sind uns sicher, dass wir auch mit diesem Modell erfolgreich sein werden. Unser Konzept zur Mundgesundheit alter und gehandicapter Menschen darf nicht durch den Rost fallen!“
Kritisch äußerte sich der KZBV-Chef zum Patientenrechtegesetz: „Es macht Sinn, alle Regelungen in einem Kodex zusammenzufassen, doch darf das Gesetz unter keinen Umständen dazu führen, dass noch mehr Bürokratie in die Praxen gebracht wird.“ Bestes Beispiel: das Gutachterverfahren. Diese wichtige Regelung mit ihrem Vorbildcharakter für Planungs- und Mängelgutachten dürfe nicht abgeschafft werden.
Absurde Forderungen
Erneut griff Fedderwitz den GKV-Spitzenverband scharf an: Dessen Ansinnen, die privaten zahnärztlichen Leistungen kontrollieren zu wollen, sei absurd. Dazu sei die Rechtslage zu eindeutig, immerhin zeige die Forderung Chuzpe. Fedderwitz: „Jetzt haben sie vor, ihre Leistungsschwäche zu kompensieren, indem sie dort Preise bestimmen wollen, wo sie gar nichts bezahlen.“ In Wahrheit hätten die Krankenkassen ihre Ausgaben für die zahnmedizinische Versorgung über die Jahre deutlich zurückfahren können.
Wettstreit der Statistiken
Die Einsparpotenziale seien aber nicht für die anstehenden Versorgungsdefizite im zahnärztlichen Bereich genutzt, sondern zum Stopfen anderer Finanzlöcher verwendet worden. Fedderwitz: „Daher gilt: Fakten auf den Tisch, Fiktionen in die Tonne!“ Die Diskussionskultur in der Politik rügte auch BZÄK-Präsident Dr. Peter Engel: „Seit einigen Wochen bestimmen wieder gegenseitige Vorwürfe, Schuldzuweisungen und Beschimpfungen die gesundheitspolitischen Gespräche.“ Stein des Anstoßes: das deutsche Zwei-Säulen-System aus GKV und PKV und die dahinter liegende Frage, wie das Gesundheitssystem zukunftssicher gemacht werden kann und muss. Engel: „In diesem Wettstreit der Statistiken bewegen wir uns heute irgendwo zwischen Verwechslungskomödie und Klamauk.“
Spielbank oder Solidarität
So geschehen bei der Debatte um die zweistelligen Milliardenüberschüsse in der GKV. Positionen und Argumente wechselten täglich über Parteigrenzen hinweg: „Über Nacht werden Befürworter zu Skeptikern, Chancen zu Problemen und diese zu Ursachen gemacht!“ Begehrlichkeiten bestimmten die Positionen, und zwar in allen Lagern, in jedem Ressort. „Wer so denkt“, warnte Engel, „hat nicht verstanden, vor welch gewaltigen Herausforderungen unser Gesundheitssystem in den nächsten Jahren steht. Vorausschauende Gesundheitspolitik ist kein Roulette.“ Überschüsse seien weder Rendite noch Zinseszins, sondern lebensnotwendige Rücklage für die kommende Generation. „Im Fach Zahnmedizin merken wir schon jetzt, wie vormals klassische Leistungen von chronisch klammen Kostenträgern sukzessive abgeschafft, eingedampft oder nur noch per Extratarif zu haben sind“, bilanzierte Engel. „Frühere Regelleistungen werden so zum Luxusgut gemacht.“ Aktuellen Umfragen zufolge sind laut Engel 90 Prozent der Patienten mit ihrem Zahnarzt zufrieden bis sehr zufrieden, genauso viele setzen großes Vertrauen in ihn und schätzen seine Behandlungsqualität. Engel: „Wer die Zahnärzte als Kostentreiber diskreditiert, hat tatsächlich Problem und Ursache verwechselt. Fest steht: Es existiert ein riesiger Unterschied zwischen öffentlicher und veröffentlichter Meinung.“
Blumig drückte sich die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium, Annette Widmann-Mauz (CDU), aus: Am Versorgungsstrukturgesetz zeige sich, dass aus den im Herbst gepflanzten Zwiebeln jetzt bunte Tulpen sprießen.
Zwiebeln und Tulpen
Widmann-Mauz: „Der Winter der Budgetierung ist jetzt vorbei. Und wir haben für Sie neue, gerechtere Möglichkeiten geschaffen, die zahnärztlichen Honorare zu bemessen.“ Zwar räumte sie ein, bei der GOZ hätten sich die Zahnärzte wohl mehr vorgestellt, gab aber zu bedenken, dass es keine Regierung zuvor überhaupt geschafft habe, dieses Thema anzugehen und erfolgreich umzusetzen.
Optimismus auch beim AuB-Konzept: Die Regierung wolle das Konzept mit „reichlich Marschproviant“ ausstatten, bekannte Widmann-Mauz. Mit Einschränkung, versteht sich: „Die Konzepte stehen, jetzt müssen wir unsere Partner motivieren, diese Vorhaben mitzutragen und zu unterschreiben.“
Auch bei der Approbationsordnung für Zahnärzte ist die Politikerin guter Dinge, die zahnmedizinische Ausbildung zu modernisieren und ihr eine neue Orientierung zu geben. „Es bleibt beim Staatsexamen“, versprach sie. Der entsprechende Referentenentwurf werde gerade realisiert. Geplant sei darüber hinaus, Bausteine zu anderen Fachbereichen zu schaffen. „Zahnmedizin besteht nach unserer Auffassung nicht nur aus Prophylaxe, sondern ist viel weiter gefasst. Wir wollen eine interdisziplinäre Brücke schlagen, damit der Zahnarzt in der Lage ist, auch Allgemeinerkrankungen zu diagnostizieren“, führte sie aus. Die Mundgesundheit spiele im Übrigen nach wie vor eine große Rolle bei der Präventionsstrategie der Regierung. Widmann-Mauz: „Das BMG hat die Zähne nicht vergessen!“ ck
INFO
Der Frühjahrsempfang
Was 1996 in fast privatem Rahmen im ehemaligen Bonner Regierungsviertel begann, ist heute in Berlin eine feste Größe. Damals startete der Empfang im kleinen Kreis, gefeiert wurde in den Büroräumen der KZBV.
Ziel war, dem Dialog zwischen Zahnärzteschaft und Gesundheitspolitik jenseits des tagespolitischen Geschäfts mehr Raum und einen anderen Rahmen zu geben.
Heute findet der Empfang nicht mehr im Herbst, sondern im Mai statt. Allein in diesem Jahr waren mehr als 300 Personen aus Politik, Zahnärzteschaft und Medien als Gast beim „Frühjahrsempfang“. Der Empfang findet seit 2001 oben auf dem Berliner Reichstag statt. Neben den politischen Statements wird traditionell Beelitzer Spargel serviert.