Praxisabgabe

Damit der Wechsel klappt

Ein Blick in den Anzeigenteil der Fachzeitschriften genügt: Die Offerten, in denen Zahnarztpraxen zur Übernahme angeboten werden sind zahlreich. Zwar ist die Marktsituation für aus dem Berufsleben ausscheidende Kollegen und deren Praxen derzeit ganz gut, doch wie sie sich entwickelt, steht in den Sternen.

Stefan Grande

Noch immer bevorzugen Zahnärzte hierzulande bei der Existenzgründung die Übernahme einer Einzelpraxis. Dies belegt nicht zuletzt eine gemeinsam vom Institut der Deutschen Zahnärzte (IDZ) und der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank) durchgeführte Existenzgründungsanalyse 2010. Demnach entschieden sich in den alten Bundesländern 48 Prozent und in den neuen Bundesländern 68 Prozent der Existenzgründer für diese Praxisform.

Die Summen, die die „Übernehmer“ dafür zu stemmen hatten, unterschieden sich in den alten und neuen Bundesländern erheblich: In den alten Bundesländern stiegen die Finanzierungskosten für die Übernahme einer Einzelpraxis im Jahr 2010 auf den Höchstwert von 307 000 Euro an. In den neuen Bundesländern mussten Existenzgründer im Schnitt 185 000 Euro für eine Praxisübernahme aufwenden.

Betrachtet man nur die Übernahmepreise – also der ideelle Wert zuzüglich Substanzwert – zeigt sich, dass die Praxisabgeber 2010 in den alten Bundesländern gute Preise erzielt haben, während in den neuen Bundesländern die Nachfragesituation nach einer Praxis insgesamt schwächer ausfiel und, wie das IDZ formuliert, „die Existenzgründer vorsichtiger agiert haben“.

Formaler Akt mit Herzblut

Angesichts der guten Preise, die für eine Abgabe 2010 – zumindest in den alten Bundesländern – erzielt wurden, mag sich so mancher, der aus Altersgründen oder sonstigen Motiven heraus die zahnärztliche Tätigkeit an den Nagel hängen will, fragen: Rosige Aussichten also für die Abgeber?

Dies sind in der Regel lang gediente Zahnärzte, die ihre Praxis oft schweren Herzens an einen Nachfolger übergeben wollen. Es zeigt sich immer wieder, dies bestätigen nicht nur Immobilienfachleute, sondern auch andere Akteure, die mit Abwicklungen und Übergaben von Praxen zu tun haben wie etwa Kammern und KZVen, dass die Abgabe neben dem formalen Akt auch eine emotionale Komponente hat.

Potenzielle Käufer zu suchen, Dokumente beizubringen oder Wirtschaftsbilanzen zu erstellen ist die eine Seite der Medaille. Hierbei gibt es eine Vielzahl von Vorbereitungen, die allesamt frühzeitig in Angriff genommen werden sollten. Diverse Banken aber auch die jeweiligen Landes-Zahnärztekammern bieten umfangreiches Infomaterial zum Thema Praxisabgabe, inklusive diverser Checklisten. Wer sich diesen wichtigen Lebenseinschnitt Praxisübergabe nicht unnötigerweise erschweren will, sollte unbedingt auf dieses Material zurückgreifen.

Das Vertrauen zu erlangen, den Richtigen gefunden zu haben, der die Praxis gewissenhaft weiterführt, emotional loszulassen von seinem Werk, seinem „Baby“, ist eine völlig andere. So zitiert etwa die Zeitschrift Dentista des gleichnamigen Berufsverbandes weiblicher Kolleginnen eine Zahnärztin, die nach jahrzehntelanger Tätigkeit ihre Praxis weiter gegeben hat, folgendermaßen. „Es ist mir nicht leicht gefallen, die Praxis abzugeben. Auch hätte ich nicht gedacht, dass die Suche nach einem Nachfolger Jahre dauern würde. Ich muss gestehen, dass ich während der Zeit des Suchens beziehungsweise des Suchenlassens immer wieder froh war, noch arbeiten zu dürfen.“

Angesichts der zu leistenden (im Jahr 2010: hohen) Ablösesummen fragen sich Praxisübernehmer, die sich hoffnungsfroh auf Patientenstamm und – falls vorhanden – moderner Praxisinfrastruktur stützen können, und die ja letztlich Kollegen in einer oft als großen „Dentalfamilie“ empfundenen Berufsgruppe sind, auf der anderen Seite natürlich, ob die Investitionen auch weiterhin in dieser Höhe aufzubringen sind.

Abgabepreis hoch variabel

Bei einer Abgabe gibt es keine Preisgarantie, dafür sind die Einflüsse zu mannigfaltig. Nicht nur die wirtschaftlich-konjunkturelle Ausgangslage, die zudem starken Schwankungen unterworfen sein kann, spielen eine Rolle, sondern auch Zustand der Praxiseinrichtung oder auch der Patientenstamm hinsichtlich Quantität (geringe oder hohe Scheinanzahl) und Qualität (viel oder wenig Patienten, die Selbstkosten tragen). Wie viele weitere Faktoren, darf man auch die Praxislage nicht vergessen (Stadt/Land) sowie das Einzugs-/Versorgungsgebiet. Abgeber sollten wissen, dass Praxen nicht immer einen Abnehmer finden, was Pläne, die die Veräußerungssumme in die Alterssicherung mit einbezieht, erheblich durchkreuzen kann. Ohnehin warnen Finanzexperten davor, den Verkaufserlös gleich als verlässliche Einnahmequelle für den Ruhestand zu betrachten (siehe auch nachfolgenden Beitrag). Dies sieht auch Stefan Strunk von der Arbeitsgemeinschaft Berufsständischer Versorgungseinrichtungen so: „Der Erlös aus einer Praxisveräußerung kann ein Zubrot für den Lebensabend bedeuten, muss es aber nicht zwangsläufig.“

Für Übernehmer gilt hingegen: Nicht immer können die Vorstellungen des angehenden Praxisinhabers hinsichtlich Ablösesumme, Praxislage und -ausstattung erfüllt werden. Verhandlungsvermögen und Kompromissbereitschaft sind für beide Parteien unerlässliche Eigenschaften, um zu einer einvernehmlichen Lösung zu gelangen.

Nicht außer Acht lassen sollte man, dass immer mehr angehende Zahnärzte den Beruf in Praxisverbünden ausüben wollen. Viele Berufsanfänger wählen bereits diese Form der Berufsausübung. Offensichtlich sehen verstärkt junge Zahnärzte, vor allem junge weibliche Zahnärzte, in verschiedenartigen Kooperationen bessere Möglichkeiten, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen. Inwieweit dies einen Einfluss auf die Abgabepreise hat, vermag derzeit niemand zu sagen. Fest steht jedenfalls, dass der Altersdurchschnitt der Zahnärzte seit Jahren kontinuierlich ansteigt. So lag das Durchschnittsalter der hierzulande tätigen Zahnärzte laut Statistischem Jahrbuch der Bundeszahnärztekammer 2009 noch bei 47,1 Jahren. 2010 stieg er erneut an auf 47,4 Jahre. Will heißen: Die Altersstruktur der niedergelassenen Zahnärzte wird in den nächsten 20 Jahren wohl dazu führen, dass genügend Bedarf an Nachwuchskräften besteht.

INFO

Checkliste für die Abgabe

• Vorbereitung der Abgabe

Nachfolgersuche durch Inserat oder über zuständige Kammern oder KZVen. Auch das Internet bietet zahlreiche Vermittlungsbörsen, Stichwortsuche unter „Praxisabgabe“ plus „Zahnarzt“

• Ermittlung des Praxiswertes

Einschaltung eines Sachverständigen und listenmäßige Erfassung aller Einrichtungsgegenstände, Geräte und Materialien; nach Möglichkeit mit Anschaffungsdatum sowie Anschaffungs-/Einkaufspreis; zusätzlich: Belastungen prüfen (etwa Darlehen, Hypotheken)

• Rechtsbeistand

Einschaltung eines Anwalts zur Gestaltung des Praxisübernahmevertrages

• Steuer

Steuerrechtliche Aspekte (Freibetrag und steuerliche Vergünstigung) mit dem Steuerberater abklären.

• Arbeitsverträge

Schon vor der Praxisabgabe gegebenenfalls mit neu einzustellenden Mitarbeitern nur noch befristete Arbeitsverhältnisse abschließen, dann kann der Übernehmer entscheiden, ob er die Mitarbeiter zum Ende des befristeten Vertrages weiterbeschäftigt

• Berufsständische Ansprechpartner

Termin beim zuständigen Versorgungswerk vereinbaren, sowie vertragszahnärztliche Regelungen in Abstimmung mit der KZV beachten

Quelle: Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg

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