Munteres Topfschlagen
Mit verbundenen Augen einfach so lange herumschlagen bis es knallt und scheppert. Wer den Topf als erster trifft, bekommt die leckere Beute, die sich darunter versteckt. Ein traditionelles Spiel mit hohem Unterhaltungswert bei Kindergeburtstagen. Doch auch in der Gesundheitspolitik erfreut sich das traditionelle Topfschlagen großer Beliebtheit, gibt es im System doch beliebig viele davon. Das Problem ist nur: Alle haben einen Deckel drauf und wer aus einem Nachbartopf nascht, zieht sich den Zorn des betroffenen Zwangsschenkers zu.
Im Klartext: Seit kurzem ist per Gesetz fest versprochen, die zahnärztliche Versorgung von Pflegeheimbewohnern zu verbessern. Dies geht auch mit einer höheren Vergütung der Zahnärzte einher, die sich hier besonders engagieren.
Offenbar hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass die regelmäßige Betreuung gerade von dementen oder geistig behinderten Menschen den Aufwand lohnt. Schwere Folgekrankheiten einer schlechten Mundhygiene lassen sich damit vermeiden. Die mit der Kariesprophylaxe bei Kindern gemachte Erfahrung ist Garant für den Präventionserfolg. Soweit so gut. Politiker lassen sich für ihre Weitsicht feiern und wenden sich befriedigt neuen Aufgaben zu.
Doch der Teufel steckt bekanntlich im Detail, sprich in der lästigen Umsetzung der hehren Ziele. Gut gemeint ist noch lange nicht gut gemacht. So verwundert es nicht, dass trotz aller Sonntagsreden das Projekt nicht vorankommt. Denn es hängt nicht zuletzt vom guten Willen oder – um im Marketingslang zu bleiben – von der Unternehmenskultur des Heimbetreibers ab, ob er die notwendigen Voraussetzungen schafft, damit der Zahnarzt seine Arbeit machen kann. Konkret: Es muss ein angemessener Raum, eine Behandlungseinheit zur Verfügung stehen, die es dem Zahnarzt überhaupt erst ermöglicht, seine Leistung am Patienten zu erbringen.
Genau an dieser Stelle kommt wiederum die lästige Frage der Finanzierung ins Spiel. Und dieser Frage entledigt sich die Politik wie fast immer mit Fingerzeig auf die Selbstverwaltung.
Jüngstes Anwendungsbeispiel dazu bietet der Besuch von Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr bei den Johannesbader Gesprächen in Bad Füssing vor wenigen Wochen. Unter Applaus der versammelten Kurärzte wird die Notwendigkeit einer finanziellen Förderung von Kur und Reha-Maßnahmen durch die GKV anerkannt und der verstärkte Einsatz von Geldmitteln befürwortet. Die Honorarstruktur sollte gefälligst von der Selbstverwaltung angepasst werden, so der Auftrag. Unausgesprochen bleibt, dass es sich hier nur um eine Umschichtung handeln kann, da bekanntlich nicht mehr Geld ins System kommt.
Und schon geht’s wieder ans Topfschlagen. Wer nachdenkt, dem dämmert möglicherweise, dass dieses nervtötende Spiel auch die Gesetzesnovelle zur Verbesserung der zahnärztlichen Betreuung von Behinderten und Pflegebedürftigen ereilen könnte.
Es heißt deshalb für die verfasste Zahnärzteschaft, jetzt nicht in Euphorie zu verfallen, sondern aufmerksam und mit der gebotenen Hartnäckigkeit die gemachten Versprechen der parlamentarischen Meinungsführer in der Schwarz-Gelben Regierung einzufordern. Bekanntlich vollzieht sich Politik immer als Springprozession. Die Richtung bestimmt am Ende, wer beim Rückschritt bereit steht, um dem saumseligen „Versprecher“ erneut auf die Haken zu treten und nach vorn zu stupsen. Die Zeit läuft.