Editorial

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Liebe Leserinnen und Leser,

der Wechsel auf der Kommandobrücke ist vollzogen: Mit Erscheinungsdatum dieser zm-Ausgabe hat der ehemalige Präsident des Bundesversicherungsamts, Josef Hecken, die Aufgabe als unparteiischer Vorsitzender des Gemeinsamen Bundesausschusses von Dr. Rainer Hess übernommen.

Seit im Jahr 2007 mit dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz die Aufgabe des 2004 geschaffenen Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) als sektorenübergreifend definiert wurde, ist das Gremium, als „oberstes Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung“ im deutschen Gesundheitswesen tätig. Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, Krankenhäuser und auch Krankenkassen treffen hier in einem Gremium von drei Unparteiischen und je fünf Parteiischen aus gesetzlichen Krankenkassen und andererseits fünf Vertretern aus Krankenhäusern, Vertragsärzte- und -zahnärzteschaft die Entscheidung, was in den Leistungskatalog der GKV gehört und was Qualitätssicherung im Gesundheitswesen bedeutet. Das ist auch für erfahrene Kapitäne kein Optimisten-Kurs.

Insofern übernimmt CDU-Politiker Hecken ein schweres Erbe. Der Mann, der als saarländischer Gesundheitsminister seinerzeit die erste Filiale der Versandapotheke Doc Morris innerhalb der Bundesrepublik erlaubte, tritt in die Fussstapfen eines versierten ehemaligen KBV-Hauptgeschäftsführers, der den G-BA von Beginn an als Vorsitzender leitete. Hess hat es geschafft, dass der G-BA seiner Zwitterrolle als ausführendem Organ des Gesetzgebers und als institutionell verkörperter Macht der Selbstverwalter (so die jeweils kritische Außensicht von Nichtbeteiligten) mit wachsender Selbstverständlichkeit gerecht werden konnte. Nicht umsonst wurde die Nachfolge des scheidenden Hess lange und heftig diskutiert.

Vielleicht war es die besondere Eigenschaft des bisherigen höchsten Unparteiischen, dass der Gemeinsame Bundesausschuss seine Aufgabe in der zurückliegenden Gründungsphase ohne Grundsatzdiskussionen oder fundamentale Oppostionen erfüllen konnte. Hess fuhr klaren Kurs und wurde seiner Aufgabe als Neutraler – trotz vorheriger Provenienz – augenscheinlich gerecht, ohne dass dem Vorsitzenden Tendenziösität unterstellt wurde.

Das ist wohl auch einer der ausschlaggebenden Gründe, warum der Bundesausschuss sich selbst ohne Aufbegehren anderer das Image des „kleinen Gesetzgebers“ (sic!) geben konnte. Hecken, dessen politischer Stallgeruch sicherlich nicht von allen als vorteilhaft aufgenommen wird, muss sich auf dem neuen Parkett mit Diplomatie bewegen, wenn er die Arbeit des G-BA in ähnlichen Bahnen halten will wie sein Vorgänger. Dass ein in dieser Rolle oft erforderlicher Spagat sich anders anfühlt als ein fester Stand, dürfte er aber aus der Politik kennen.

Mit freundlichem Gruß

Egbert Maibach-Nagel

zm-Chefredakteur

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