Genossenschaftsbanken

Attraktive Dividenden – aber nur für Mitglieder

sg
Mitten in der Finanzkrise schütten viele Genossenschaftsbanken satte Gewinne an ihre Mitglieder aus. Doch die Anteilsscheine berechtigen nicht nur zum Kassieren, sondern sind auch mit Pflichten verbunden.

Wohin mit dem Geld? Diese Frage stellen sich viele krisengeplagte Anleger. Derzeit haben sie die Wahl zwischen Pest und Cholera: Sichere Anlagen wie Bundesanleihen rentieren knapp über einem Prozent und höher verzinste Anleihen sind mit großen Risiken behaftet. Und das Auf und Ab an der Börse eignet sich derzeit eher für Zocker. So mancher Vermögensberater setzt deshalb eher auf Tagesgeld und Goldbarren.

Abseits der Schlagzeilen gibt es allerdings noch andere attraktive, weniger bekannte Chancen, Geld ertragreich und sicher anzulegen. Gemeint ist die Beteiligung an einer Genossenschaftsbank – vorausgesetzt man ist Kunde eines solchen Instituts und führt dort entweder sein Konto, ein Sparbuch oder unterhält eine Kreditbeziehung. Nur dann kann man Anteile erwerben und bekommt dafür jährlich eine ordentliche Dividende, wenn die Bank erfolgreich arbeitet. Andrea Heyer, Referatsleiterin für Finanzdienstleistungen bei der Verbraucherzentrale Sachsen, befürwortet diese Art der Investition: „Dies ist eine durchaus interessante Anlagemöglichkeit. Die Dividenden sind in der Regel attraktiv und das Verlustrisiko ist äußerst gering.“

Gut 1 100 genossenschaftlich organisierte Finanzinstitute gibt es in Deutschland. Von den rund 30 Millionen Kunden haben etwa 17 Millionen eine Mitgliedschaft erworben. Sie durften sich in den letzten Jahren über eine durchschnittliche Dividende von 5,4 Prozent freuen.

In den Genuss der Erträge gelangen also nur Kontoinhaber bei Volks- und Raiffeisenbanken, Sparda-Banken und Genossenschaftsbanken, die auch Mitglied sind. Die meisten dieser Institute beschränken ihre Geschäftstätigkeit auf eine bestimmte Region und häufig auch auf eine bestimmte Klientel.

apoBank als Institut der Heilberufler

Ganz auf die Heilberufe spezialisiert ist das größte genossenschaftlich organisierte Institut, die Apotheker- und Ärztebank, kurz apoBank genannt. Zum 31. Dezember 2011 belief sich die Bilanzsumme auf 38,5 Milliarden Euro. Knapp 360 000 Kunden führen ihre Konten bei der apoBank, von denen knapp 100 000 eingetragene Mitglieder sind. Knapp 50 Prozent von ihnen sind Ärzte, 20 Prozent Zahnärzte. Der Rest teilt sich auf in zehn Prozent Apotheker, ein Prozent Tierärzte und andere Mediziner.

Jeder Kunde der Bank kann Mitglied und gleichzeitig Miteigentümer des Instituts werden. Das geschieht, indem er Geschäftsanteile erwirbt. Pro Anteil zahlt er zurzeit 1 500 Euro. Die Anzahl der Anteile ist nicht beschränkt. Im Schnitt hält jedes Mitglied 5,4 Anteile. Mit dem Kauf übernimmt er allerdings auch ein Stück Verantwortung für die Bank. Als Träger der Bank ist er an den demokratischen Abstimmungsprozessen beteiligt. Die Gelegenheit bekommt er auf der jährlich stattfindenden Vertreterversammlung. Sie setzt sich aus 222 von den Mitgliedern für vier Jahre gewählten Vertretern zusammen. Ihnen berichtet der Vorstandsvorsitzende über den Geschäftsverlauf des Vorjahres, über Gewinne und Verluste und unterbreitet den Vertretern einen Vorschlag zur Gewinnverwendung. Die Vertreter stimmen dann darüber ab, ob sie den Vorstand entlasten, ihm damit das Vertrauen aussprechen und seinen Vorschlag, was mit dem Gewinn getan werden soll, annehmen. So stimmten auf der letzten Versammlung am 15. Juni dieses Jahres die Vertreter der Zahlung von vier Prozent Dividende zu.

Mitgliedsentscheidungen bestimmen Weg der Bank

Der apoBank-Vorstandsvorsitzende Herbert Pfennig nimmt dabei die Versammlung in die Pflicht: „Die apoBank gehört nicht dem Vorstand, nicht dem Aufsichtsrat und nicht den Mitarbeitern. Sie gehört Ihnen, unseren Mitgliedern, die mit Ihrem persönlichen Geld investiert sind“, sagte er bei der letztenVertreterversammlung in Düsseldorf. Die Mitglieder seien es letztlich, die über Wohl und Wehe des Instituts entscheiden würden.

Pfennig informierte auf der Versammlung über die Situation der Bank und darüber, welche Herausforderungen auf die Mitglieder zukommen. Dazu gehört auch die bessere Ausstattung des Instituts mit mehr Eigenkapital, wie es die Regeln des Basel-III-Abkommens verlangen. Um die dafür nötige Summe zusammenzutragen, regte er eine Kapitalerhöhung um 250 Millionen Euro an. Seine Idee ist, die Geschäftsanteile von derzeit 1 500 auf 2 000 Euro zu erhöhen.

Das würde bedeuten, dass die Mitglieder je Anteil 500 Euro nachschießen müssten. Die Entscheidung darüber soll aber erst im nächsten Jahr fallen, da hierfür die Zustimmung der Vertreterversammlung notwendig ist. Pfennig wollte sich lediglich ein Stimmungsbild über die Reaktionen auf derlei Absichten machen. Die Resonanz bei den Vertretern war jedenfalls positiv.

Die Sorge um die Sicherheit ihres Kapitaleinsatzes scheint sich bei den Mitgliedern in Grenzen zu halten. Die Bank arbeitet immer noch Missstände ab, die sich aus den Fehlspekulationen in 2009 ergeben haben. (Als problematisch könnten sich die Forderungen an spanische Banken von noch rund 180 Millionen Euro sowie verbriefte Hypothekenkredite in Höhe von 330 Millionen Euro erweisen. Zu letzteren meint Pfennig: „Hier würde uns allerdings die mit dem BVR getroffene Garantievereinbarung helfen, gegebenenfalls unerwartete, zusätzliche Belastungen aus diesen Wertpapieren zu kompensieren.“)

Darauf, dass das Genossenschaftsprinzip greift, wonach einer für den anderen einsteht, hoffen wohl auch die Anteilseigner der Bank. Denn im Falle einer Insolvenz stünden sie in der Nachschusspflicht. Die in der Satzung festgeschriebene Haftsumme beläuft sich bei der apoBank auf 1 500 Euro je Geschäftsanteil. Wer daran denkt, seine Anteile zurückzugeben, sollte sich das rechtzeitig überlegen. Denn die Kündigungsfrist beträgt zwei Jahre.

Meist regionaler Kundenkreis

Im Prinzip ist das Prozedere für die Mitgliedschaft bei jeder Genossenschaftsbank gleich. Abweichungen gibt es häufig beim Wert der Anteile, bei der erlaubten Anzahl je Mitglied und bei den Kündigungsfristen. Die meisten Volks- und Raiffeisenbanken beschränken ihren Kundenkreis auf eine Region. So auch die zweitgrößte unter ihnen, die Sparda-Bank Baden Württemberg. Ihr Geschäftsgebiet umfasst das Land Baden-Württemberg. Betreut werden ausschließlich private Kunden, Geschäftskunden und Freiberufler bleiben außen vor. Allerdings sei man bei Ärzten zu Zugeständnissen bereit, meint ein Sprecher der Bank. Auf diese Weise will man vor allem Kreditrisiken einschränken. Jeder Kunde kann maximal zehn Anteile à 52 Euro erwerben, für die es 2011 eine Dividende in Höhe von 5,6 Prozent gab.

Einen der höchsten Gewinne strichen die rund 40 000 Mitglieder der PSD-Bank München ein: 7,5 Prozent. Doch Zahnärzte in der Region München-Augsburg, die an einen Bankwechsel und an den Erwerb von Geschäftsanteilen zu je zehn Euro denken, dürfen sich kaum Hoffnungen machen. Es sei denn, in ihrer Familie gibt es Mitarbeiter der Post, der Telekom oder von deren Tochterunternehmen. Denn nur sie können bei der Direktbank ein Konto eröffnen.

Immerhin sechs Prozent Dividende plus einen einmaligen Bonus von 1,5 Prozent zum 150-jährigen Jubiläum schüttete die Frankfurter Volksbank an ihre Mitglieder aus. Sie zahlen je Anteil 50 Euro. Die Begrenzung der Anzahl hängt von der Intensität der Geschäftsbeziehung ab. Ähnlich verfährt man bei der Berliner Volksbank, der Nummer drei in der Rangliste. Dort gab es für einen 52-Euro-Anteil eine Dividende von vier Prozent.

Auch die kleinen Banken auf dem Land erwirtschaften oft gute Erträge. Ein herausragendes Beispiel gibt die Volksbank Stormarn in Schleswig-Holstein. Sie schüttete zum dritten Mal hintereinander zehn Prozent Dividende an ihre Mitglieder aus. Leider kennen die Kunden diese interessanten Anlagechancen häufig nicht, weil die Banken nicht damit werben. Doch Nachfragen lohnt sich. So hat die alternative GLS Bank beschlossen, für 2012 zum ersten Mal eine Dividende zu zahlen, die wahrscheinlich zwischen zwei und vier Prozent liegen wird.

Ohne Bankengewinn keine Dividende

Allerdings kann es auch negative Überraschungen geben. So zahlt beispielsweise die PSD-Bank Köln derzeit keine Dividende. Der Kauf von Anteilen erübrigt sich. Auch bei den erfolgreichen Instituten kann es Einbrüche geben und die Dividendenzahlung fällt aus. Dazu Verbraucherschützerin Heyer: „Der Anleger sollte jedoch nicht damit rechnen, dass immer der erhoffte Ertrag erwirtschaftet wird.“ Manche Institute locken mit anderen Vorteilen als mit üppigen Dividenden. So können Mitglieder der Sparda-Bank Hessen jeweils nur einen Anteilsschein im Wert von 52 Euro erwerben, für die es magere drei Prozent Rendite gibt. Dafür dürfen sie ihr Konto im Gegensatz zum Normalkunden gebührenfrei führen.

Andere Banken senken bewusst die Dividende und bieten ihren „aktiven“ Kunden ebenfalls Boni. Damit werden die Kunden abgestraft, die mit ihrem Konto inzwischen zur Konkurrenz abgewandert sind, aber ihre lukrativen Anteile behalten haben. Doch Boni und Dividenden sollen nicht darüber hinwegtäuschen, dass andere Banken insgesamt ein besseres Angebot haben können und so die Vorteile der Genossen mehr als ausgleichen. Kritische Kunden wahren ihre Chancen, indem sie die Angebote vergleichen.

Marlene Endruweit

Fachjournalistin für Wirtschaft

m.endruweit@netcologne.de

INFO

Genossenschaftsbanken und Sicherheit

Die Sicherungseinrichtungen der Genossenschaftsbanken setzen sich aus einem Garantiefonds und dem Garantieverbund zusammen. Die dem Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken (BVR) angeschlossenen Institute zahlen ihre Beiträge zur Sicherung in einen Garantiefonds ein. Diese Mittel werden eingesetzt, wenn eine Bank nicht in der Lage ist, wirtschaftliche Schwierigkeiten selbst zu überwinden. Der Garantieverbund übernimmt Bürgschaften und Garantieerklärungen. Diese rein privatwirtschaftlich organisierte Sicherungseinrichtung garantiert die 100-prozentige Sicherheit der Kundeneinlagen. Der BVR erstellt jährlich einen Bericht über die Sicherungseinrichtung, den er der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zur Prüfung vorlegt.

Bei den angeschlossenen Instituten sind alle Einlagen und die von der jeweiligen Bank emittierten Inhaberschuldverschreibungen zu 100 Prozent geschützt. Zusätzlich greift wie bei allen anderen Banken auch hier der gesetzliche Schutz der Entschädigungseinrichtung deutscher Banken. Danach sind Einlagen bis zu 100 000 Euro geschützt.

Bislang hat es noch keine Insolvenz bei den Volks- und Raiffeisenbanken gegeben und kein Kunde musste den Verlust seiner Einlagen beklagen.

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