Willkommene Unterstützung
Gehen wir doch einfach davon aus, dass der Teil des Barmer-GEK-Zahnreports 2012 mit der etwas „reißerischen“ Überschrift „Lücken in der Zahnprophylaxe“ nicht im Kontext steht mit der zurzeit laufenden Medienkampagne der Krankenkassen gegen uns Zahnärzte, deren Grundlage das Positionspapier des GKV-Spitzenverbands zur zahnmedizinischen Versorgung ist. Verstehen wir es mal als Plädoyer für eine frühzeitige präventive Betreuung von Kleinkindern. Dieses ist sehr zu begrüßen!
Das Thema zahnmedizinische Gruppen- und Individualprophylaxe ist kein neues. Die Anfänge liegen bereits Jahrzehnte zurück. Die Zahnärzteschaft war von Anfang an engagiert dabei, was zu einem Paradigmenwechsel in der Zahnmedizin führte, weg von der rein kurativen, hin zur präventiven Zahnheilkunde. Auch der Gesetzgeber hat dem Thema Rechnung getragen und schuf die §§ 21 (Gruppenprophylaxe) und 22 (Individualprophylaxe) im SGB V im Jahre 1989. Die Entwicklung auf beiden Sektoren war seitdem rasant und führte zu einer sich stetig verbessernden Zahngesundheit bei Kindern und Jugendlichen. Das ist durch zahlreiche epidemiologische Begleitstudien der Deutschen Arbeitsgemeinschaft Jugendzahnpflege (DAJ) und des Instituts der Deutschen Zahnärzte (IDZ) belegt. Die Erfolge in der zahnmedizinischen Prophylaxe sind auf keinem anderen medizinischen Gebiet, außer bei Impfprogrammen, erreicht worden. Insgesamt ist die zahnmedizinische Prophylaxe ein Erfolgsmodell und hat Deutschland in der Rangliste auf diesem Sektor ganz nach vorne gebracht.
Lücke in der Frühbetreuung
In der Tat zeigt sich bisher ein Defizit in der Frühbetreuung, doch geht die Forderung von Dr. Rolf-Ulrich Schlenker, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Barmer GEK, dass insbesondere die Gruppenprophylaxe in den Kindergärten systematisch ausgebaut werden muss, am wirklichen Problem vorbei. Denn zum Beispiel Prof. Klaus Pieper, Marburg, hat in Untersuchungen festgestellt, dass mehr als 40 Prozent der Kinder, die als Schulanfänger Karies haben, diese bereits in den Kindergarten mitbringen. Es geht also um die frühkindliche Karies (Early Childhood Caries), die in den ersten drei Lebensjahren entsteht! Die DAJ und die verschiedenen Landesarbeitsgemeinschaften Jugendzahnpflege (LAGZ) in den Bundesländern haben sich deshalb in der Gruppenprophylaxe diesem Thema schon lange gewidmet und es installiert, um so in Krabbelgruppen und Kitas aktiv zu werden. Dabei beziehen sie weitere wichtige Berufsgruppen wie Familienhebammen mit ein.
Notwendig und den Fachleuten klar ist aber, dass diese Bemühungen in der Gruppenprophylaxe ergänzt werden müssen durch einen möglichst frühzeitigen Besuch beim Zahnarzt, um erste Anzeichen einer durch falsche Trink- und Ernährungsgewohnheiten an den oberen Milchschneidezähnen entstandene Karies zu entdecken und präventionstherapeutische Maßnahmen einzuleiten. Zurzeit sehen wir die Kinder zu spät. Deshalb laufen derzeit Bemühungen auf Bundesebene, angestoßen durch die DAJ, eine frühkindliche Früherkennungsuntersuchung (FU) im Alter von zehn bis zwölf Monaten zu installieren. Sie sollte im Rahmen der U6 stattfinden, allerdings als Bestandteil des offiziellen Kinderuntersuchungshefts mit Bestätigung des Zahnarztbesuchs.
Wie die Barmer GEK richtig feststellt, liegt die Teilnahmerate an der U6 bei rund 95 Prozent. Durch die Verbindlichkeit und die Förderung des Zahnarztbesuchs durch die Zusammenarbeit mit den Kinderärzten ist sicherlich ein Fortschritt in der Zahngesundheit der Kleinkinder zu erreichen. Viel Leid und teure Zahnsanierungen (oft unter Narkose) könnte den Kindern erspart werden. Die Entdeckung von Vernachlässigung ist ein weiterer Gesichtspunkt. Um so mehr ist die Forderung der Barmer GEK zu begrüßen, die frühkindliche Prävention zu fördern, da damit die Hoffnung auf einen kräftigen Schub besteht, die Einführung einer solchen FU-Position über den Gemeinsamen Bundesausschuss in den BEMA zu beschleunigen.
Sanitätsrat Dr. Helmut Stein
Vorstandsvorsitzender der KZV Rheinland-Pfalz
Eppichmauergasse 1
55116 Mainz