BZÄK-Klausurtagung

Königsweg gesucht

Drei große Themenblöcke beherrschten die Diskussionen auf der Klausurtagung des BZÄK-Vorstands in Bautzen: die mögliche Systemangleichung von GKV und PKV, die Zukunft von GOZ und GOÄ und die Herausforderungen für die zahnärztliche Versorgung infolge des demografischen Wandels. Die Tagung war Auftakt zur Erarbeitung einer gesundheitspolitischen Agenda der BZÄK, die zunächst mit der KZBV konsentiert und im Herbst zur Bundesversammlung vorgestellt werden soll.

„Es ist ein Fehler, das Auge nur auf den Moment zu richten, wir müssen in die Zukunft schauen“, formulierte BZÄK-Präsident Dr. Peter Engel zum Auftakt der Vorstandsklausur. „Wir müssen uns argumentativ wappnen, sauber analysieren und dann unsere Positionen gegenüber der Politik vertreten.“ Doch wie will sich der Berufsstand bei der Weiterentwicklung des Gesundheitswesens und des Versicherungssystems positionieren? Das war Dreh- und Angelpunkt der Vorstandsdiskussionen in Bautzen. Kritisch zu hinterfragen ist für Engel die zunehmende Systemangleichung von GKV und PKV. Seitens der GKV gebe es Tendenzen hin zu einer Privatisierung (etwa das Modell der Techniker-Krankenkassen), die PKV hingegen wolle GKV-Elemente (wie den Basistarif oder eine Öffnungsklausel) in ihre Konzepte aufnehmen.

Die wachsenden Defizite sowohl bei der GKV wie auch bei der PKV stellte Dr. Thomas Drabinski, Leiter des Instituts für Mikrodatenanalyse, Kiel, in seinem Impulsreferat heraus. So sei die GKV nur mehr ein Reparaturbetrieb: stabile Beiträge zunehmend nur noch durch Steuersubventionen möglich, das System hochgradig unsozial für die nachwachsenden Generationen.

GKV oder PKV oder beides

Auch die Lage der PKV entwickelt sich Drabinski zufolge zunehmend kritisch. Die Versicherungsprämien seien in den letzten Jahren drastisch gestiegen (mehr als in der GKV), viele Tarife würden unter GKV- Niveau angeboten (zum Beispiel bei Hilfsmitteln oder im Reha-Bereich). Rund 80 bis 90 Prozent der PKV-Tarife hätten laut Drabinski Defizite gegenüber der GKV. Der Markt sei mit rund 230 verschiedenen Tarifen intransparent, Drabinski sprach gar von „Marktversagen“. Fazit: Sowohl GKV als auch PKV seien „Sanierungsfälle“. In der jetzigen Reformdebatte zeichneten sich drei Lösungsoptionen ab. Zum einen die Bürgerversicherung, zum zweiten die Verbesserung der Dualität von GKV und PKV und zum dritten eine Vermischung von GKV und PKV. Seine Empfehlung an die Zahnärzteschaft war deutlich: „Sie müssen sich positionieren, wenn Sie keine Bürgerversicherung haben wollen.“

GOZ und GOÄ

Was geschieht mit der GOZ und der GOÄ im Kontext der Konvergenzdebatte? Dr. K. Ulrich Rubehn, Vorsitzender des GOZ-Senats der BZÄK, brachte Denkanstöße und Thesen in die Vorstandsdiskussion ein. Für die Zukunft müsse die Zahnärzteschaft Antworten finden auf die öffentlichen Fragen und Forderungen nach mehr Qualität der Leistungen und nach Gewährleistungen. Für die PKV-Vollversicherung könnten neben verstärkter Präventionsorientierung die Neuordnung ihrer Tarifstruktur, die Formulierung eines Mindeststandards im Leistungsangebot sowie ein Kontrahierungszwang für ihr Überleben notwendig werden. Möglich seien auch ein Umbau der GKV, die Pflicht zur Versicherung statt Versicherungspflicht – oder eine langsame Systemevolution, bei der es jedes Jahr ein „Reförmchen“ gebe.

Ein ernüchterndes Szenario zur Weiterentwicklung des Gesundheitswesens und der Gebührenordnungen skizzierte die stellvertretende Hauptgeschäftsführerin der Bundesärztekammer, Dr. Regina Klakow-Franck. Die Konvergenz der Systeme sei keine Frage des Ob, sondern eher des Wie. Der Weg Richtung Einheitsversicherung sei „seit dem Kompromiss von Lahnstein 1992“ eingeschlagen, der Sachverständigenrat habe 2008 eine „Bürgerpauschale“ empfohlen, in wissenschaftlichen Gutachten würden Wege aufgezeigt, wie eine Einheitsgebührenordnung aussehen könnte. Und die Debatte zwischen dem SPD-Politiker Karl Lauterbach und dem CDU-Politiker Jens Spahn zum Deutschen Ärztetag in Nürnberg habe Annäherungen bei diversen Positionen gezeigt. Der Trend gehe in Richtung Basisversicherung mit Zusatzleistungen, die Vollversicherung sei danach ein Auslaufmodell. Klakow-Franck zeigte sich auch überzeugt, dass künftig ein sogenanntes Bewertungs-institut zur Bewertung der ärztlichen Gebührenordnung eingeschaltet wird. Letztlich drohe eine „EBMisierung der GOÄ“. Ihr Apell an die Zahnärzte: „BÄK und BZÄK sollten zusammenarbeiten.“

Demografischer Wandel

Ein weiterer Schwerpunkt der Diskussionen war das Thema „Demografie und zahnärztliche Versorgung“. Dazu machte BZÄK-Vizepräsident Prof. Dr. Dietmar Oesterreich deutlich, dass die zahnmedizinische Versorgung Teil der medizinischen Grundversorgung sei, altersbedingte Funktionseinschränkungen und Multimorbidität forderten den Berufsstand in seiner gerontologischen und medizinischen Kompetenz. Wichtig sei, das zahnärztliche Konzept für Pflegebedürftige und für Menschen mit Behinderung konsequent weiterzuverfolgen.

Der Versorgungsforscher Prof. Dr. Wolfgang Hoffmann, Universität Greifswald, unterstrich am Beispiel von Mecklenburg-Vorpommern, dass die Zahnmedizin integraler Bestandteil der regionalen Versorgung ist. Vor allem in der Fläche könnten der Zahnarzt und sein Team wertvolle Hilfestellung leisten und mit Hausärzten zusammenarbeiten, zum Beispiel bei der Früherkennung von Mundkarzinomen, bei Diabetes oder bei Adipositas. Es gebe ein erhebliches Verzahnungspotenzial mit anderen Medizinern, wohnortnah und in der Region.

Jörg Freese, Beigeordneter des Deutschen Landkreistages, erklärte, dass die medizinische Versorgung zwar in erster Linie Aufgabe der ärztlichen Selbstverwaltung sei, gerade bei regionalen Defiziten biete sich aber die Kooperation und Vernetzung über die Sektoren hinweg an.

Als Ergebnis zum Diskussionsschwerpunkt Demografie wird die BZÄK in Kürze ein Memorandum veröffentlichen. Die zm werden berichten. pr

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