Fonds im Fokus
Welcher Zahnarzt kennt das nicht? Am Abend klingelt das Telefon und der Berater der Hausbank unterbreitet Vorschläge, wie der Kunde sein Depot optimieren könnte, um ja nicht auf spektakuläre Deals verzichten zu müssen. Das passiert wahrscheinlich mehrmals im Jahr. Dabei geht es weniger um das Wohl des (müden) Zahnarztes als vielmehr um die Gebühren, die die Bank bei An- und Verkäufen kassiert. Häufig lautet die Antwort des Bedrängten dann „Ja“, nur um endlich den Feierabend genießen und in Ruhe die Füße hochlegen zu können.
Möglicherweise lukrativer wäre eine Geldanlage mit längerfristigem Investment. Aktien- oder Mischfonds bieten hier vielfältige Möglichkeiten. Das Problem ist nur, unter rund 8 000 Investmentfonds die geeigneten herauszufinden. Einfach ist die Entscheidung, wenn dem Anleger eine durchschnittliche Rendite reicht. Dann wählt er ohne Umstände einen Indexfonds, der sich auf einen internationalen Aktienindex bezieht, wie zum Beispiel den iShares MSCI World. Die Wahl dieser Anlageform erfüllt schon mal das wichtigste Kriterium, nämlich eine möglichst breite Streuung der Werte nach Branchen, Währungen und Ländern.
Index als Gradmesser
Der internationale Aktienindex gilt als der wichtigste Maßstab der Fondsmanager. An ihm messen sie Erfolg und Misserfolg. In ihm sind allerdings keine Schwellenländer wie China oder Brasilien aufgenommen. 50 Prozent der in ihm enthaltenen rund 1 600 Werte sind amerikanisch. Das Risiko, Verluste zu erleiden oder Gewinne zu erzielen, entspricht immer dem Durchschnitt der in ihm enthaltenen Werte.
Ein weiterer großer Vorteil, der für alle Indexfonds gilt, sind die niedrigen Gebühren, weil es keinen Manager gibt, der die Fonds betreut. Das muss nicht von Nachteil sein. „Aber“, wendet Christian Michel, Fondsanalyst bei der Ratingagentur Feri, ein, „mit einem gemanagten Fonds besteht die Chance, eine höhere Rendite zu erzielen oder das Risiko zu reduzieren. “ Eine gewisse Risikobereitschaft gehört allerdings dazu. Wie groß die ist, muss jeder Anleger für sich entscheiden, bevor er investiert. Er muss klar definieren, ob er einen Fonds sucht, in dem sein Kapital eher vor Verlusten geschützt ist oder ob er sich mehr Rendite wünscht.
Eher vorsichtig gestimmte Anleger wählen einen Mischfonds. Er legt in verschiedenen Investmentbereichen (Assets) wie zum Beispiel Staats- und Unternehmensanleihen, Aktien aber auch in Zertifikate und Optionen an. Auf diese Weise kann der Manager je nach Marktentwicklung flexibel reagieren und die Risiken breit streuen.
Ein Fonds hingegen, der aus dem Aktien- index entnommen wird, erfordert mehr Mut zum Risiko. Michel meint dazu: „Bevor der Anleger in Aktien investiert, sollte er sich überlegen, ob er bereit ist, kurz- bis mittelfristig auch einen höheren Verlust hinzunehmen.“ Damit sich eine Anlage in Aktienfonds lohnt, sollte nur Geld in diese Anlage fließen, auf das der Anleger mindestens zehn Jahre verzichten kann.
Bei der Auswahl eines Fonds – egal ob Misch- oder Aktienfonds – für die Langfristanlage gilt es, ein paar Kriterien zu beachten. Die breiteste Streuung und damit eine Reduzierung der Risiken gewährt ein Fonds, der international anlegt. Sich auf den deutschen oder ausschließlich europäischen Markt zu beschränken, verschärft das Risiko. Wer lange Zeit in einem Produkt verbleiben will, sollte sich auf Fonds von seriösen Gesellschaften konzentrieren. Am besten wählt man ein „Flaggschiff“, das eine lange Tradition aufweist und ein dementsprechendes Renommee besitzt. Dieser Fonds steht ständig im Fokus, das Management widmet ihm mehr Aufmerksamkeit als einem anderen. Grundsätzlich sollten Anleger und Berater die Performance, also die Entwicklung des Fonds in der Vergangenheit, über einen langen Zeitraum und zu verschiedenen Marktphasen studieren. Wie erfolgreich hat der Manager gearbeitet? Wie lange betreut er den Fonds schon? Wechselt das Management häufig? Dies sind Angaben, die zur Beurteilung eines Fonds erforderlich sind. Natalia Wolfstetter, Fondsanalystin bei der Ratingagentur Morningstar, bestätigt: „Die Kontinuität beim Personal ist sehr wichtig. Denn Manager, die lange dabei sind, schaffen Vertrauen und erlauben dem Anleger eine gewisse Berechenbarkeit bei der Fondsentwicklung.“
Damit das Management seine Strategie überhaupt umsetzen kann, bedarf es einer gewissen monetären Fondsgröße. Zwischen 70 und 100 Millionen Euro an Finanzvolumen sollten es schon sein. Denn wird der Fonds zu klein, ist die Gefahr gegeben, dass er eingeht. Das Kapital der Anleger wandert dann in einen anderen Fonds der Gesellschaft, dessen Strategie vielleicht den Vorstellung des Anlegers nicht mehr entspricht.
Richtiges Finanzvolumen
Zu stark darf der Mittelzufluss aber auch nicht werden. Dann lässt sich das „Schiff“ nur noch schwer manövrieren. So geschah es häufig mit besonders erfolgreichen Fonds wie zum Beispiel dem Carmignac Patrimoine. Im vergangenen Jahr ließ dessen Rendite zu wünschen übrig, weil enorm viel Kapital zufloss. Inzwischen hat sich die Situation wieder beruhigt. Nachteilig auf die Rendite wirken sich auch die Gebühren aus. Gemanagte Fonds kosten in der Regel einen Ausgabeaufschlag von fünf Prozent. Hinzu kommt eine jährliche Managementgebühr zwischen 0,8 und 1,3 Prozent. Manchmal fällt zusätzlich eine Erfolgsprämie an. Allerdings schaffen es erfolgreiche Manager auch, so viel Rendite zu erwirtschaften, dass die Gebühren kaum mehr ins Gewicht fallen.
Jahrelange Erfolge verhalfen auch dem amerikanischen Templeton Growth Fonds zu einer Position als „Fonds fürs Leben“. Wolfstetter erinnert sich: „Besonders in den Krisenjahren 2000/2001 blieb er erfolgreich. Doch seit 2005 ist er ins Mittelfeld abgerutscht.“ Seitdem hat das Fonds-Management zwar mehrere Male gewechselt, doch gebessert hat sich nichts. Er gehört schon lange nicht mehr in die Liste der empfehlenswerten Fonds.
Es lohnt sich, vor der Entscheidung etwas mehr Zeit in das Studium der Fondsdaten zu investieren, um aus dem Riesenangebot die richtigen Produkte zu wählen. Hier eine Auswahl von Fonds mit unterschiedlichen Ansätzen, wobei die Zusammenstellung keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt:
• Vermögensbildungsfonds I
Der Vermögensbildungsfonds I der Deutsche Bank-Fondsgesellschaft DWS gehört zu den Klassikern der deutschen Geldanlage und ist ein Beispiel dafür, wie wichtig der Fondsmanager für den Erfolg ist.
Klaus Kaldemorgen betreute seit 1994 den Fonds, bis er andere Aufgaben bei DWS übernahm. Prompt blieb der Erfolg in 2009 und 2010 aus. Inzwischen hat Kaldemorgen das Ruder wieder übernommen. Seine Aktienauswahl war nicht immer glücklich. Doch die Analysten von Morningstar zeigen sich optimistisch: „Insgesamt halten wir an diesem Fonds fest, doch machen wir aufgrund der Aktienselektion einige Abstriche.“ Das Fondsvolumen beträgt rund 5,1 Milliarden Euro, die Gesamtkosten sind unterdurchschnittlich.
•Uniglobal
Er gehört zur Familie der Union Investment, die Fondsgesellschaft der Volks- und Raiffeisenbanken. Vor Kurzem kürte die Zeitschrift „Capital“ die Union Investment zur erfolgreichsten Fondsgesellschaft der letzten zehn Jahre. Sie verzichtet auf Modethemen wie „Schwellenländer“ oder „Wasser“, Investmentbereiche, mit denen andere ihre Fonds aufpolieren wollen, und setzt mehr auf die Wertsicherung. Der bereits 1960 aufgelegte Uniglobal mit einem Fondsvolumen von rund 6,6 Milliarden Euro zählt seit Langem zur Spitzengruppe deutscher Fonds. Er orientiert sich am MSCI-World-Index und ist in rund 250 Werte großer Unternehmen weltweit investiert. Die Gebühren sind moderat.
• Sauren Global Balanced A
Dieser Fonds gehört zur Kategorie der Dachfonds. Das heißt, er investiert in andere Fonds. Damit werden die Risiken noch breiter gestreut. Der Fonds wurde 1999 gegründet und gehört zu den ältesten seiner Art. Die Hälfte des Kapitals von rund 384 Millionen Euro ist in Aktienfonds investiert. Der Rest verteilt sich auf schwankungsärmere Anlagen wie Rentenfonds. Morningstar setzt vor allem auf das bewährte Team um Firmengründer Eckhard Sauren. Die Kosten, die bei Dachfonds gleich doppelt anfallen, bleiben dennoch moderat.
• Carmignac Investissement A
Der von dem Franzosen Edouard Carmignac 1989 gegründete Fonds investiert global in Aktien. Bewährt hat er sich dank der Absicherung mit Derivaten besonders in Krisenzeiten. Allerdings fiel er in 2011 etwas hinter der Konkurrenz zurück. Eindeutiger Kritikpunkt ist die Gebührenpolitik. Aufgrund der erhobenen Umsatzgebühren ist der Fonds ziemlich teuer. Insgesamt empfiehlt ihn Morningstar als Langzeitanlage und verleiht ihm mit Gold das höchste Rating. Wenig schwankend ist auch der Carmignac Patrimoine. Er investiert ebenfalls in Anleihen.
• Arero – Der Weltfonds
Der Arero-Fonds fällt aus dem Schema. Gegründet hat ihn der Mannheimer Finanzprofessor Martin Weber vor drei Jahren. Seitdem hat er überdurchschnittliche Ergebnisse erzielt. Morningstar ordnet ihn in das beste Viertel der „Mischfonds EUR aggressiv“ ein. Nach Webers Ansatz investieren Anleger in 60 Prozent Aktien, 25 Prozent Renten und 15 Prozent Rohstoffe. Daran ändert sich übers Jahr nichts. Allerdings investiert der Fonds nicht direkt in Papiere. Er ist mit Swaps (Tauschgeschäfte) konstruiert. Die Kombination von 60 Prozent Aktien mit 15 Prozent Rohstoffen kann zu massiven Schwankungen führen. Der Fonds eignet sich nicht für sicherheitsbewusste, sondern eher für experimentierfreudige Anleger. Morningstar lobt die niedrige Kostenquote von 0,51 Prozent. Das bringt einen Renditevorsprung, der so leicht nicht einzuholen ist.
Rating beachten
Diese Auswahl zeigt verschiedene Ansätze, wie Fonds gestaltet sein können. Selbstredend gibt es noch mehr seriöse und gut gemanagte Fonds. Mit dazu gehören etwa die Produkte von Aberdeen, Congest, Dr. Jens Ehrhardt oder Flossbach von Storch. Einschätzungen von Ratingagenturen als Hilfe zur Fondswahl sind nützlich, bieten aber keine Garantie, dass der Manager immer richtig liegt. Deshalb empfiehlt es sich, sein Geld auf mehrere Fonds zu verteilen und etwa zweimal pro Jahr die Entscheidung zu prüfen. Letztlich ist das Geschick des Anlegers gefragt, er muss entscheiden. „Aber“, so Christian Michel, „es gibt nicht den besten Fonds, sondern nur den passenden, der der Renditeerwartung und Risikotoleranz des Anlegers gerecht wird.“
Marlene Endruweit
Fachjournalistin Ökonomie