Spannung durch Kontrast
Gleich zu Beginn der zweitägigen Fortbildungs- und Präsentationstagung konstatierte Dr. Michael Rumpf als Präsident der Landeszahnärztekammer Rheinland-Pfalz, dass der Mensch nach wie vor im Mittelpunkt zahnärztlicher Behandlungen stehe – dies trotz eines immer größer werdenden Einsatzes technischer Mittel. Rumpf verwies darauf, dass die Angst der Patienten vor einer zu starken Apparatemedizin nicht umsonst in der Welt sei.
Zahnärzten falle in der täglichen Praxis daher verstärkt die Aufgabe zu, persönliche und menschliche Aspekte bei der Behandlung einzubringen. Allerdings gehe es nicht darum, die Technik in Misskredit zu bringen, sie sei notwendig, um eine Zahnbehandlung zu garantieren, die auf der Höhe der Zeit ist. Rumpf: „Es ist wichtig, Mensch und Technik in Einklang zu bringen.“
Dem konnte Manfred Heckens als Vorsitzender der Zahntechniker in Rheinland-Pfalz nur zustimmen. Eine hochwertige Zahnversorgung, so der Zahntechnikermeister, werde von Menschen für Menschen gemacht. „Der Mensch bleibt im Mittelpunkt, egal, wie viel Technik wir dafür einsetzen.“ Maschinen könnten bei der modernen Zahnversorgung zwar helfen, sie auch unterstützen, aber nicht ersetzen, so Heckens, der in diesem Zusammenhang den globalen Zahntourismus infrage stellte, bei dem das Vertrauensverhältnis zwischen Patient und behandelndem Zahnarzt völlig außer Acht gelassen werde.
Dr. Stefan Rupf aus Homburg eröffnete den wissenschaftlichen Teil des Kongresses mit einem Vortrag über die Möglichkeiten von Plasmaphysik in der Zahnmedizin und unterstrich dabei das Credo, dass sich die Technik in den Dienst der Menschen zu stellen habe. In der Physik stellen Plasmen den sogenannten vierten Aggregat-zustand dar und werden in der Technik bislang vor allem zur Behandlung von Oberflächen eingesetzt. In der wissenschaftlichen Arbeitsgruppe, der Dr. Rupf vorsteht, wurden die Effekte von Plasmen auf orale Mikroorganismen sowie oraler Biofilme auf gesunde und kariöse Zahnhartsubstanzen und auf Implantatmaterialien untersucht. Dabei förderten die Studien zutage, dass durch die Anwendung von Plasma auf dem Dentin orale Mikroorganismen reduziert werden konnten. Die antimikrobiellen Effekte waren dabei vergleichbar mit der Anwendung von Chlorhexidin, eine in der Regel gute Pulpaverträglichkeit konnte nachgewiesen werden. Rumpf sah vor allem im Biofilmmanagement und in der Kariesdesinfektion zukünftige Einsatzmöglichkeiten für Plasma in der Zahnmedizin.
Als Kontrapunkt zum hochwissenschaftlichen Vortrag von Rumpf gestalteten sich die theologisch-ethischen Betrachtungen von Pater Dr. Anselm Grün über die Einflüsse spiritueller Elemente auf das Verhalten von Menschen zueinander und ganz speziell auf das Führungsverhalten von Zahnärzten als Vorgesetzte gegenüber sich selbst einerseits und dem gesamten Praxisteam andererseits. Dabei betonte der Geistliche, dass der Mensch dem Menschen ein Freund sein solle und nicht dessen Feind.
Demgemäß sei Führen vor allem gleichzusetzen mit der Ermutigung an andere, Engagement, Verantwortung und Eigenständigkeit zu zeigen. „Führen heißt Leben wecken“, so Grün und appellierte an Zahnärzte als Praxisinhaber, jedem Einzelnen in einem Team den Rücken zu stärken, damit er wachsen könne. Wie in der Bibel die Liebe auch nicht denkbar sei ohne die Eigenliebe, wies Grün darauf hin, dass man als Praxisinhaber auch auf den eigenen Seelenzustand achtgeben müsse. Sonst sei man nicht im Einklang mit sich selbst, was sich wiederum auf das Verhalten gegenüber seinen Mitmenschen auswirke.
Beim Auftakt des Zahnärztetages wurde Dr. Dr. Collins Jacobs als Sieger des Martin-Hermann-Forschungspreises, den die Landeszahnärztekammer Rheinland-Pfalz alljährlich vergibt, gekürt. Der Prämierte erhielt die Auszeichnung für seine Arbeit über die „Einflüsse von mechanischer Druckbelastung auf Osteoblasten“. sg