Vorsorge kennt keine Altersgrenzen
Gastgeber der kombinierten Koordinierungskonferenz der Referenten für Alters- und Behindertenzahnheilkunde sowie der Referenten für Präventive Zahnheilkunde in Mainz war in diesem Jahr die Zahnärztekammer Rheinland-Pfalz.
Den wissenschaftlichen Vortrag hielt PD Dr. Dr. Christiane Gleissner, von der Poliklinik für Zahnerhaltungskunde der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, gleichzeitig Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für geschlechterspezifische Zahnheilkunde (DGGZ). Aus Sicht des Vizepräsidenten der Bundeszahnärztekammer (BZÄK), Prof. Dr. Dietmar Oesterreich, ist „Frau Dr. Gleissner derzeit die Expertin im Bereich Gender Dentistry“. In ihrem Referat führte sie aus, dass die Frage des biologischen und sozialen Geschlechts mit in diagnostische und therapeutische Überlegungen aufgenommen werden sollte. Hintergrund seien Erkenntnisse, die mittlerweile zu geschlechterbezogenen Unterschieden in der Mundgesundheit vorlägen. Zu empfehlen seien aus Sicht von Gleissner verstärkt geschlechterspezifische Präventionsangebote und eine geschlechterspezifische Gesprächsführung – gerade im Hinblick darauf, männliche Patienten gezielter ansprechen zu können. Es gebe bereits einige Studien und Erfahrungen zum männlichen Selbstbild und zur männlichen Kommunikation. Diese würden im Gesundheitsbereich und in der Prävention, nicht zuletzt in der Zahnmedizin, aber noch nicht genügend genutzt. In fast jedem zahnärztlichen Bereich existiere geschlechterbezogenes Wissen, das aber bisher noch zu wenig in die Praxis gelangt sei. Aufgabe der Zukunft: weiterere Daten zu Geschlechterunterschieden zu gewinnen und diese hinsichtlich ihrer klinischen Relevanz und die Überführung in den Praxisalltag zu evaluieren, so Gleissner.
Mit Blick auf die angestrebte Harmonisierung der zahnärztlichen Kinderpässe erläuterte Prof. Oesterreich, dass gemäß Empfehlung der letztjährigen Koordinierungskonferenz, als Handlungsgrundlage für die Kammern bei der Gestaltung zahnärztlicher Kinderpässe ein Kriterienkatalog auf Grundlage der koordinierten Inhalte aus dem Jahr 2001 im Ausschuss Präventive Zahnheilkunde der BZÄK in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Kinderzahnheilkunde (DGK) erarbeitet wurde. Die „Rahmenempfehlungen zur Umsetzung zahnärztlicher Kinderpässe“ wurden in Mainz verabschiedet. Ein einheitliches, bundesweites Modellkonzept werde jedoch nicht vorgeschrieben. Vielmehr sollten regionale Unterschiede berücksichtigt werden.
Starke Themen in die Regionen tragen
Dr. Sebastian Ziller, BZÄK-Abteilungsleiter für Prävention und Gesundheitsförderung, stellte – ergänzt von Dr. Hans Peter Huber von der Deutschen Gesellschaft für AlterszahnMedizin e.V. (DGAZ) – die Aktivitäten im Kooperationsverbund gesundheitsziele.de vor. Im Rahmen des Nationalen Gesundheitsziels „Gesund älter werden“ wurde auch ein Teilziel für die Mundgesundheit formuliert (siehe diese Ausgabe S.20). Die Konferenz appellierte ausdrücklich, die Zielvorgabe auf Kammerebene zu verbreiten.
Mit Blick auf die Entwicklungen in der Pflege lag ein weiterer Schwerpunkt der Konferenz auf der Pflegeausbildung, speziell auf der Mundgesundheit als eigenes Lernfeld in der neuen Ausbildungsverordnung. BZÄK und DGAZ haben einen Entwurf zur Vermittlung von zahn- und mundgesundheitlichen Aspekten im Rahmen der Ausbildung von Pflegekräften erarbeitet, um einem seitens der Zahnärzteschaft, aber auch zunehmend vonseiten der Pflegewissenschaft gehegten Wunsch nachzukommen: Zahnmedizinische Inhalte sollten in der Ausbildungsordnung der Pflegeberufe stärker repräsentiert werden. Der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe sowie der Deutsche Pflegerat sind im letzten Sommer über dieses Konzept in Kenntnis gesetzt worden.
In puncto Mundhygieneschulungen für die Pflegeberufe führte Dr. Antje Köster-Schmidt aus, dass in Hessen im Rahmen des dort aufgebauten Schulungszahnarztkonzepts für Pflegeheime eine Begleituntersuchung zur Wirksamkeit durchgeführt wurde. Erste Ergebnisse seien positiv. Auch das zahnmedizinische Gruppenprophylaxeprojekt für erwachsene Bewohner Berliner Behinderteneinrichtungen werde evaluativ begleitet und zeige gute Ergebnisse für diese Form der Intervention.
Die Vertreter aus Baden-Württemberg empfahlen, bei Heimbegehungen über die Gesundheitsämter auf Kreisebene eine zahnärztliche Begutachtung mit einzufordern. Viele Pflegeheime würden mittlerweile gemeinsam von Heimaufsicht und Jugendzahnärzten besucht. Hier müssten klare Forderungen gestellt werden. Die Betreuung einzelner Heime werde übernommen, wenn sich die Einrichtung auf Schulungen einlasse und diese auch bezahle.
Um eine inadäquate Medikation für ältere Menschen auszuschließen, sei im Praxisalltag die Nutzung der „Priscus-Liste“ (www.priscus.net) hilfreich.
Andreas Kunzler, BZÄK-Statistikabteilung, berichtete über die BZÄK-Internetdatenbank zur Erfassung von Projekten zur Betreuung pflegebedürftiger Menschen aus den einzelnen Regionen. Im Sinne der Transparenz sollten die Kammervertreter ihre Projekte dort eintragen – via Dr. Ziller. sf