Gefahren für die MRT-Versorgung
„Europa ist führend in der MRT-Technolo-gie und darf seinen Patienten den Zugang zu diesem herausragenden Bildgebungsverfahren nicht verwehren“, betont Prof. Gabriel Krestin, führender Vertreter der Allianz für Kernspintomografie und Vizepräsident der Europäischen Gesellschaft für Radiologie. Pro Jahr profitieren in der EU rund acht Millionen Patienten von dem Verfahren. Die Technik wird vor allem bei der Diagnostik von Krebsleiden oder Erkrankungen des Gehirns angewandt.
Auf europäischer Ebene sind derweil Diskussionen über eine neue EU-Richtlinie entbrannt, die Arbeitnehmer aus unterschiedlichen Branchen künftig besser vor elektromagnetischen Strahlen schützen soll. Die Vorschriften gelten grundsätzlich auch für medizinisches Personal. Nach den neuen Regeln der EU wären Ärzte und andere medizinische Fachkräfte beim Einsatz am MRT Strahlenbelastungen ausgesetzt, die oberhalb der festgelegten Grenzwerte liegen.
Sollte die MRT nicht von der Richtlinie ausgenommen werden, würde dies die Anwendung in wichtigen Bereichen der Kernspintomografie einschränken, kritisiert Krestin. Beim Einsatz von Kernspintomografen sei es nämlich in einigen Fällen unerlässlich, dass sich Fachpersonal in der Nähe des MRT aufhält. „Betroffen wären zum Beispiel Operationen, die durch die MRT gesteuert werden oder die Untersuchung von Patienten, die auf die Anwesenheit von medizinischem Personal während der Behandlung angewiesen sind, wie Kinder und ältere Personen“, so der Radiologe.
Praktisch unverzichtbar
Kernspintomografen müssen anders als Röntgengeräte zudem rund um die Uhr laufen, also auch dann, wenn ein Patient gelagert oder das Gerät gereinigt wird. Jede Abschaltung zum Schutz der Arbeitnehmer würde Kosten von rund 100 000 Euro verursachen. Der Präsident der Deutschen Röntgengesellschaft, Prof. Michael Forsting, verweist ferner darauf, dass als Alternative der MRT-Technik nur die Computertomografie oder das Röntgen infrage kämen, was eine unverhältnismäßig höhere Strahlenbelastung und eine nachgewiesen höhere Gesundheitsgefährdung für den Patienten bedeuten würde. Bei der EU-Kommission, die die neuen Vorschriften ursprünglich bereits im April 2008 in Kraft treten lassen wollte, stießen die Bedenken auf fruchtbaren Boden. Im Oktober 2007 sicherte der für den Arbeitnehmerschutz zuständige EU-Kommissar Vladimir Spidla zu, die Richtlinie zu überarbeiten. Die Umsetzungsfrist wurde auf Ende April 2012 verschoben.
Der neue Gesetzentwurf liegt seit Sommer vergangenen Jahres vor. Er sieht zwar im Interesse der Ärzte eine Ausnahmeregelung für die medizinische Nutzung von MRT vor. Der neue Vorschlag stößt jedoch bei einigen Regierungen auf Widerstand. Im Ministerrat spricht sich eine Handvoll EU-Mitglieder – darunter Deutschland – dafür aus, keine sektoralen Ausnahmen von den Arbeitnehmerschutzvorschriften zuzulassen, da dies dem Gleichheitsgrundsatz wiederspreche.
Theoretisch gefährlich
„Mich überzeugen die Bedenken der Mitgliedstaaten nicht“, erklärt der CDU-Europaabgeordnete und Arzt, Dr. Peter Liese. „Es wäre verrückt, wenn die Mitgliedstaaten einen Vorschlag zum Bürokratieabbau, den die Kommission vorgelegt hat und den das Parlament unterstützt, auf Dauer verhindern würden.“ Liese macht zudem deutlich, dass beim Einsatz von MRT seit über 30 Jahren keine nennenswerten Gesundheitsrisiken festgestellt worden seien. „Die Gefahren sind allenfalls sehr theoretischer Natur“, so der Politiker.
Liese hofft auf eine schnelle Verabschiedung der Richtlinie. Das EU-Parlament stimmt im März erstmals über die Neuregelungen ab. Danach ist der Ministerrat am Zuge. Ob die Beratungen, wie vorgesehen, bis Ende April abgeschlossen sein werden, ist jedoch fraglich. Das Bundesarbeitsministerium, das für Deutschland an den Verhandlungen im Rat teilnimmt, weist vorsorglich darauf hin, dass es schwierig werde, aufgrund der Vielzahl an Branchen, die unter den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen, zügig eine abschließende differenzierte Bewertung aller offenen Fragen vornehmen zu können.
Petra Spielberg
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