Gesundheits-Apps

Qualität hinterfragen

Apps gibt es wie Sand am Meer, auch für den Medizin- und Gesundheitsbereich. Einer fachlichen Prüfung müssen sich die Mini-Programme bisher nicht unter-ziehen. Deshalb sollten Nutzer die Qualität eines Angebots hinterfragen, bevor sie es runterladen. Das gilt auch für dessen Seriosität in puncto Datenschutz.

Erste-Hilfe-Tipps, Praxissuche, Kopfschmerztagebuch – in den App-Stores von Apple und Android stehen nach Angaben des Bundesverbands Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (BITKOM) derzeit rund 15 000 Apps aus den Bereichen Gesundheit und Medizin zum Download bereit.

Eine Qualitätsprüfung müssen die kleinen Programme nicht durchlaufen. „Speziell für Gesundheitsapps gibt es bislang keine unabhängigen Gütesiegel oder Zertifizierungen. Jeder kann Apps entwickeln und anbieten – auch Privatpersonen“, erklärt Anke Kirchner, Leiterin der Gruppe Gesundheits- und Pflegemarkt der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Anders in den USA: Dort greift die Zulassungsbehörde „US Food and Drug Administration“ (FDA) bei bedenklichen Angeboten ein.

Dass in Deutschland eine solche Kontrolle fehlt, bedeutet für die User von Apps: Ob es sich um ein fachlich seriöses Angebot handelt, müssen sie selber sicherstellen. Ihnen empfiehlt Kirchner: „Vor der Anwendung sollten Nutzer immer genau prüfen, von wem die App angeboten wird.“ Gute Angebote lieferten in der Regel medizinische Fachgesellschaften oder die Krankenkassen.

Auch von Experten, beispielsweise der Stiftung Warentest, geprüfte Gesundheitsportale im Internet sind laut der Verbraucherschützerin eine gute Anlaufstelle für verlässliche Informationen. „Nutzer können sich an den Tests orientieren und nachschauen, ob diese Portale auch Apps anbieten“, rät Kirchner. Hilfreich könnten auch die Empfehlungen von anderen Nutzern sein, sagt sie. „Allerdings sollte man auch diesen Bewertungen mit einem natürlichen Misstrauen gegenüberstehen und sich sein eigenes Bild machen.“

Schwarze Schafe erkennen

„Ausgespäht“ lautete die Schlagzeile eines Artikels der „Stiftung Warentest“ im Juni 2012 (siehe Kasten). Die Tester meldeten, dass viele Apps – in allen Sparten, nicht nur der Gesundheit – persönliche Informationen der Nutzer an Datensammler übertragen. In manchen Fällen wird sogar das komplette Adressbuch von der E-Mail-Adresse über die Telefonnummer bis hin zum Geburtstag gesendet – ohne dass diese Informationen für den Betrieb der App relevant sind.

Und einige Angebote übermitteln diese Daten laut Angaben der Tester noch nicht einmal anonymisiert und unverschlüsselt. Das birgt weitere Gefahren: Wer sein Smartphone in einem ungeschützten W-LAN nutzt, gibt dadurch anderen die Möglichkeit, intime Informationen mitzulesen. Damit das nicht geschieht, sollten Apps, die für ihren Betrieb auf Kontakte aus dem Adressbuch angewiesen sind, nicht nur verschlüsselt, sondern auch anonymisiert arbeiten. „Daten sollten als sogenannte Hash-Werte übertragen werden“, empfiehlt die Stiftung Warentest. Hash-Werte sind Zeichenfolgen, die den Rückschluss auf Klarnamen erschweren.

Um schwarze Schafe beim Datenschutz zu identifizieren, protokollierten und analysierten die Tester den Datenverkehr von Smartphones, auf denen Apps installiert waren. Diese technische Möglichkeit steht Otto Normalverbraucher in der Regel nicht zur Verfügung. Er kann jedoch andere Möglichkeiten nutzen, um bedenkliche Angebote zu erkennen, erklärt Kirchner: „Ob Apps persönliche Daten wie Telefonnummern oder Namen nicht anonymisieren oder Passwörter unverschlüsselt übertragen,

kann man zum Beispiel durch Nutzerberichte

herausfinden.“ Das ist aber kein hundertprozentiger Schutz vor Datenklau. Generell gilt laut der Verbraucherschützerin folgende Regel: Je mehr persönliche Daten eingegeben werden müssen, desto kritischer sollten Nutzer dem Download einer App gegenüberstehen. Außerdem sollten sie vor dem Herunterladen Funktionen und Einstellungen genau nachlesen.

Susanne Theisen

Freie Journalistin in Berlin

info@susanne-theisen.de

INFO

Spion im eigenen Telefon

Insgesamt nahm „Stiftung Warentest“ 63 Apps unter die Lupe. Als sehr kritisch stuften die Tester neun Apps ein, unter anderem die von Facebook oder die Angebote „WhatsApp“ und „Clever tanken“. In der Kategorie kritisch landete unter anderem die Ernährungs-App „chefkoch.de“. Sonst erhielten keine weiteren Angebote aus den Sparten Gesundheit, Medizin oder Ernährung beim Datenschutz das Prädikat kritisch oder sehr kritisch. Drei Apps schnitten hingegen als unkritisch ab: die „App zum Arzt“, die „Gesund-Genießen-App“ und das Angebot „Diät Profi HD“.

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