Pluspunkt Vernetzung
Jan-Philipp Schmidt und Ingmar Dobberstein kennen sich aus dem Zahnmedizinstudium. Beide waren in den Fachschaften ihrer Universitäten aktiv, Schmidt in Münster, Dobberstein in Berlin. Unabhängig voneinander stellten sie fest, dass viele wichtige Informationen am zahnärztlichen Nachwuchs vorbeigehen. Das wollten sie ändern.
„Um das zu erreichen, brauchten wir einen Dachverband für alle Studenten“, erzählt Schmidt. Er engagierte sich zu dem Zeitpunkt im Bundesverband der Zahnmedizinstudenten in Deutschland (BdZM) für eine übergreifendere Kommunikation. In diesem Sinne öffnete sich der BdZM, der bis dahin ein Organ der online kaum zugänglichen Fachschaften gewesen war, im Jahr 2004 für alle Studierenden der Zahnmedizin.
Parallel dazu wurden eigene Medien gegründet. Etwa „Dentalfresh“, deren erste Ausgabe der BdZM bereits ein Jahr später herausgab. Das kostenlose „überregionale Informations- und Unterhaltungsmedium“ erscheint vierteljährlich. Zu den Inhalten gehören neben fachlichen Themen auch die Verbandsarbeit.
Parallel zur Dentalfresh ging die Website „Zahniportal.de“ online. Entsprechend dem Motto des Portals – „alles zum Zahnmedizinstudium“ – ist das Angebot in Rubriken wie Aktuelles, Universitäten, Wissen oder Bewerbung unterteilt. Außerdem können User hier die Dentalfresh als E-Paper lesen.
Was noch fehlte: eine Online-Community, über die sich Zahnis in ganz Deutschland austauschen können. Der Launch der Site „Zahnigroups.de“ 2006 füllte diese Lücke. „Der Fokus des Netzwerks liegt, anders als das manchmal bei Facebook der Fall ist, nicht auf der Selbstdarstellung der Mitglieder. Es geht nicht darum, Fotos auszutauschen, sondern um die Frage: Was brauchen Studierende für ihr Studium?“, erklärt Schmidt.
Dementsprechend bieten die Zahnigroups registrierten Mitgliedern die Möglichkeit, gemeinsam Klausurtermine zu verwalten, Vorlesungsskripte zentral zu sammeln und Materialien zur Klausurvorbereitung sowie Prüfungsaufgaben auszutauschen. „Die Zahnigroups sind eine Wissenssammlung, von der auch künftige Studierendengenerationen profitieren sollen“, so Schmidt.
Das Portal dient außerdem als Schnittstelle zwischen allen Universitäten in Deutschland. Informationen und Materialien kursieren auf diese Weise nicht mehr nur lokal, sondern können von Studenten an allen deutschen Unis abgerufen werden. Bis zu diesem Zeitpunkt gab es keine Schnittstellen für einen überregionalen fachlichen Austausch.
Um zu zeigen, dass Zahnmedizin zu studieren mehr bedeutet, als zu lernen, wie man Füllungen legt und Achter extrahiert, gründete Ingmar Dobberstein 2001 das Magazin „un-plaqued“. Zunächst erschien das speziell auf junge Zahnärzte ausgerichtete Heft nur in Berlin, seit 2005 kommt es mit vier Ausgaben pro Jahr bundesweit heraus.
Bohren und philosophieren
Die un-plaqued beschäftigt sich in jedem Heft ausführlich mit einem Thema, zum Beispiel Ethik, Zukunft, Freiheit oder, wie im aktuellen Heft, mit Kommunikation. Zu Wort kommen neben Zahnmedizinern auch Autoren aus anderen Fachdisziplinen, unter ihnen Philosophen, Pädagogen oder Künstler. „Während sich die Themen der Dentalfresh aus den Bereichen Uni bis Berufspolitik zusammensetzen, konzentriert sich die un-plaqued auf das Leben um das Studium herum. Unsere Berufs- und Lebensrealität soll kritisch und konstruktiv reflektiert werden“, erklärt Dobberstein.
Sowohl in der un-plaqued als auch in der Dentalfresh finden sich auch Meldungen aus der Industrie. Vor allen Dingen beim Durchblättern der Dentalfresh bemerkt man die hohe Anzeigendichte. Fragt sich: Sind die Inhalte anzeigengetrieben? Nein, meinen Dobberstein und Schmidt. Die Vorgabe für industrienahe Artikel sei, dass die Themen für die junge Zielgruppe relevant sind. Zu PR-lastige Texte werden überarbeitet, sagt Dobberstein. Schmidt fügt ergänzend hinzu: „Wir wollen unsere Publikationen nicht bewusst von der Industrie abschotten, weil sie Teil der zahnärztlichen Realität ist. Zu sagen: „Böse Produktthematik!“ wäre sehr kurzsichtig, denn Zahnärzte gehen jeden Tag mit Produkten um und sind auf Neuentwicklungen aus Industrie und Wissenschaft angewiesen.“ Wichtig sei aber, darauf zu achten, dass die Informationen ganz klar evidenzbasiert seien.
Nach dem Studium ändert sich das Leben gewaltig. Dobberstein: „Wenn die Studenten die Uni verlassen, gehen sie zurück ins Einzelkämpferdasein, obwohl sie während des Studiums in Lerngruppen und so weiter gut zusammengearbeitet haben.“ Ein Grund dafür ist nach Ansicht der beiden Zahnärzte, dass sich in Deutschland der Alumnigedanke noch nicht entwickelt hat. Auf Initiative von Dobberstein und Schmidt wurde daher im Jahr 2009 mit dem Bundesverband der zahnmedizinischen Alumni in Deutschland (BdZA) eine Interessenvertretung für examinierte Zahnärzte gegründet, deren erster und zweiter Vorsitzender Schmidt und Dobberstein sind. Ziel der Verbandsarbeit ist, dass sich junge Zahnärzte über das Studium hinaus vernetzen und dass ihre Bedürfnisse in der Standespolitik diskutiert werden.
Vereinzelt in der Praxis
Medien für diese Zielgruppe gab es zum Teil schon. Im Jahr 2007 publizierte Dobberstein zum ersten Mal das „Alumni International Magazine“. Das Heft liegt in elektronischer Form vor und kann kostenlos gelesen werden. Seit zwei Jahren ist die un-plaqued außerdem das offizielle Medium des BdZA. „Nach dem Studium bietet die Zahnmedizin eine große Bandbreite beruflicher Möglichkeiten. Die un-plaqued und das Alumni International Magazine stellen Lebenswege von Zahnärzten vor, um den Lesern zu zeigen, was sie eigentlich alles aus ihrem Studium machen und wie individuell sie ihren Beruf gestalten können“, erläutert Dobberstein. Ergänzend starteten kurz nach der Gründung des BdZA das Infoportal „Dents.de“ sowie das Netzwerk „Alumnigroups.de“. Dents gilt als das Zahniportal für Absolventen, Alumnigroups ist die entsprechende Community-Erweiterung – sie bietet andere Funktionen wie einen Fortbildungsradar, eine Assistentenstellenbörse oder einen Freundefinder. Dieses Tool wird übrigens gerne von älteren Zahnärzten genutzt, die Freunde aus dem Studium oder ihrer Assistenzzeit wiederfinden möchten, verraten die beiden Herausgeber.
Rookies Gehör verschaffen
Dobberstein und Schmidt wollen sich weiter dafür einsetzen, den Zahnmedizinstudierenden und den Berufsanfängern Gehör zu verschaffen. In der Zahnmedizin fehlte ihrer Meinung nach sehr lange die Wahrnehmung für den Nachwuchs. Zwar ändere sich das seit einigen Jahren, doch wollen die beiden noch mehr Schnittstellen schaffen, die ihre Zielgruppe weiterbringen. Schmidt: „Unter anderem wollen wir mehr Nähe zwischen der jungen und der etablierten Zahnärzteschaft herstellen, vor allem mit den Kammern und den KZVen.“
Susanne TheisenFreie Journalistin in Berlininfo@susanne-theisen.de
INFO
Links
• www.zahniportal.de• www.zahnigroups.de• www.dents.de• www.alumnigroups.de• www.unplaqued.net: un-plaqued und
Alumni International Magazine• www.dentapress.de: Newsportal, auf dem BdZM, BdZA, un-plaqued, Dents, Zahniportal und med2click ihre Meldungen zusammentragen.