Merkels Plädoyer für den Euro
Eine bilanzierende Tour d`Horizon durch ihre Politik zog Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel auf dem Jahresempfang der Wirtschaft in Rheinland-Pfalz. Ihr Versprechen: Stabilität in der Besteuerung, Abbau von Verschuldung und Jugendarbeitslosigkeit sowie ein klares Bekenntnis zu Europa und dem Euro. Ergebnisse, die auch Landeszahnärztekammerpräsident Sanitätsrat Dr. Michael Rumpf in seinem einführenden Statement für die Veranstalter grundsätzlich stützen konnte, aber durch zusätzliche Forderungen ergänzte.
Dass acht von zehn Unternehmen der Region ihre Lage als gut einschätzen, verdeutliche, so Rheinhessens Handwerkskammerpräsident Karl Josef Wirges in seiner Begrüßung der rund 5 000 Teilnehmer am Rheinland-Pfälzischen Wirtschaftsempfang (18. Februar in der Mainzer Rheingold-Halle), deren durchaus stabile Lage. Zielgerichtete Wünsche an die Bundeskanzlerin hatte Wirges trotzdem. Er forderte „eine nachhaltige Haushaltspolitik, eine mittelstandsfreundliche Gestaltung der Energiewende sowie wirkungsvolle Initiativen gegen den Fachkräftemangel“.
Sanitätsrat Dr. Michael Rumpf, der als Landeszahnärztekammerpräsident in diesem Jahr das Statement zur Veranstaltung hielt, ergänzte: „Wir fordern nachdrücklich, uns nicht weiterhin mit neuen Steuern, neuen Gebühren und neuen Maßnahmen in einem immer dichteren Regelwerk zu belasten.“ Rumpf erinnerte an die Ziele der Ärzte, Psychotherapeuten und Zahnärzte, die jeweiligen Heilberufsgesetze endlich fortzuschreiben und betonte „die Bedeutung der Selbstverwaltung unserer freien Berufe“. Prävention müsse, so Rumpf stellvertretend für die Heilberufe, noch mehr Gewicht bekommen.
Gegenüber der Bundeskanzlerin betonte der rheinland-pfälzische Sanitätsrat ausdrücklich im Namen der Veranstalter: „Wir unterstützen ihre Anstrengungen um den Erhalt und die dauerhafte Lebensfähigkeit des Euro.“ Offensichtlich sei es gelungen, in jüngster Vergangenheit neben dem Erhalt gesunder Betriebe, Praxen, Werkstätten und Unternehmen Deutschland zu stützen und den notwendigen Rückenwind zu bieten. Der deutsche Mittelstand zähle mit 25,1 Millionen Beschäftigten in 2011 immerhin 1,4 Million Frauen und Männer mehr als vor vier Jahren. Der Anteil der geringfügig Beschäftigten habe sich nicht erhöht. Das Qualifikationsniveau sei gestiegen, gearbeitet werde auf höchstem Niveau.
Adressiert an die Bundeskanzlerin bestätigte Rumpf positiv: „Der Weg der Regierung schränkt uns nicht ein, öffnet uns unter Umständen sogar Türen.“ Das Land brauche aber auch parteipolitische Pluralität. Rumpf erwähnte auch die Sorge vieler Wirtschaftsvertreter, dass das liberale Element aus dem Parteienspektrum herausfallen könnte.
Auch gut: Wenn Meister Meister bleiben
Zuversicht vermittelte Bundeskanzlerin Angela Merkel. Die Umsetzung großer Entscheidungen im weltweiten Wettbewerb verlaufe gut. Der Einbruch der Wirtschaftskraft im Krisenjahr 2009 habe gut überbrückt werden können. Das Bruttoinlandsprodukt sei wieder auf dem Niveau der Zeit vor dem Krisenjahr. Merkel: „Heute haben wir 41,6 Millionen Beschäftigte, 2,6 Millionen mehr als im Jahr 2005, als ich Bundeskanzlerin wurde.“ Und die Arbeitslosigkeit sei auf den niedrigsten Stand seit der Wiedervereinigung gesunken.
Merkel forderte dazu auf, die Finanzmarktregulierung auch global, nicht nur in Deutschland und Europa umzusetzen: „Wir müssen regulieren.“ Dabei dürften die Banken aber „nicht stranguliert“ werden. Der beste Weg für Wachstum sei, den freien und fairen Wettbewerb zu erhalten. Der Euro sei „gut für Deutschland, weil wir davon profitieren“. Schon deshalb müsse man für die Zukunft des Euros Sorge tragen. Auch an der Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit gehe, so Merkel, kein Weg vorbei. Hier gelte es, durch Förderungen bewirkte Verwerfungen abzuschaffen.
Merkel: „Anfang des Jahrtausends war Deutschland der kranke Mann Europas. Dass wir heute so dastehen, hat auch mit wichtigen Reformen zu tun. Veränderungen können zum Guten führen, aber es muss auch Wachstum generiert werden.“ Dafür müsse man sich auf die besinnen, die Wachstum generierten und die Stellen beschafften. Merkels präferiertes Rezept: „Unternehmen sollen Steuern zahlen, aber nicht so viel, dass diese die Substanz der Unternehmen angreifen, weil wir damit den Ast absägen, auf dem wir sitzen.“ Um nicht nur Deutschlands Export, sondern auch die Binnenmarktnachfrage anzuregen, habe die Bundesregierung nicht nur konsolidiert, sondern auch Maßnahmen im Binnenmarkt getroffen. In diesem Zusammenhang sprach sich Merkel für die Schaffung von Reallohnzuwächsen aus.
Natürlich bleibe auch abgesehen von der weltwirtschaftlichen Situation viel zu tun: „Wir müssen bei Zeiten mit der Konsolidierung des Haushalts beginnen.“ Das sei, so die Bundeskanzlerin, für 2014 avisiert. Merkel unterstrich, dass dabei das Vertrauen der Investoren aber nicht verloren gehen dürfe. Deshalb gelte es, zum einen Schulden abzubauen, andererseits aber auch Fachkräfte – auch aus dem Ausland – zu rekrutieren. Hier müsse man ausländische Berufsabschlüsse anerkennen. Merkel: „Wir arbeiten an einem Europäischen Fachkräftemarkt. Hier gibt es eine noch zu geringe Mobilität.“
Zudem betonte Merkel, dass in Deutschland die immer noch vorhandenen acht Prozent Jugendarbeitslosigkeit abgebaut werden müssten. Extrem wichtig sei auch, dass die Schulabschlüsse der Migranten vergleichbar werden mit denen anderer Schulabgänger. Merkel hob außerdem hervor, dass das duale System der Berufsausbildung aufrechterhalten werden müsse: „Man kann auch Krankenschwester werden, wenn man weniger als zwölf Jahre zur Schule gegangen ist.“ Und mehr noch: „Es ist gut, dass Meister heute studieren können, aber es ist auch gut, dass Meister Meister bleiben.“ Zuletzt müsse man Wege finden, „wie wir die duale Berufsausbildung auch außerhalb Deutschlands praktizieren können“. Notwendig sei es, offen zu sein für die Zuwanderung von Fachkräften, auch im europäischen Bereich.
In einem Schlusswort mahnte Rheinhessens IHK-Präsident Dr. Harald Augter an, keine unnötigen Wahlgeschenke zu verteilen. Aktuell diskutierte Themen wie etwa die „Großelternzeit“ oder Mindestlöhne seien keine brauchbaren Maßnahmen. Es gelte vielmehr, die guten Voraussetzungen zu erhalten. Augter: „Wenn die Lasten zu groß werden und der Unternehmer nichts mehr leisten kann, wird er zum Unterlasser. Das kann kein Mensch wollen.“