Pharmakodex

Transparenz für den guten Ruf

Zuwendungen von Pharmafirmen an Ärzte gelten gemeinhin als Klüngelei. Schnell steht das Wort Bestechung im Raum. Die Branche will jetzt mit einem Kodex mehr Transparenz schaffen und ihren Ruf verbessern. Für Zahnärzte sind die Auswirkungen eher gering.

Der Einfluss von Pharmaunternehmen auf Mediziner steht schon lange in der Kritik. Der Verband der forschenden Arzneimittelhersteller (vfa) will jetzt dem Ruch des Unseriösen entkommen und einen Transparenzkodex einführen. Die Pharmafirmen wollen ihre Zahlungen an Ärzte offenlegen. Die Spanne reiche von Honoraren für wissenschaftliche Vorträge über Vergütungen für Beratungsleistungen der Ärzte bis zu Einladungen zu wissenschaftlichen Kongressen, erklärte der Geschäftsführer der „Freiwillige Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie“ (FSA), Holger Diener. Allerdings beruht der Kodex auf Freiwilligkeit.

Bis zum Sommer werde es einen entsprechenden Kodex des europäischen Pharma-Dachverbands EFPIA geben, sagte vfa-Kommunikationschefin Susan E. Knoll der Deutschen Presse-Agentur. „Derzeit beraten die Pharmaverbände über die nationalen Grenzen hinweg.“ Bis Jahresende komme die Umsetzung für Deutschland. „Ab Anfang 2015 sollen alle Daten erfasst und ab 2016 veröffentlicht werden.“ Schneller gehe es nicht, auch weil die Unternehmen Zeit bräuchten für Umstellung oder Aufbau von Datensystemen. „Das zeigt, wie ernst es den forschenden Pharma-Unternehmen mit dem Thema Transparenz ist“, sagte Knoll.

In die Diskussion geraten war der Einfluss der Arzneimittelindustrie auf die Ärzte durch ein Urteil des Bundesgerichtshofs im vergangenen Jahr. Die Richter entschieden, dass Ärzte aufgrund ihrer Stellung als Freiberufler nicht wegen Bestechlichkeit belangt werden können. Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) kündigte daraufhin an, die Gesetzeslücke schließen zu wollen. Seitdem hört man aber aus dem Ministerium nur, dass die Prüfung der bestehenden Regelung liefe.

Guter Schritt, aber zu spät

Der vfa geht mit seinem Transparenzkodex nun in die Offensive. Ärztevertreter und Krankenkassen begrüßten das Vorhaben, hätten es sich aber schon früher gewünscht. „Es ist mehr als überfällig, dass die Pharmaindustrie endlich Klarheit schafft, warum und wie viel Geld sie extra an die einzelnen Ärzte zahlt“, sagte Florian Lanz, Sprecher des Kassen-Spitzenverbands. „Jede Zahlung an Ärzte oder Krankenhäuser sollte ver- öffentlicht werden.“ Patienten müssten sich informieren können, ob ihr Arzt für die Verschreibung zusätzliches Geld von einem Pharmaunternehmen bekommen habe.

Für den Chef der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, Wolf-Dieter Ludwig, kommt die Ankündigung der Pharmaindustrie mit zu viel Verzögerung: „Europa hat hinsichtlich der Transparenz von finanziellen Zuwendungen an Ärzte und Forschungseinrichtungen spät nachgezogen.“ In den USA werde ein Register mit allen Zahlungen in diesem Jahr öffentlich. Gefährdet sei das Vertrauen in den Arztberuf. Der geplante Kodex der Industrie könne nur ein erster Schritt sein. Es fehle an Regeln, was erlaubt sei – und an der Umsetzung.

Diener betonte, von Missständen zu sprechen, wäre unangemessen. Bereits existierende strenge Vorgaben etwa zu Geschenken an Ärzte würden weiterentwickelt. Ein enormes Datenvolumen zeichne sich ab, das zu 100 Prozent korrekt sein müsse. Man hoffe auf eine breite Kooperation mit der Ärzteschaft. Aufkommende Kritik an der Freiwilligkeit des Kodex wies Diener zurück. Für die Mitglieder der FSA sei die Veröffentlichung verpflichtend, sagte er der „Wirtschaftswoche“. „Dazu gehören alle großen Konzerne wie Bayer, Novartis, Boehringer, Sanofi oder Pfizer. Auf den Internet-Seiten der Unternehmen können Sie dann nachlesen, welcher Arzt wie viel Geld von welchem Unternehmen erhalten hat.“

Für den zahnärztlichen Sektor hat der Transparenzkodex keine weitreichenden Folgen, da hier nur ein kleines Spektrum an Medikamenten verschrieben wird. Deshalb werden Pharmavertreter nur sehr selten in der Zahnarztpraxis vorstellig. Auch geraten Zahnmediziner schwerer in Klüngelverdacht, da sie ihre Fortbildungen selbst bezahlen – im Gegensatz zu Ärzten, wo nicht selten von der Pharmaindustrie gesponsert wird.

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