Ärzte sagen Ja zum Sicherstellungsauftrag
Der KBV-Vorsitzende Dr. Andreas Köhler sprach vor der Presse von einer Umfrage, „die es so in Deutschland noch nicht gegeben hat.“ Zum ersten Mal seien alle niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten, die gesetzlich Krankenversicherte behandeln, nach ihrer Meinung zum Sicherstellungsauftrag befragt worden.
Rund 80 000 Ärzte und Psychotherapeuten haben sich an der Befragung beteiligt. Das Ergebnis fiel eindeutig aus: 76 Prozent sprachen sich dafür aus, den Sicherstellungsauftrag in den Händen der ärztlichen Selbstverwaltung zu belassen. Allerdings befürworten 66 Prozent dies nur, wenn sich die bestehenden Rahmenbedingungen entscheidend ändern. Das Meinungsbild der Mediziner zeigte sich insgesamt geschlossen, weder in den einzelnen Fachgruppen noch in den Regionen gab es nennenswerte Abweichungen in den Antworten.
Das Meinungsforschungsinstitut infas hatte die rund 150 000 niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten in Deutschland im Auftrag der KBV gefragt, ob und unter welchen Bedingungen sie die ambulante Versorgung künftig sicherstellen wollen und können. Mehr als die Hälfte beteiligte sich. Die Befragung lief von Ende November 2012 bis Anfang Januar 2013.
Anlass für die Befragung waren für die KBV die zunehmende Bürokratie und die Tatsache, dass sich die Krankenkassen in jüngster Zeit immer mehr in die diagnostische und therapeutische Freiheit des Arztes eingemischt hätten. Die zugespitzten öffentlichen Diskussionen um Fangprämien, IGeL, Korruption oder Wartezeiten stellten weitere Faktoren dar.
Feste Preise und Therapiefreiheit
Ende September hatte die Vertreterversammlung der KBV den Vorstand beauftragt, die Befragung durchzuführen. Die Delegierten hatten Eckpunkte formuliert, die aus Sicht der Ärzteschaft in den nächsten fünf Jahren erfüllt werden müssen, um die Sicherstellung weiterhin zu gewährleisten. Dazu gehören die Wiederherstellung der diagnostischen und therapeutischen Freiheit, feste und kostendeckende Preise für alle ärztlichen Leistungen oder die Abschaffung der Regresse für Arzneimittelverschreibungen.
Dass die Eckpunkte auf breite Zustimmung gestoßen seien, so Köhler vor den Presse-vertretern in Berlin, belege, dass die Marschrichtung der KBV kein Irrweg sei, man habe „einen Nerv getroffen“ und es zeige sich, dass die Basis ein hohes Interesse an der politischen Arbeit der KBV habe und mit- reden wolle.
Am wichtigsten ist laut Umfrageergebnis für die Mediziner die Forderung nach festen und kostendeckenden Preisen (siehe Tabelle – Angaben jeweils für „Stimme voll und ganz zu“, Spalten 5 und 4), also nach wirtschaftlicher Sicherheit. Für 93 Prozent ist dies die entscheidende Voraussetzung, um das Versorgungssystem überhaupt aufrechtzuerhalten. Form und Inhalt der ärztlichen Fortbildung sollten in den Händen der Selbstverwaltung bleiben und nicht den Kassen überlassen werden, sagen 93 Prozent. Unverzichtbar ist auch die Diagnose- und Therapiefreiheit (85 Prozent).
Die KBV sieht durch die jetzige Umfrage das Bild bestätigt, das auch schon frühere Befragungen wie etwa der Ärztemonitor zutage gebracht haben. So zeige sich erneut, dass die Mediziner ein hohes Arbeitsethos und Freude an ihrem Beruf hätten. Unzufriedenheit herrsche jedoch über die Rahmenbedingungen. Vor allem beklagten sie, dass sie zu wenig Zeit für ihre Patienten zur Verfügung hätten. Im Vergleich zum Ärzte- monitor, bei dem vor etwa einem halben Jahr 11 000 Niedergelassene befragt worden waren, habe sich dieser Punkt noch einmal verschlechtert. Statt 57 Prozent von damals sind es jetzt 67 Prozent (und bei den Ärzten sogar 72 Prozent), die den Patienten gerne mehr Zeit einräumen wollen. Ein weiteres großes Manko sei die fehlende wirtschaftliche Planbarkeit.
Köhler betonte, dass Ärzte und Psychotherapeuten ganz klar zu der Verantwortung stünden, die sie mit ihrem Beruf übernommen haben. Sie wollten diese auch weiterhin wahrnehmen. Allerdings sähen sie unter den herrschenden Bedingungen die große Gefahr, dies nicht weiter tun zu können.
Im Frühling wird die KBV eine Kampagne zur Steigerung der Attraktivität des Arztberufs starten. Köhler: „Dabei geht es nicht einseitig darum, mehr Geld zu fordern. Sondern es geht um die Würdigung, Anerkennung und Verbesserung der Arbeitsbedingungen der niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten. Es geht darum, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, was es bedeutet, heutzutage in Deutschland Vertragsarzt zu sein.“ pr