„Grande Dame“ unter den Fortbildungen
Im leicht verschneiten Braunlage feierten Mitglieder, Freunde und Gäste der Zahnärztekammer Niedersachsen die 60. Auflage des traditionsreichen Winterfortbildungskongresses. In diesem Jahr war er zeitgemäß überschrieben mit dem Titel: „Digitale Medien in der Zahnarztpraxis.“
Der Präsident der Zahnärztekammer Niedersachsen, Dr. Michael Sereny, hob auf die erfolgreiche Integration der elektronischen Datenverarbeitung in die Zahnmedizin ab. Sereny: „Ich möchte fast behaupten, dass die Zahnmedizin mit an der Spitze der Entwicklung steht.“ Gleichwohl müssten sich digitale Verfahren im Ergebnis als mindestens gleichwertig zu traditionellen Verfahren erweisen – gerade auch im Hinblick auf die entsprechenden Investitionen. Bei der Integration der digital unterstützen Herstellung von Zahnersatz in moderne Behandlungskonzepte seien Zahntechniker auf dem richtigen Weg. Eine Fehlentwicklung sei dagegen der Import von billigen Medizinprodukten aus dem Ausland.
„Der tägliche Umgang untereinander ist massivst erfolgsrelevant für ein Unternehmen“, lautete die These des Festredners Moritz Freiherr Knigge, einem Nachfahr des Schriftstellers und Aufklärers Freiherr Adolph Knigge. Die Reibungsverluste, die durch Konflikte entstehen, ließen sich monetär nur sehr schwer fassen. Unterm Strich sind sie laut Knigge aber immens. Der Kommunikationstrainer verwies auf Studien, wonach jeder vierte Angestellte in Deutschland so schlecht motiviert sei, dass er bewusst destruktiv handelt. Demnach koste der schlechte kollegiale Umgang deutsche Unternehmen jährlich 200 Milliarden Euro. Gleichzeitig wünschten sich 90 Prozent der Befragten mehr Höflichkeit.
Höflichkeit beinhalte das Selbstverständnis, dass man als Individuum in einem sozialen Raum agiert. Zudem handele ein höflicher Mensch verantwortungsvoll. Er halte sich an konsentierte Regeln und trete für diese ein. Ein höflicher Mensch versuche auch, sou-verän zu agieren und sich und anderen Menschen Unsicherheiten im gemeinsamen Umgang zuzugestehen. Knigge: „Gehen Sie über Fehlverhalten im kleinen Stil hinweg und seien Sie großzügig. Auch Ihnen wird von Ihrem Umfeld immer wieder verziehen.“ Ganz wichtig in der Kommunika- tion sei die Empathie. Knigge: „Menschen scheinen immer davon auszugehen, sie selbst machen alles richtig.“ Die Schwierigkeit sei, dass Sprache immer auch „einen Hort von Missverständnissen“ impliziert. Was der Absender sagt und was der Empfänger einer Nachricht versteht, könne diametral auseinandergehen. Sach- und Personenebene würden sich dabei grundsätzlich überlagern und ließen sich nicht trennen. Knigge: „Alles beeinflusst die Art und Weise, wie ich bereit bin, Dinge anzunehmen und wie ich Dinge wieder herausgebe.“ Wichtig sei hier, ein Gefühl für die eigene Verfassung zu entwickeln, um sich selbst besser reflektieren zu können. Menschen auf unhöfliches Verhalten anzusprechen, ist für Knigge eine Form der Zivilcourage.
In den Kursen und Vorträgen wurden neben CAD/CAM-Verfahren weitere digitale Techniken diskutiert. So etwa die digitale Volumentomografie und digitale Systeme zur Navigation der Implantologie, zur Erfassung von Kiefergelenkserkrankungen oder zur Planung von Zahnersatz. Tagungspräsident war erneut Prof. Dr. Thomas Attin (Zürich).sf
Info
Wo einst alles begann
Der Ursprung der damals einzigen zahnärztlichen Winterfortbildungsveranstaltung beruht auf einer Initiative des Goslarer Zahnarztes Dr. Werner Friese. Er organisierte 1953 die erste Veranstaltung im Wintersportort Hahnenklee im Oberharz. Im Kurhaus frischten seinerzeit 30 Kollegen ihr Fachwissen auf. Ab 1954 übernahm die Zahnärztekammer Niedersachsen die Federführung für den Kongress.