Image
Obwohl die Zahnärzteschaft nicht in die aktuelle Korruptionsdebatte involviert ist, wäre die präventive Befassung mit dem Image des Berufsstands gerade jetzt sinnvoll, meint Dr. Jutta Visarius, gesundheitspolitische Fachjournalistin, LetV Verlag.
Das Image der deutschen Ärzteschaft in der Öffentlichkeit ist durch die Skandale der letzten Monate angeschlagen. Die Reaktion der Standesvertreter ist vorwiegend defensiv und verweist auf einen, ihrem Verständnis nach, ausreichenden Mix aus im Berufsrecht schon bestehenden Überprüfungen und Sanktionen. Aus der Politik und in den Medien werden Forderungen nach staatlichen Überprüfungen und der Einführung von Strafrechtstatbeständen laut. Im Wahlkampf sind solche Forderungen oft populistisch motiviert, aber tatsächlich muss geprüft werden, ob zum Beispiel die Korruption bei niedergelassenen Ärzten gesetzlich strafbar sein sollte.
Welche Rolle, welches Image hat in diesem Zusammenhang die Zahnärzteschaft in der öffentlichen und in der veröffentlichten Meinung?
Entspannung ist angesagt, sie ist zunächst einmal außen vor, welche Rolle sollte sie auch zum Beispiel im Organspendeskandal oder bei der breit angelegten Vorteilsnahme Niedergelassener von Pharmaunternehmen spielen? Wofür sollten Zahnärzte Kopfprämien im großen Stil erhalten?
Die verfasste Zahnärzteschaft hält sich in diesen öffentlichen Diskussionen klug zurück. Offensichtlich sind Skandale wie Zahngold oder der Austausch deutschen Zahnersatzes durch chinesische Billigimporte zum gleichen Preis in Vergessenheit geraten. Warum sich in eine Diskussion einmischen, wenn gerade Gras über die Skandale der eigenen Klientel gewachsen ist?
Klug beraten wäre die Zahnärzteschaft allerdings, wenn sie still und leise sich in den eigenen Reihen umschaut und prüft, wo noch verborgene Sümpfe liegen könnten, und sie lautlos austrocknet, denn der nächste Skandal kommt so sicher wie der Abend nach dem Morgen.
Prävention ist immer besser als Kuration, und niemand war bisher in der Prävention so erfolgreich wie die Zahnärzteschaft, warum nicht auch in diesem, zugegebenermaßen unangenehmen Feld?
Die allgemeine Stimmung bietet der Zahnärzteschaft vielleicht auch Anlass, Überlegungen zu ihrem Image in der Bevölkerung anzustellen. Das mag vielleicht nicht das zentrale Problem der Zahnärzteschaft sein, aber in einer Kommunikations- und Mediengesellschaft wird das Image einer Berufsgruppe in der Öffentlichkeit immer wich- tiger. In früheren Zeiten war es einmal Ziel, die Zahnärzteschaft aus der „Dentisten-Ecke herauszuholen“ und sie als Ärzte, nur eben für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde im Bewusstsein der Bevölkerung zu etablieren. Das ist längst gelungen. Aber Zahnärzte sind eben nicht nur Fachärzte für Zahnheilkunde, sie arbeiten nach einer anderen Systematik als andere Fachärzte, haben eine völlig andere Honorarstruktur als andere Niedergelassene. Sie haben, nebenbei bemerkt, was die Honorarsystematik angeht, alles erreicht, von dem andere Niedergelassene nur träumen können, auch aufgrund der anderen Systematik, haben eigene Kammern und KZVen. Zahnärzte sind eben etwas ganz Besonderes in der Ärzteschaft, aber spiegelt sich dies in ihrem Image in der Bevölkerung wider?
Eher nein. Wie denkt die Bevölkerung über Zahnärzte und wie sehen sie sich selbst? Das sind relativ unbekannte Größen. Aber vor allem, welches Image wollen sich Zahnärzte geben? Helfer, Heiler, Tröster, wie es Jörg-Dietrich Hoppe, der verstorbene ehemalige Präsident der Bundesärztekammer, auf einem Ärztetag formulierte, riecht muffig und altbacken. Die Zahnmedizin ist hochtechnisiert, präventiv ausgerichtet, inzwischen auch in der präventiven Alterszahnmedizin aktiv, also das Gegenteil von altbacken und muffig. Dass Zahnärzte zu den bestverdienenden Medizinern gehören, dürfte als suffizientes Image nur für den Golfklub ausreichen. Sich mit dem eigenen Image auseinanderzusetzen, könnte zudem auch überraschende, neue Erkenntnisse bringen.
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