Konservierende Zahnmedizin

Mikroorganismen im kariösen Dentin verschwinden nach Füllungstherapie

Die Versiegelung von kariösem Dentin durch Legen einer Füllung führt nach einiger Zeit zu einer deutlichen Reduktion der Bakterienzahl.

Gemäß der traditionellen zahnmedizinischen Lehrmeinung ist die vollständige Entfernung kariöser Zahnhartsubstanz Voraussetzung dafür, eine Kavität definitiv verschließen zu können. Dieser Grundsatz beruht unter anderem auf der Annahme, dass ein Belassen von Karies zu einem Fortschreiten des kariösen Prozesses unterhalb der Restauration führen kann. In der aktuellen Literatur wird jedoch zunehmend die Frage diskutiert, ob eine vollständige Kariesexkavation grundsätzlich immer erzielt werden sollte und überhaupt sicher durchgeführt werden kann. So gibt es Hinweise darauf, dass ein bewusstes Belassen von Karies in tiefen Kavitäten, eine vertretbare Maßnahme zur Vitalerhaltung der Pulpa darstellt. Um die Bakterienlast kariogener Mikroorganismen in Kavitäten vor und nach dem Legen einer Füllung näher zu untersuchen, führten Forscher der Zahnklinik der staatlichen Universität Rio Grande do Sul (Brasilien) eine In-vivo-Studie durch.

An der Studie nahmen 87 Patienten im Alter zwischen zwölf und 50 Jahren teil. Bei den Patienten fanden sich insgesamt 90 Molaren, die eine kariöse Primärläsion mit einer Mindestausdehnung bis ins mittlere Dentindrittel aufwiesen. Keiner der kariösen Zähne wies spontane Schmerzen, Klopfempfindlichkeit oder röntgenologisch periapikale Veränderungen auf. Alle Zähne reagierten positiv auf den Sensibilitätstest mit Kälte. In Abhängigkeit von der weiteren Behandlung wurden die kariösen Läsionen auf zwei Versuchsgruppen verteilt.

Gruppe 1: konventionelle Kariesexkavation, bis das Dentin sondenhart war (n = 60 Läsionen)

Gruppe 2: unvollständige Kariesexkavation, Applikation von Kalziumhydroxid-Zement, temporärer Verschluss mit Zinkoxid-Eugenol-Zement, Wiedereröffnung der Kavität nach sechs Monaten mit definitiver Füllung (n = 32 Läsionen)

Bei allen Läsionen wurden initialmikrobiologische Proben aus dem kariösen Dentin gewonnen. In Gruppe 1 wurden zudem Proben unmittelbar nach der konventionellen Exkavation aus dem Dentin entnommen. In Gruppe 2 wurden weitere Proben nach Wiedereröffnung der Kavität nach sechs Monaten aus dem Dentin gewonnen. Die Proben wurden auf Aerobier, Anaerobier, Streptokokkus mutans und Laktobazillen quantitativ analysiert.

Bei beiden Gruppen war in den Dentinproben nach konventioneller Exkavation (Gruppe 1) beziehungsweise nach Wiedereröffnung der unvollständig exkavierten Kavitäten (Gruppe 2) eine signifikant geringere Anzahl von Bakterien zu finden als in den initialen Proben. Die Proben nach Wiedereröffnung aus Gruppe 2 wiesen eine signifikant geringere Anzahl an Anaerobiern, Aerobiern und Mutans-Streptokokken auf als die Proben nach konventioneller Exkavation aus Gruppe 1. Der Unterschied bei der Laktobazillenzahl war nicht signifikant.

In konventionell exkavierten Kavitäten sind mehr Bakterien im Dentin vorhanden als in unvollständig exkavierten Kavitäten nach einem Verschluss über sechs Monate. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass es aus infektiologischer Sicht nicht notwendig ist, kariöses Dentin vollständig zu entfernen. Unter diesem Aspekt scheint es vertretbar zu sein, in tiefen Läsionen Karies zu belassen und in der gleichen Sitzung die Kavität definitiv zu verschließen. Inwieweit die Applikation eines Kalziumhydroxid-Zements zur Elimination der Mikroorganismen beiträgt, konnte im Rahmen der Studie nicht geklärt werden.

Quelle: Maltz M, Henz SL,  de Oliveira EF, Jardim JJ:  Conventional caries removal and sealed caries in permanent teeth: A microbiological evaluation.  J Dent. 2012; 40: 776-782

Melden Sie sich hier zum zm-Newsletter des Magazins an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Heft-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm Online-Newsletter und zm starter-Newsletter.