Wenn Drohnen Medikamente liefern
Amazon will in nordamerikanischen Ballungszentren demnächst Pakete im Radius von wenigen Kilometern rund um ein Lieferzentrum mithilfe von Mini-Drohnen versenden. Der Mensch entfällt. Die Lieferzeit verkürzt sich. Solche Szenarien wurden auf einer Konferenz in der Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin diskutiert. Internet-Akteure, Vertreter der Internetwirtschaft, der Politik, der Wissenschaft und nicht zuletzt die Nutzer nahmen daran teil – mit zwiespältigen Gefühlen.
Der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und Neue Medien e.V. (BITKOM) und die Heinrich-Böll-Stiftung e.V. veranstalten am 22. November 2013 die Konferenz „Omnipräsenz – Leben in der vernetzten Welt?“.
Im Hintergrund stand die These, dass die Digitalisierung den Alltag heute in bisher nie gekanntem Ausmaß beeinflusst. Sie verkürzt Prozesse, beschleunigt den Austausch und überwindet nicht nur räumliche Grenzen, sondern eröffnet auch die Chance für Transparenz und Partizipation.
Die technischen Neuerungen ermöglichen eine schnelle und umfassende Informationsbeschaffung, permanente direkte Kommunikation zwischen Nutzergruppen, zwischen ihnen und Geräten oder auch zwischen Geräten selbst. Ihre Omnipräsenz beeinflusst somit nicht nur das unmittelbare Handeln, sondern indirekt auch die Lebens- und Arbeitsbedingungen und Fortschrittspotenziale. Das spürt auch das Gesundheitswesen. Stichworte wie die „Telemedizin“ und „Telematikinfrastruktur“ sind längst geläufige Beispiele.
Die modernen Sklaven
Bei allem technischem Fortschritt müsse es der Mensch sein – mit all seinen Stärken und Schwächen –, der stets die letzte Kontrolle über die Entwicklungen behält, so der Tenor der Tagung. Als „moderne Sklaven“ bezeichnete dann auch Prof. Sarah Spiekermann von der Wirtschaftsuniversität Wien in ihrer Keynote Erfindungen wie die Mini-Drohnen. Diese würden in den USA schon kurzfristig vielfältigen Einsatz finden, zeigte sie sich überzeugt. Ein Trend der digitalisierten Gesellschaft sei die Symbiose von virtueller und realer Welt, wobei die virtuelle Welt auf die reale „aufgelegt“ wird, Spiekermann spricht von „digital overlay“. Trend zwei sei die „Umschließung“ der realen Welt (Envelopement) durch die digitale Welt, etwa mithilfe von Drohnen. Trend drei sei das „Empowerment“, gemeint als Übertragung von Verantwortung zum Beispiel an Textilien oder, für die Medizin von besonderem Interesse, an den IBM Watson. Der Superrechner kann sprechen und wird in den USA als Finanzberater, Fremdenführer oder zur Unterstützung bei der Diagnose sowie der Behandlung von Patienten verwendet, indem er blitzschnell unzählige Studiendaten vergleicht und dem Arzt zur Verfügung stellt.
Und Trend vier sei die Schöpfung einer neuen Rasse – der Roboter. Bei Firmen wie der Bayerischen Motoren Werke AG arbeiten bereits Roboter und Mechaniker Hand in Hand. Inwieweit ist das auch für die Dentalindustrie denkbar?
Den Blick in Richtung Politik gerichtet, forderte Spiekermann eine Gesetzesgrundlage für eine „Default Einstellung“, die mensch-liches Eingreifen in maschinelles Handeln priorisiere. Die Technik müsse gehorchen.
Die digitalen Möglichkeiten in der Wissenschaftslandschaft würden in der BRD nicht ausgeschöpft, so der Tenor der Tagung. Zu gering sei der Wille zur digitalen Kooperation zwischen den einzelnen Rektoren und zu sehr sei der Schwerpunkt des Personals auf die Forschung, statt auf die Lehre gelegt.
Wie stark der Druck der Digitalisierung ist, wird sich zeigen. Die USA schreiten voran.