Ein wichtiger Schritt
Die Mundgesundheit amerikanischer Minderjähriger ist schlecht. Schon die Jüngsten sind betroffen: Über ein Viertel der fünfjährigen Schulanfänger hat Karies, berichtet die Gesundheitsbehörde (Centers for Disease Control and Prevention). Bei Teenagern nimmt das Problem epidemische Proportionen an: Fast 68 Prozent der 16- bis 19-Jährigen weisen Karies auf.
Die Ursachen für die Misere sind vielfältig: Ungesunde Ernährung und ungenügende Zahnpflege zum einen, aber auch ein mangelhafter Zugang zu präventiver Versorgung sind die Hauptgründe.
Auf Regierungsebene ist man sich des Problems bewusst: Zumindest in den öffentlichen Krankenversicherungsprogrammen für niedrigverdienende Familien (Medicaid und CHIP (Children’s Health Insurance Program)) steht Kindern schon seit einigen Jahren die notwendige Zahnvorsorge und -behandlung zu.
Auf dem privaten Versicherungsmarkt ergibt sich ein ganz anderes Bild: Nur 26 Prozent der amerikanischen Kleinunternehmen (mit unter 50 Angestellten) bieten ihren Mitarbeitern überhaupt eine Zahnversicherung an. Eine solche Versicherung kommt zwar in der Regel für prophylaktische Maßnahmen auf, verlangt aber typischerweise eine Zuzahlung von bis zu 50 Prozent für restaurative Maßnahmen. Fast alle Zahnversicherungen verhängen zudem jährliche Leistungsgrenzen (1 500 Dollar sind üblich).
Umfassende Versorgung für Minderjährige
Hier bringt die unter Präsident Obama verabschiedete Gesundheitsreform jetzt wesentliche Zugangsverbesserungen: Ab 2014 müssen alle privaten Versicherungen, die neu an Einzelpersonen und Kleinunternehmen vermarktet werden, eine umfassende Zahnversorgung für Minderjährige enthalten. Eine „vertretbare” Zuzahlung ist zwar weiterhin erlaubt, nicht aber Auszahlungs- beziehungsweise Leistungsgrenzen.
Ein großes Fragezeichen ist bislang noch, ob Zahnversicherungen künftig auch für medizinisch notwendige Zahnspangen aufkommen müssen. Eine kieferorthopädische Behandlung kostet in den USA durchschnittlich rund 6 500 Dollar. In den meisten Fällen zahlen die Familien den Löwenanteil: Versicherungen zahlen in der Regel bis zu 50 Prozent, aber insgesamt nicht mehr als 1 000 bis 1 500 Dollar – ein Bruchteil der typischerweise in Rechnung gestellten Kosten.
Hier sind die Reformer in einem Dilemma: Werden kieferorthopädische Maßnahmen in den Leistungspflichtkatalog mit aufgenommen, steigen unweigerlich die Versicherungsbeiträge – ein Umstand, auf den insbesondere budgetbewusste Familien und kleine Arbeitgeber empfindlich reagieren.
Eine andere Herausforderung für die Reformer ergibt sich im Bereich der öffentlichen Versicherungsprogramme. Unter dem Reformgesetz sollen rund 17 Millionen Amerikaner neu in die Armenversicherung Medicaid aufgenommen werden. Zwar steht ihren Kindern dann, wie gesagt, eine umfassende Dentalversorgung zu. Doch schon heute nehmen längst nicht alle Medicaid-Empfänger dieses Recht in Anspruch. Zum einen mangelt es an Zahnärzten, die bereit sind, Medicaid-Versicherte in ihren Patientenstamm aufzunehmen. Zum anderen erschweren Transportprobleme zu den Praxen oder Sprachbarrieren für Immigranten den Zugang. Strömen Millionen zusätzlicher Versicherter in das Programm, dürften sich diese Probleme verschärfen – es sei denn, es werden Wege gefunden, Zugangsbarrieren aus dem Weg zu räumen.
Solche und andere Herausforderungen im Rahmen der Reformumsetzung dürfen aber über eines nicht hinwegtäuschen: Es ist ein wichtiger Schritt, dass die pädiatrische Dentalversorgung endlich zum integralen Bestandteil der amerikanischen Gesundheitsversorgung wird.
Claudia Pieper180 Chimacum Creek Dr.Port Hadlock, WA 98339