Der besondere Fall

Großes Lipom im Mundbodenbereich

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Bei einem Patienten mit einer Schwellung im Mundbodenbereich ergab sich ein interessanter und seltener Zufallsbefund. Das lässt den Auftrag an jeden Zahnarzt zu, bei einer Schwellung im Mundbodenbereich nicht nur an eine Ranula zu denken, sondern auch andere, seltenere Veränderungen genauer zu betrachten.

Helmut Samson

Der Patient stellte sich mit einer Überweisung seines Zahnarztes bezüglich einer klinisch eindrucksvollen Schwellung im Bereich des rechten Mundbodens in der Mund-Kiefer-Gesichts-Chirurgischen Ambulanz vor.

Der allgemeinanamnestisch gesunde 49- jährige Patient gab keine Schmerzen an. Zahnmedizinisch war keine vorherige Behandlung erfolgt, ein Trauma wurde verneint.

Der Verlauf wurde prä-, intra- und post- operativ fotodokumentiert.

Bei der klinischen Untersuchung zeigte sich von extraoral ein unauffälliger Befund (Abbildung 4).

Intraoral zeigte sich bei dem konservierend versorgten Erwachsenengebiss eine reizlose Mundschleimhaut. Auffallend war eine weiche Schwellung im rechten Mundbodenbereich, die nicht fixiert war (Abbildungen 2 und 3). Der Patient hatte keine Schmerzen, aber die Schwellung habe merklich an Größe zugenommen, so dass es zur ästhetischen Beeinträchtigung gekommen sei. Deswegen suche er nun Hilfe.

Es gab keine funktionellen Einschränkungen, ebenso keine motorischen oder sensiblen Auffälligkeiten. Enoral war die Raumforderung von einer unauffälligen Mukosa bedeckt. Eine magnetresonanztomografische Untersuchung zeigte nochmals die Lage der kugeligen, scharf umschriebenen, hyperintensen Raumforderung (Abbildung 1).

In Allgemeinanästhesie erfolgte die Entfernung der Raumforderung (Abbildung 5) über einen enoralen Zugang, nachdem der Stenongang zuvor identifiziert und im Folgenden geschont wurde. Die Raumforderung lag unmittelbar unterhalb der Mukosa und wurde nach außen von Muskel bedeckt.

Die entfernte Raumforderung wurde gemessen und fotodokumentiert (Abbildung 6). Postoperativ kam es zu keinen Komplikationen, der Patient ist beschwerdefrei.

Diskussion

Das intraorale Lipom ist ein benigner, langsam wachsender, schmerzfreier Weichgewebstumor, der mit zunehmender Größe dem Patienten auch ästhetische und/oder funktionelle Probleme bereiten kann. Lipome können in allen Regionen des Körpers vorkommen, wobei die Mundhöhle eher selten beteiligt ist. Klinisch imponiert der Tumor häufig exophytisch wachsend, weichelastisch, breit-basig gestielt und schleimhautfarben bis gelblich. Lokalisationen in der Tiefe des Gewebes sind auch möglich. Abhängig von der Lokalisation des Tumors kann die Diagnostik/Therapie eine Herausforderung darstellen.

Lipome der Mundhöhle sind weiche Tumore, die mit einer glatten Schleimhaut bedeckt sind und vorwiegend im Bereich der Wange auftreten. Lipome des Mundbodens werden in der Literatur beschrieben, jedoch nach unserer Recherche nicht in diesem Ausmaß. Eine Abgrenzung zu malignen Neoplasien des Fettgewebes und anderen Raumforderungen des Weichgewebes ist also unbedingt erforderlich.

Grundsätzlich kann die Frage gestellt werden, ob die Entfernung von Lipomen bei gesicherter Diagnose indiziert ist. Obwohl sich das Lipom durch ein schmerzfreies, langsames, autonomes Wachstum auszeichnet, kann es langfristig zu Folgeerscheinungen kommen, die eine Entfernung unumgänglich machen.

Zu nennen sind primär durch die Größenzunahme bedingte mechanisch-traumatische Ulzerationen der bedeckenden Mukosa, Gefäß- und/oder Nervkompressionen und Deformationen beziehungsweise Gesichtsasymmetrien, die die Ästhetik beeinträchtigen [Del Castillo Pardo de Vera et al., 2004].

Im vorliegenden Fall lag ein Lipom im Bereich des Mundbodens vor. Hier ist bezüglich der Häufigkeit zunächst an ein pleomorphes Adenom zu denken, aber aufgrund des relativ häufigen Vorkommens von malignen Speicheldrüsentumoren eben auch an diese. Der Umstand des durch den Patienten berichteten, akuten Größenprogresses hätte einen Hinweis geben können auf einen malignen Prozess, der glücklicherweise nicht vorlag.

Fazit

Im klinischen Alltag der Zahnärzte stellen besondere Befunde tägliche Herausforderungen dar, die stets einer kritischen Betrachtung unterliegen müssen, insbesondere im Hinblick darauf, dass sich hinter auf den ersten Blick pathologisch erscheinenden Strukturen auch anatomische Varianten verbergen können.

Dieser Fall zeigt deutlich, wie wichtig in der Zahnheilkunde das Zusammenspiel von Anamnese, klinischer Untersuchung und radiologischer Diagnostik ist, bei ent- sprechender Indikation unterstützt durch moderne dreidimensionale Methoden wie die Digitale Volumentomografie (DVT) oder die Computertomografie (CT).

Dr. Dr. Helmut SamsonKlinik für MKG Chirurgie der St. Olavs Universität in Trondheim/Norwegen

hsamson@web.de

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