Gastkommentar

Das Mandat gestalten

Um im Wahlkampfjahr 2013 weitere Radikalübergriffe gegen die zahn-/-ärztliche Selbstverwaltung zu verhindern, müssen Ärzte wie Zahnärzte mit eigenen Verbesserungsvorschlägen aufwarten, meint Thomas Grünert, Chefredakteur von Vincentz Network, Berlin.

„Das neue Jahr hat so lange ein weiße Weste, bis man sie anzieht“, resümierte einst Hans Fallada. Dass 2013 gesundheitspolitisch nicht lange „unbefleckt“ blieb, war zu erwarten. Zu unterschiedlich sind die Ansichten, wie es mit dem Gesundheitswesen weitergehen soll, zu emotional aufgepuscht wohl auch die Positionen mancher Akteure. So holte der Vorsitzende des AOK-Bundesverbands, Jürgen Graalmann, als Neujahrsgabe an die Ärzteschaft gleich die Keule hervor, indem er niedergelassene Mediziner pauschal unter Korruptionsverdacht stellte und politische Maßnahmen forderte. Der GKV-Spitzenverband assistierte brav mit einem eigenen Gesetzesvorschlag, der bis zu drei Jahre Haft vorsieht. Vorbei mit weißer Weste – die Schlammschlacht 2013 hat früh begonnen. Und dass sich die Politiker aller Couleur gleich dort hineinziehen lassen, ist wohl dem Wahljahr geschuldet.

Bei dem Auftakt darf man möglicherweise vernünftige Schritte, die einer Verbesserung der Versorgung dienen, in 2013 eher nicht erwarten. Die wilde Attacke der gesetzlichen Kassen gegen die Leistungserbringer des Gesundheitssystems, allen voran gegen die Mediziner, wird offenbar mit giftiger Intensität fortgesetzt. Dass man trotz klarer Entscheidung des Bundesgerichtshofs und anschließend eindeutig klarstellenden Stellungnahmen der ärztlichen und zahnärztlichen Selbstverwaltung gegen jegliche Korruption das Thema immer wieder aufwärmt, zielt in erster Linie gegen die Freiberuflichkeit von Ärzten und Zahnärzten. Diese ist manchen Kassen-Funktionären bei ihren Fantasien zur Steuerung der künftigen Gesundheitsversorgung deutlich ein Dorn im Auge. Dass sie damit an die Grundfesten der ärztlichen Berufs-ausübung stoßen, liegt erkennbar in der Absicht der selbsternannten Mahner. Sie würden die Zukunft der gemeinsamen Selbstverwaltung nur allzu gerne in ein Diktat von ihren Gnaden sehen.

Wie soll man als Arzt und Zahnarzt nun mit diesen Attacken umgehen? Klar ist, dass diese hauptsächlich darauf zielen, das Vertrauensverhältnis zwischen Medizinern und Patienten zu zerstören. Doch eben dieses Vertrauensverhältnis ist Kapital und Auftrag gleichzeitig. Anstatt sich auf Auseinandersetzungen untersten Niveaus einzulassen, sollte die verfasste Ärzteschaft sich 2013 energisch mit der Zukunft der Versorgung auseinandersetzen. Das heißt eigene Versorgungwege vorschlagen, nicht auf Ideen aus Politik oder gar aus der Kassenlandschaft warten und diese mit Nachdruck verfolgen. Dass dabei in vielen Bereichen auch neue Wege zu beschreiten sind, ist unbestreitbar. Freiberuflichkeit ist weniger denn je als Einzelkämpfer-Dasein zu verstehen. Vernetzung, Kooperationen, neue Versorgungsgemeinschaften sind das Thema der Zukunft. Dass hierin kein Widerspruch zu den Prinzipien der Freiberuflichkeit entsteht, kann nur dadurch gewährleistet werden, dass Ärzte und Zahnärzte die Gestaltung offensiv in die Hand nehmen.

Gerade das Wahlkampfjahr kann genutzt werden, die Politiker zu bewegen, ihre Lippenbekenntnisse ernst zu nehmen und nicht vermeintlich populistischen Pauschal-attacken gegen Ärzte zu folgen. Ungeachtet der Diskussion um eine Bürgerversicherung liegt es vor allem bei den Medizinern, im Schulterschluss mit den Patienten die besten – nicht die sparsamsten – Versorgungswege in die Diskussion zu führen und den Grundklang der Diskussionen um eine Gesundheitsversorgung von einer Spar- zur Versorgungspolitik umzustimmen. Das ist – zugegeben – keine einfache Aufgabe. Aber die Gestaltungmacht, so lehrt die Geschichte, liegt meist bei denen, die das Vertrauen der Bürger haben. Noch haben dieses Deutschlands Ärzte und Zahnärzte weitaus mehr als Kassen und deren Funktionäre. Und die Politik tut not, es sich im Wahljahr zu verdienen. Ärzte und Zahnärzte haben hingegen bereits jetzt ein Mandat, die Gesundheitsversorgung federführend zu gestalten.

Gastkommentare entsprechen nicht immer der Ansicht der Herausgeber

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