US-Forscher untersuchen mysteriöse Hirnentzündungen
Erstmals beschrieben wurde die Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis im Jahr 2007 durch den Neuro- logen Dr. Josep Dalmau aus Philadelphia. Es handelt sich um eine Autoimmunerkrankung, bei der der Organismus Antikörper gegen die vor allem im Gehirn lokalisierten NMDA-Rezeptoren bildet, was eine Enzephalitis zur Folge hat. Die Forscher an der Universität Pennsylvania in Philadelphia haben im Rahmen einer Kohortenstudie mittlerweile 565 Krankheitsfälle nachverfolgt und die Ergebnisse beim 64. Kongress der American Academy of Neurology (AAN), dem weltgrößten Neurologenkongress kürzlich in New Orleans vorgestellt.
„82 Prozent der Patienten, die an der Antikörper-vermittelten Enzephalitis erkranken, sind weiblich, meist handelt es sich um junge Frauen“, berichtete dort Prof. Dr. Maarten Titulaer. Das mittlere Erkrankungsalter liegt den aktuellen Erhebungen zufolge bei 21 Jahren. 36 Prozent der Patienten waren dabei jünger als 18 Jahre, nur vier Prozent älter als 45 Jahre.
Bei 42 Prozent der Patienten lag zugleich ein Tumor vor, in mehr als 90 Prozent der Fälle ein sogenanntes Teratom, fast immer eine gutartige Wucherung im Eierstock. Inwieweit dies mit der Erkrankung assoziiert ist, ist noch Gegenstand der Forschung.
Typische Symptome der Erkrankung sind Verhaltensauffälligkeiten, psychische Ver-änderungen, Bewegungsstörungen und auch kognitive Probleme, insbesondere Gedächtnisstörungen. In schweren Fällen kommt es zu unkontrollierten Bewegun- gen der Arme und der Beine, zu krampfartigen Zuckungen, Dyskinesien, Lähmungs-erscheinungen und Bewusstseinstrübungen.
Ferner können Sprachprobleme auftreten, wobei es sich meist zunächst um Wort- findungsstörungen handelt, die sich jedoch bis hin zum Verlust der Sprachfähigkeit entwickeln können.
Langwieriger Krankheitsverlauf
Die Symptome erklären sich direkt durch den Krankheitsmechanismus. Denn bei NMDA, also N-Methyl-D-Aspartat, bekannter als Glutamat, handelt es sich um einen Neurotransmitter, der die Erregungsleitung im synaptischen Spalt maßgeblich steuert. Wird der NMDA-Rezeptor durch Antikörper blockiert, so sind Reizleitungs-störungen die Folge. Welche Symptome konkret auftreten, ist nicht zuletzt vom Manifestationsalter bei der Er-krankung abhängig, wie die US-Forscher in New Orleans mitteilten: Tritt die Erkrankung vor dem zwölften Lebensjahr auf, so stehen typischerweise Verhaltensauffälligkeiten und Bewegungs-störungen im Vordergrund, und es kommt oft auch zu epileptischen Anfällen. Manifestiert sich die Autoimmunerkrankung nach dem zwölften Lebensjahr, macht sie sich eher durch Gedächtnisprobleme, Sprachstörungen, Dyskinesien und psychiatrische Symptome bemerkbar.
Die Anti-NMDA-Enzephalitis kann dabei sehr schwer und eventuell sogar letal verlaufen. Es handelt sich fast immer um eine langwierige Erkrankung, die möglicherweise sogar bleibende neurologische Schäden verursacht. Wichtig ist eine frühzeitige Diagnose und Therapie. Wird rasch reagiert und sofort, also bereits in den ersten vier Wochen, eine Immun-therapie mit der Gabe von Steroiden und Immunglobulinen sowie einer Plasmapherese eingeleitet, sind die Erfolgsaussichten laut Titulaer gut: „Bei 61 Prozent der Patienten ist eine erhebliche Besserung oder sogar die völlige Genesung zu verzeichnen.“ Allerdings dauert dies im Mittel acht Monate. Bei 77 Prozent der Patienten stellt sich im Verlauf von 24 Monaten ein guter Therapieerfolg ein. Doch bei sieben Prozent der Erkrankten verläuft die Enzephalitis letal.
Christine VetterMerkenicher Str. 22450735 Kölninfo@christine-vetter.de