Kreative Konzepte
Es ist nicht immer ganz einfach, Interessen und Belange ganz verschiedener Nationen zu orten und zu bündeln, auch bei Themen des zahnärztlichen Berufsstands. Dass internationale Konsensarbeit auf vielen Schultern liegt und dass trotz unterschiedlichster Voraussetzungen ergebnisorientiert diskutiert wird, zeigte sich auf der Vollversammlung der ERO in Potsdam. Hier trafen Vertreter der EU-Mitgliedstaaten und aus Staaten Mittel- und Osteuropas zusammen.
Deutschland war diesmal Gastgeberland der Vollversammlung, BZÄK-Präsident Dr. Peter Engel, der gleichzeitig ERO-Delegierter ist, leitete die Tagung ein. BZÄK-Vorstandsmitglied Dr. Michael Frank, Schatzmeister der ERO, machte mit seinem Überblick über das deutsche Gesundheitswesen auf einige Besonderheiten des Systems aufmerksam, etwa auf die freiberufliche Selbstverwaltung mit Kammern und KZVen oder auf die Rollen von privater und gesetzlicher Krankenversicherung – Aspekte, die manchem ERO-Delegierten sehr fremd erscheinen dürften.
Die ERO ist politischer geworden
Der scheidende ERO-Präsident Dr. Gerhard Seeberger, Italien, zog ein Resümee der politischen Arbeit der Organisation im vergangenen Jahr. Die ERO sei mittlerweile als non-governmental organization (NGO) in Genf registriert.
Sehr deutlich zeichne sich in den ERO-Mitgliedstaaten ab, dass die europäische Wirtschaftskrise Einfluss auf das Gesundheitswesen hat, auch in der Zahnmedizin. Insgesamt, so bilanzierte er, sei die ERO politischer geworden und zeige sich mit verantwortlich, dem Krisenzustand entgegenzuwirken.
Der neue Präsident Dr. Phillippe Rusca, Schweiz, unterstrich, dass sich die Arbeitsergebnisse der ERO vor allem durch Teamarbeit auszeichneten, was sich in den Ergebnissen der ERO-Arbeitsgruppen spiegele. Insgesamt sind derzeit acht Arbeitsgruppen mit verschiedenen Themenstellungen beauftragt, die in intensiven Abstimmungsprozessen die inhaltlichen Positionierungen der Organisation vorbereiten.
Kritik an der „Vision 2020“ der FDI
In der Gruppe „Freie zahnärztliche Berufsausübung“ hat sich vor allem die deutsche Delegation intensiv eingebracht. Hintergrund des Arbeitsauftrags war eine zuvor ausgetragene kontroverse Diskussion um das Konzept „Vision 2020“, das anlässlich des FDI-Weltzahnärztekongresses 2012 auf der Generalversammlung in Hongkong verabschiedet wurde (die zm berichteten). Gerade die europäischen Vertreter hatten kritisiert, dass die Aussagen in dem Papier nicht für alle Länder der Erde gleichermaßen zutreffen würden und dass europäische Belange nicht genügend berücksichtigt worden seien. Vor allem befürchten sie, dass der in ihren Ländern geltende hohe Standard der zahnärztlichen Versorgung und Ausbildung sowie die Freiberuflichkeit des Berufsstands in Gefahr geraten.
Die ERO-Arbeitsgruppe (unter Federführung von Präsident Rusca sowie den deutschen Delegierten Frank, ZA Ralf Wagner, KZBV, und Dr. Ernst Otterbach, FVDZ) hatte die „Vision 2020“ analysiert und trug den Entwurf für ein Positionspapier vor. In der Diskussion war sich das Plenum einig, dass es keine Diversifizierung des Berufsstands geben soll, dass die Therapiefreiheit gewährleistet und das Arzt-Patienten-Verhältnis bewahrt werden sollen. Die Grundsätze von Delegation und Substitution sollen eingehalten werden. Vor allem soll Ökonomisierungstendenzen entgegengewirkt werden. Einigkeit bestand darin, dass man für das FDI-Papier „Vision 2020“ einen eigenen Anhang erarbeiten will, der die europäische Sichtweise verdeutlicht. Weitere Ergebnisse sollen in der nächsten Sitzung beim FDI-Kongress im August in Istanbul diskutiert werden.
In der Arbeitsgruppe „Integration“ (an der auch der KZBV-Vorsitzende Dr. Jürgen Fedderwitz mitwirkte) geht es um die Einbeziehung weiterer östlicher Mitgliedsländer in die ERO, aber auch um das Zusammenwirken von Zahnärzten in der Praxis und in Universitäten. Das Plädoyer hier: Zahnärztliche Organisationen sollten in gesundheitspolitische Prozesse ihrer Länder mit einbezogen werden.
Die Arbeitsgruppe „Qualität“ arbeitet derzeit an einer Bestandsaufnahme zu qualitätssichernden Maßnahmen in Berufsstand der jeweiligen Länder. Von den deutschen Delegierten kam das Plädoyer, dass der zahnärztliche Berufsstand hier selbst aktiv werden müsse. Professionsfremde dürften den Zahnärzten nicht vorschreiben, wie er seine Leistungen erbringen und seine Praxis führen soll. Ein wichtiges Kriterium dabei sei die voraussetzungsorientierte Qualitäts-sicherung.
Ein neues Berufsbild für das Praxispersonal
Die Arbeitsgruppe „Dental Team“ der ERO (unter Mitwirkung von Wagner und Frank) hatte die zweite Stufe (nach der Dental Chairside Assistent = entspricht unserer ZFA) eines strukturierten und berufsbegleitenden Weiterqualifizierungskonzepts für Praxismitarbeiter ausgearbeitet. Es handelt sich um das Berufsbild einer „Dental Prevention Assitent“, vergleichbar unserer ZMP.
Wichtig war vor allem den deutschen Teilnehmern der Arbeitsgruppe festzuhalten, dass es sich dabei immer um eine Tätigkeit der Mitarbeiterinnen handelt, die nur unter Aufsicht und Verantwortung eines Zahn- arztes erbracht werden kann. Das ist eng angelehnt an die Vorgabe des bereits von der ERO verabschiedeten Grundsatzpapiers „Delegation yes – Substituion no“.
Für das Qualifikationsprofil hat die Arbeitsgruppe einen ausführlichen Rahmenkatalog erarbeitet. Die Ergebnisse der AG wurden vom Plenum positiv aufgenommen. Die Mehrheit will sich in ihren Ländern dafür einsetzen, das neue Berufsbild zu verankern.
Info
ERO
Die ERO umfasst zahnärztliche Verbände aus 38 Ländern der WHO-Region Europa und ist die europäische Unterabteilung des Weltzahnärzteverbands. Sitz der Organisation ist Genf. Mehr unterhttp://www.erodental.org.