Zehn Jahre Gemeinsamer Bundesausschuss

Einer für alle

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) feierte am 14. Januar sein zehnjähriges Bestehen. Was sind die Aufgaben dieses Gremiums der Selbstverwaltung, das im Gesundheitswesen eine immer größere Rolle spielt? Ein Blick auf Funktion, Bedeutung – und die Auswirkungen auf die Zahnärzteschaft.

„Die Aufgaben des Gemeinsamen Bundesausschusses werden weiter wachsen“, prognostizierte Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe bei seinem ersten Auftritt im neuen Amt auf dem Festakt zum Jubiläum des G-BA und verwies auf den schwarz-roten Koalitionsvertrag. Selbstverwaltung sei ein modernes und zukunftsweisendes Prinzip, das er voll und ganz bejahe, so Gröhe weiter. Die Themenvielfalt des G-BA reiche von besserer psychotherapeutischer Versorgung, strukturierten Behandlungsangeboten für kranke Menschen bis hin zu noch mehr messbarer Qualität in der ambulanten und in der stationären Versorgung und einem neuen Innovationsfonds. Gröhe will außerdem den Behandlungserfolg stärker zum Maßstab machen und dafür zügig ein neues Qualitätsinstitut gründen, so wurde in Presseberichten am Rande der Veranstaltung bekannt.

Auch Josef Hecken, unparteiischer Vorsitzender des G-BA, unterstrich beim Festakt die Verantwortung für die Patienten als Schlüsselbegriff für die zentrale Aufgabenstellung des G-BA. Im Fokus der Entscheidungen stehe immer die Frage, ob ein neues Arzneimittel geeignet sei, die medizinische Versorgung im Vergleich zum Status quo zu verbessern.

Bescheidene Wurzeln

Der heutige G-BA mit einem Plenum, neun Unterausschüssen, rund 100 Arbeitsgruppen und rund 120 Mit- arbeitern in der Geschäftsstelle in der Berliner Wegelystraße hat einmal ganz klein angefangen. So gab es schon seit 1955 Bundesausschüsse. Der Bundesausschuss Zahnärzte und Krankenkassen hatte bereits 1963 eine Richtlinie für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche kassenzahnärztliche Versorgung erlassen. Bis 2004 existierten fünf Bundesausschüsse als Gremien der Selbstverwaltung: ein Ausschuss für Ärzte und Krankenkassen, einer für Zahnärzte und Krankenkassen, einer für das Krankenhaus, einer für die Psychotherapie und ein fünfter, übergeordneter Ausschuss zur Koordination. Jeder Sektor hatte seine Belange selbst geregelt.

Mit dem GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) wurde 2004 der G-BA als sektorenübergreifendes Gremium aufgestellt: „Einer für alle“ titulierte der G-BA damals in einer Pressemitteilung. Den ehrenamtlichen, unparteiischen Vorsitz übernahm Dr. Rainer Hess, ehemaliger Hauptgeschäftsführer der KBV. Der neu gegründete G-BA wurde von der KBV, der KZBV, der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), den Spitzenverbänden der Krankenkassen, der Bundesknappschaft und den Verbänden der Ersatzkassen gebildet. Er bestand aus insgesamt 21 Mitgliedern, davon je neun vonseiten der Krankenkassen und der sogenannten Leistungserbringer sowie drei unparteiische Mitglieder. Patientenvertreter waren erstmals vertreten, sie hatten ein Antrags- und ein Mitberatungsrecht, aber kein Stimmrecht. Die übergreifende Bedeutung des neuen Gremiums war unter der Ägide der damaligen Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt politisch gewollt: Ziel war, Verknüpfungen zwischen den Sektoren zu schaffen, was sich auch in der Selbstverwaltung widerspiegeln sollte.

Neue Struktur

Mit dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (GKV-WSG) vom Juli 2008 erhielt der G-BA eine neue Struktur. Der Vorsitz (bis 2012 immer noch unter Hess) ist seitdem hauptamtlich. Entscheidungen über den Leistungskatalog wurden bis 2012 in einem einzigen sektorenübergreifend besetzten Beschlussgremium getroffen. Alle Träger des G-BA sind dort vertreten. Die sogenannten Leistungserbringer sind durch je zwei Vertreter der KBV und der DKG sowie durch einen Vertreter der KZBV repräsentiert. Aufseiten der Krankenkassen sind fünf Vertreter des GKV-Spitzenverbands in dem Gremium. Der Unterschied zu vorher: Sämtliche Entscheidungen des G-BA werden in dieser Besetzung getroffen, unabhängig davon, ob es sich um vertragsärztliche, vertragszahnärztliche, psychotherapeutische, stationäre Versorgungsaspekte oder Aspekte der Qualitätssicherung handelt. Fünf nicht stimmberechtigte Patientenvertreter sind an den Beratungen beteiligt. Die Sitzungen sind öffentlich. Seit dem 1.2.2012 gibt es wiederum eine Änderung: Bei wesentlicher Betroffenheit des Themas werden die Stimmrechte wieder auf die einzelnen Leistungserbringer übertragen.

Die im G-BA beschlossenen Richtlinien haben den Charakter untergesetzlicher Normen. Sie sind für alle Akteure der Gesetzlichen Krankenversicherung – also Ärzte, Zahnärzte, Krankenhäuser, Psychotherapeuten, Krankenkassen, pharmazeutische Unternehmen und auch Patienten und Versicherte – rechtlich bindend.

Verbunden mit der größer werdenden Bedeutung des G-BA erfolgte der Umzug der Geschäftsstelle von Siegburg in die Hauptstadt nach Berlin, wo Ende 2009 ein eigenes, neu gebautes Verwaltungsgebäude bezogen wurde. Im Juli 2012 begann die dritte Amtsperiode des G-BA: Dr. Josef Hecken folgte Hess als unparteiischer Vorsitzender, die beiden weiteren unparteiischen Mitglieder sind Dr. Harald Deisler und Dr. Regina Klakow-Frank.

Zahnärzte stellen sich auf

Die wachsende Bedeutung des G-BA hat auch Auswirkungen für die Zahnärzteschaft. Bis 2008 gab es im G-BA noch getrennte Beschlussgremien, nur wenn es um gemeinsame ambulante oder stationäre Themen ging, wurde auch gemeinsam abgestimmt. Die KZBV hatte die Geschäftsführung bis dahin selbst in ihrer Vertragsabteilung geregelt. Seit Einführung des einheitlichen Beschlussgremiums wurden die Aufgabenstellungen größer und breiter aufgestellt, sodass eine eigene Abteilung in der KZBV gegründet werden musste.

Die KZBV hatte immer betont, dass sich die vertragszahnärztlichen Belange vom ambulanten und stationären Bereich unterscheiden und sich auch trennen lassen, eine Zusammenführung sei zumindest für den zahnärztlichen Bereich nicht zielführend. Durch die sektorenübergreifende Ausrichtung des G-BA werde es immer schwerer, den vertragszahnärztlichen Besonderheiten im Gesundheitswesen Rechnung zu tragen. Auch wird aus zahnärztlicher Sicht kritisch gesehen, dass sich durch die sektorenübergreifende Ausrichtung der Aufwand für die Beratungen in den Gremien vervielfacht habe. Es würden Probleme diskutiert, die für den zahnärztlichen Bereich nicht relevant seien, die Schnittmengen mit den anderen Bereichen seien gering, dennoch müsse über die Ergebnisse mit abgestimmt werden.

Die BZÄK war ebenfalls in der Vergangenheit in Sachen G-BA involviert, und zwar immer dann, wenn es um Fragen der zahnärztliche Berufsausübung ging. Mit dem GKV-Versorgungsstrukturgesetz hat sich der Status der BZÄK geändert, sie ist seitdem als beteiligte Organisation bei den Beratungen über G-BA-Richtlinien zur Qualitätssicherung offiziell vertreten. Inzwischen ist auch hier eine eigene Abteilung gegründet. Die BZÄK agiert im G-BA ohne Stimmrecht und dann, wenn Belange der Berufsausübung tangiert sind. Sie hat den gleichen Status wie die Bundesärztekammer, die Bundespsychotherapeutenkammer, der Deutsche Pflegerat und der PKV-Verband. Sie hat damit das Recht auf Stellungnahmen und Mitwirkung in den entsprechenden Arbeitsgruppen, die sich mit der zahnärztlichen und sektorenübergreifenden Qualitätssicherung wie auch mit dem Qualitätsmanagement befassen. Für die BZÄK ist die Beteiligung im G-BA von großer strategischer Bedeutung: Sie erfährt frühzeitig, ob und zu welchen Themen der G-BA verpflichtende Maßnahmen plant und kann versuchen, rechtzeitig durch freiwillige Maßnahmen der Kammern gegenzusteuern.

Wichtig ist für die BZÄK auch die Vernetzung mit den anderen gesundheitspolitischen Akteuren.

Zu den Schwerpunktthemen im G-BA zählt derzeit die Qualitätssicherung. Für den ambulant-ärztlichen und für den stationären Bereich sind bereits Richtlinien etabliert. Im zahnärztlichen Bereich sind drei Bereiche relevant:

• die QM-Richtline (seit 2007 in Kraft),

• die Richtlinie zur Qualitätsprüfung und -beurteilung (sektorenbezogene Richtlinie)

• die bereits beschlossene Richtlinie zur sektorenübergreifenden Qualitätssicherung (Qesü)

• eine zusätzliche sektorenbezogene Qualitätssicherungsrichtlinie (nach §137 SGB V)

Gerade auf das Thema sektorenübergreifende Qualitätssicherung im Gesundheitswesen wird die Politik in der jetzt gestarteten Legislaturperiode ein besonderes Augenmerk lenken.

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