Teuer und hoch riskant
1 608 Prozent Gewinn will Paul Singer von der argentinischen Regierung kassieren. Sein Hedgefonds Elliot Management investierte vor einigen Jahren 48,7 Millionen Dollar in argentinische Staatsanleihen. Damals hatten sie Schrottwert. In diesem Jahr wurden sie fällig. Da das Land die Rückzahlung der Schulden nicht leisten konnte oder wollte, einigte sich die Regierung mit ihren Gläubigern auf einen Schuldenschnitt und einen Zahlungsplan. Die meisten zogen mit, ein paar wenige nicht. Darunter auch Singer. Er verklagte den Staat Argentinien auf Zahlung der ganzen Schuld. Ein amerikanisches Gericht gab ihm Recht.
Jetzt schuldet ihm Argentinien 832 Millionen Dollar. Ein Ende des Streits ist nicht in Sicht. „Die Perversion des Profits“ nannte der Publizist Jakob Augstein dieses Vorgehen. Mit seiner moralischen Entrüstung spricht der Sohn des Spiegel-Gründers Rudolf Augstein sicher vielen Menschen aus der Seele. Doch juristisch betrachtet hat der Elliot-Manager sich nichts zuschulden kommen lassen.
Zur Legende wurde auch Hedgefonds-Manager John Paulson, der 2007 früher als der Rest der Welt erkannte, dass die amerikanischen Hypothekenkredite eigentlich hoch riskante Papiere waren. Er wettete auf deren Ausfall und sahnte 3,7 Milliarden Dollar ab. Über Nacht berühmt wurde auch der Quantum Fund. Sein Manager George Soros wettete 1992 gegen das britische Pfund. Er gewann, als Konsequenz schied die britische Währung aus dem euro- päischen Währungssystem aus.
Dabei zählt sein Hedgefonds noch nicht einmal zu den zehn größten der Welt. Diese Rangliste führt der Fonds Bridgewater Associates, Connecticut, geführt von Ray Dalio, an. Er verwaltet ein Vermögen von 125 Milliarden Dollar. Unter den ersten zehn befinden sich sieben amerikanische Fonds und drei europäische, zwei davon in London und einer auf Jersey beheimatet. Insgesamt betreuen Hedgefonds derzeit Kapital in Höhe von rund 2,7 Billionen Dollar. In Deutschland konnten sie sich bislang nicht wirklich breitmachen. Etwa 17 Fonds verwalten zusammen ein Vermögen von etwa 600 Millionen Euro. Die durchschnittliche Performance lag in 2013 bei 2,6 Prozent. Die Renditespanne reichte von 10 Prozent im Plus bis zu 15 Prozent im Minus.
Anlage mit langer Tradition
Ihre ursprüngliche Aufgabe sehen Hedgefonds darin, Risiken abzusichern. Das ergibt sich schon aus dem Begriff to hedge = einzäunen. Mit dieser Methode versuchten Händler bereits im 17. Jahrhundert, einer ungünstigen Preisentwicklung bei gehandelten Rohstoffen zu begegnen. Sie wollten so die Risiken eingrenzen. Als Begründer der Hedgefonds nach heutigem Muster gilt der Australier Alfred Winslow Jones. Er entwickelte eine Methode, mit der sich auch bei fallenden Kursen an der Börse Geld verdienen ließ.
Damit beschäftigen sich die Hedgefonds von heute in der Hauptsache immer noch. Sie wollen in allen Phasen, die die Finanzmärkte durchlaufen, immer auf der Gewinnerseite sein. Das funktioniert nicht mit einfachen Aktien- oder Rentenfonds. Das gelingt nur, wenn wie bei Hedgefonds keine Aufsichtsbehörde den Managern auf die Finger guckt. Sie begnügen sich nicht damit, das vorhandene Kaptal einzusetzen. Häufig nehmen sie hohe Kredite auf, um so die Gewinne zu vervielfachen. Geht es gut, fallen die Gewinne riesig aus, geht es schief, sind die Verluste ebenso riesig.
Strategisches Vorgehen vonnöten
Die meisten Hedgefonds arbeiten mit bestimmten Strategien. Es gibt viele Variationen.
Die wichtigsten sind:
• Long-Short-Strategie
Man leiht sich Aktien von Unternehmen, deren Kurse vermutlich fallen werden. Die Aktien werden sofort wieder verkauft und nun hofft man, dass deren Kurs tatsächlich fällt. Geschieht das, kauft man die Papiere wieder und gibt sie dem Verleiher zurück. Der Zocker kassiert die Spanne zwischen Verkaufs- und Rückkaufspreis minus Leihgebühr als Gewinn. Diese Wetten sind hochspekulativ. Die Aktien in diesem Spiel besitzen die Manager nicht wirklich. Deshalb spricht man auch von Leerverkäufen oder Short go. Um den Effekt dieses Vabanquespiels noch zu verstärken, leihen sich Hedgefonds riesige Summen Geld, um die Geschäfte zu finanzieren und die Gewinne zu maximieren. Dieser Einsatz von geliehenem Geld heißt Leverage, auf Deutsch Hebel.
• Event Driven
Dabei spekulieren Hedgefonds-Manager auf bestimmte Ereignisse, die vielleicht in der Zukunft stattfinden werden. Das können Firmenfusionen oder Zinserhöhungen beziehungsweise -senkungen sein. Liegen sie richtig, kassieren sie ihren Gewinn.
• Arbitrage
Hierbei werden Aktien an einer Börse wie zum Beispiel Frankfurt gekauft und an einer anderen Börse, etwa London, wieder verkauft. Da Aktien nicht an allen Plätzen zu exakt den gleichen Kursen gehandelt werden, können sich so Gewinne ergeben. Die Händler nutzen minimale Preisunterschiede zu ihrem Vorteil.
• Global Makro
Bei dieser Strategie geht man Wetten auf die Entwicklung aller möglichen Anlageformen ein. Das können Indizes sein oder auch die Preisentwicklungen von Rohstoffen.
In den Klauen des Managers
Der Fantasie der Manager sind keine Grenzen gesetzt. Dessen sollten sich Anleger bewusst sein. Mit der Investition in einen Hedgefonds setzen sie sich vollkommen dem Glück oder Pech des jeweiligen Managers aus. Transparenz ist nicht vorhanden und es gibt keinen Schutz vor dem Totalverlust des eingesetzten Kapitals. Zudem sind die Kosten relativ hoch. Zu den Ausgabeaufschlägen von mindestens fünf Prozent addieren sich noch Managementgebühren und Gewinnbeteiligungen von 15 bis 20 Prozent, die die Renditen stark reduzieren können.
Der Vertrieb dieser sogenannten Single-Hedgefonds ist in Deutschland stark eingeschränkt und von der BaFin geregelt: „Ein Vertrieb ist ausschließlich an professionelle oder semi-professionelle Anleger gestattet.“ Wer als Privatanleger eine Beteiligung riskieren will, muss sich an einen Vermögens- verwalter (semi-professionell) wenden. Er darf für seine Kunden Anteile zeichnen. Allerdings liegen die Mindestbeträge häufig im sechsstelligen Bereich.
Für private Anleger direkt zugänglich sind Dachhedgefonds. Diese Fonds investieren das Fondsvermögen in verschiedene Hedgefonds. Laut Kapitalanlagegesetz darf die Beteiligung an einem Fonds maximal 20 Prozent des Kapitals betragen. In Deutschland gibt es verschiedene Dachhedgefonds. Anlageberater haben diese Fonds nur selten auf ihrer Empfehlungsliste. Peter Hieber, unabhängiger Finanzberater, rät ebenfalls vom Kauf ab: „Hedgefonds eignen sich nicht für private Anleger. Sie sind zu kompliziert und ich kann nicht einschätzen, wie sich entwickeln werden.“
Vorsicht bei Derivaten
Etwas weniger kostspielig, aber dennoch mit Risiken behaftet ist der Kauf von ETFs, die auf Hedgefonds basieren. Meistens liegt der HFRX Global Hedge Fund Index zugrunde. Der Vorteil hierbei ist, dass das im ETF enthaltene Kapital als Sondervermögen gilt und bei einer Insolvenz der Fondsgesellschaft geschützt ist. Das sieht bei Zertifikaten ganz anders aus. Derivate, die auf Hedgefonds basieren, gibt es in vielen Varianten. Von ihnen ist dringend abzuraten. Denn eingesetztes Kapital ist verloren, sobald die Anlagestrategie nicht aufgeht.
In den vergangenen Jahren haben Hedgefonds viel von ihrem Glamour verloren. Ihre Renditen konnten nicht mehr so überzeugen wie die der Aktienfonds. Lothar Eller, unabhängiger Finanzberater zeigt sich skeptisch: „Hedgefonds-Strategien funktionieren eine Zeit lang und dann nicht mehr. Ich kann sie nicht empfehlen.“
Auch die Investition in Dachfonds kommt für ihn nicht infrage: „Abgesehen von den Risiken sind die Gebühren viel zu hoch. Sie reduzieren eine möglich Rendite erheblich.“ Gewinne ließen sich vor allem in der jüngsten Vergangenheit besonders gut mit der Anlage in Aktien erzielen. So stieg der Aktienindex SP 500 im vergangenen Jahr um 24 Prozent. Der HFRX hingegen legte nur um magere 5,5 Prozent zu. Peter Hieber kommentiert die Resultate: „Hedgefonds-Manager – ihrem Ruf nach die absoluten Profis der Finanzwelt – nahmen bisher für sich in Anspruch, die Märkte in allen Lagen schlagen zu können. Dafür kassieren sie hohe Fondsgebühren. Doch offensichtlich sind die früheren Stars ihre fürstlichen Gehälter nicht mehr wert.“
Strengere Regeln auferlegt
Und in der Tat meldet die Wirtschaftswebsite Quartz, dass die Angestellten der „Heuschrecken“ in diesem Jahr durchschnittlich 55 Prozent weniger Boni auf ihren Abrechnungen finden. Das dürfte am schlechten Abschneiden der Fonds liegen. Dann fällt die Gewinnbeteiligung entsprechend mager aus. Daran dürfte sich sobald auch nichts ändern. Denn Hedgefonds dürften kaum auf eine rosige Zukunft hoffen. So wird sich in Zukunft die strengere Reglementierung in den USA auswirken. Ab 2015 sollen für institutionelle Hedgefonds-Investitionen schärfere Vorschriften gelten. Auch in Deutschland stehen die Hedgefonds unter strenger Beobachtung. Gehören sie doch wie Private-Equity-Firmen und Geldmarktfonds zu den sogenannten Schattenbanken. Sie kaufen den normalen Banken faule Kredite ab, in der Hoffnung, dass die Gläubiger doch noch zahlen werden. Die Geldinstitute können so den strengen Eigenkapitalvorschriften schneller entsprechen, die Risiken aus ihren Bilanzen verschwinden. Im Finanzsystem sind sie aber immer noch enthalten.
In China wachsen Geldmarktfonds mit atemberaubendem Tempo. Kein Wunder, zahlen sie doch sehr viel höhere Zinsen als die normalen Banken. Diese Entwicklungen rufen die Aufsichtsbehörden weltweit auf den Plan. Auch BaFin-Chefin Elke König fordert strengere Regeln. In der aktuellen Entwicklung sieht sie eine Gefahr für das ganze Finanzsystem.
Unabhängige Berater wie Eller und Hieber würden ihren Kunden Hedgefonds nicht empfehlen. Sie sind mit enormen Risiken behaftet, undurchsichtig und teuer. Die Experten setzen mehr auf lukrative und preiswerte ETF-Strategien. Von den alten Legenden lassen sie sich nicht beeinflussen. Sie sind Geschichte.
Marlene EndruweitFachjournalistin für Finanzenm.endruweit@netcologne.de