Strategische Entscheidung
Nach einem Verhandlungsmarathon von insgesamt fast vier Monaten schien die Entscheidung (endlich) gefallen: Nach Gesprächen mit insgesamt sechs verschiedenen Kreditgebern, darunter vier Banken und zwei Lebensversicherern, war für Zahnarzt Gernot R. klar, dass er die bevorstehende Finanzierung seines Praxisgebäudes über 350 000 Euro letztlich doch mithilfe seiner Hausbank durchführen wird. Bei einer Zinsbindung von zehn Jahren und einem effek-tiven Jahreszins von 3,85 Prozent konnten oder wollten die Mitbewerber des Kreditinstituts nicht mehr mithalten. Da sämtliche Angebote ohnehin nicht weit auseinander lagen, gab zuletzt die weitgehend bewährte und vor allem langjährige Hausbankverbindung den Ausschlag.
Daran änderte auch der relativ niedrige Finanzierungsrahmen von sechzig Prozent nichts, da R. über ein ausreichendes Eigenkapital verfügt und dies auch, nach Rücksprache mit seinem Steuerberater, einsetzen wird. Die mit dem Darlehen von 210 000 Euro (sechzig Prozent von 350 000 Euro) verbundenen monatlichen Zins- und Tilgungsraten von rund 850 Euro sind derart vorsichtig kalkuliert, dass selbst vorübergehende Liquiditätsprobleme keine Gefahr für die pünktlichen Zahlungen bedeuten würden.
Zusätzliche Vertragsdetails
Zum Gesamtpaket dieser Vereinbarungen gehört außerdem die Möglichkeit kostenfreier, außerplanmäßiger Tilgungen in Höhe von bis zu 15 000 Euro pro Jahr. R. kann davon Gebrauch machen, wenn es die Finanzlage seiner Praxis zulässt. Auch dieser Punkt spricht für seine Hausbank, die bei den Verhandlungen relativ schnell bereit war, R. hier entgegenzukommen. Als Kreditsicherheit soll eine bei derartigen Finanzierungen übliche Grundschuld auf die Immobilie eingetragen werden, hinzu kommt neben der mit dieser Grundschuld ohnehin verbundenen persönlichen Haftung von R. eine von ihm unterzeichnete Bürgschaft, die aber bereits seit Längerem besteht und deren Umfang nun noch zu aktualisieren sein wird.
Alles in allem könnten also beide Seiten zufrieden sein, hätte nicht R. vor wenigen Wochen von einem Kollegen erfahren, dass es als Alternative oder als Ergänzung zu einem herkömmlichen Immobiliendarlehen auch ein sogenanntes „Cap-Darlehen“ gibt, dessen Details R. sofort neugierig machten. Worum geht es hier konkret? Bei einem Cap-Darlehen, das grundsätzlich mit einem variablen Zinssatz angeboten wird, vereinbaren Bank und Kunde eine Zinsobergrenze, die das Zinsänderungsrisiko des Kreditnehmers verringert. Steigt der allgemeine Zinssatz an den Geld- und Kapitalmärkten also während der Darlehenslaufzeit über die vereinbarte Zinsobergrenze hinaus, zahlt der Bankkunde dennoch nicht mehr als eben diese Zinsobergrenze. Fällt dagegen das allgemeine Zinsniveau, profitiert der Bankkunde durch den variablen Zinssatz unmittelbar bei seinem Darlehen, da die Bank eine solche Zinssenkung grundsätzlich weitergibt.
Flexibles Handhaben
Dies macht den Unterschied zu der ursprünglich von R. geplanten Festzinsvereinbarung von zehn Jahren aus: Hier ist er zwar gegen steigende Zinsen vollständig abgesichert, an möglicherweise fallenden Zinsen kann er aber nicht partizipieren, da dies der Festzins eben verhindert. Die Möglichkeit in den kommenden Jahren vielleicht noch weiter fallender Zinsen hatte R. während der Gespräche mit den Banken und Versicherungen nur deshalb nicht thematisiert, weil er einfach keine Möglichkeit sah, als Darlehensnehmer sich nicht nur gegen steigende Zinsen abzusichern, sondern auch von eventuellen Zinssenkungen zu profitieren. Der eine oder andere seiner damaligen Gesprächspartner, daran erinnerte sich R., deutete zwar diese Möglichkeit an, zu konkreteren Ausführungen oder gar Angeboten kam es aber letztlich doch nicht.
R. hat zwischenzeitlich entschieden, seine Hausbank sowie zwei weitere Kreditinstitute, mit denen er geschäftlich zu tun hat, um ein modifiziertes Angebot zu bitten. Der bisher geplante Finanzierungsbetrag von 210 000 Euro soll nun auf 110 000 Euro gesenkt werden, für die verbleibenden 100 000 Euro plant R. ein variabel verzinstes Cap-Darlehen mit einer Laufzeit von fünf Jahren und einer Zinsobergrenze von 4,5 Prozent. Bei in den kommenden Jahren gegebenenfalls wieder steigenden Zinsen über diese 4,5 Prozent hinaus wäre R. also abgesichert. An ebenso möglichen fallenden Zinsen wäre er dagegen beteiligt. Sondertilgungen sind während dieses Zeitraums außerdem kostenlos möglich.
Die Kosten des Cap-Darlehens – die Zins- absicherung besitzt natürlich ihren Preis – werden nach ersten Informationen rund 3 000 Euro als Einmalprämie betragen. Hier ist aber „das letzte Wort“ noch nicht gesprochen, wie ihm seine Ansprechpartner bei den Banken zu verstehen gegeben haben. Im Ergebnis hat sich R. nun für eine aus seiner Sicht optimale Mischfinanzierung durch eine Festzinsvereinbarung sowie durch ein Cap-Darlehen entschieden. Ob seine Kalkulation aber auch tatsächlich aufgeht, wird sich in den kommenden Jahren erst noch zeigen müssen.
Michael VetterFachjournalist für Wirtschaftvetter-finanz@t-online.de