Investieren in die Mitarbeiter
Personelle Belastungssituationen lassen sich in einem funktionierenden Team zwar kurzfristig meistern, eine dauerhafte Überlastungführt jedoch langfristig zu einem Kreislauf aus Improvisation und Unzufriedenheit. Allzu oft wird als Praxisinhaber in diesen Stresssituationen nur reagiert und Schadensbegrenzung betrieben. Die Mitarbeiterinnen leisten dauerhaft Überstunden, eine geeignete neue Kraft ist ad hoc nicht in Sicht und die Spirale der Unzufriedenheit dreht sich weiter – im Zweifel nach unten.
Das muss nicht sein: Durch gezielte Strategien kann sich der Zahnarzt in die Lage versetzen, seine Praxis aktiv zu führen, so dass durch plötzliche Ausnahmesituationen nicht der komplette Praxisbetrieb gefährdet wird. Hinzu kommt, dass sich bekanntermaßen auch in der Zahnmedizin der demografische Wandel in Zukunft bemerkbar machen wird: Einerseits steigt der Bedarf der zunehmend älter werdenden Bevölkerung an zahnmedizinischer Versorgung, andererseits rücken nicht genug junge Fachkräfte nach. Diese Entwicklung erfordert ein Umdenken bei allen Beteiligten im Berufsfeld Zahnarztpraxis: Management im personalintensiven Gesundheitswesen muss die Beschäftigten und ihre Ressourcen in den Mittelpunkt von Veränderungsprozessen stellen, nur dann kann man den hohen Qualitätsansprüchen in der Zahnmedizin weiterhin gerecht werden und die Patienten serviceorientiert behandeln.
Arbeitsschritte bündeln
Doch wie lassen sich in einem vergleichsweise kleinen Zahnarztbetrieb mit einem überschaubaren Team auch zeitlich und finanziell überschaubare Maßnahmen umsetzen? Eine Möglichkeit liegt darin, einzelne Arbeitsschritte der Praxis zu bündeln, um eine zeitnahe Verbesserung der Arbeitssituation zu erreichen. Dazu können auch Maßnahmen im Bereich der eigenen Ausbildung gehören, wie etwa:
• Erweiterung der Ausbildungstätigkeit auf zukünftig zwei Auszubildende in unterschiedlichen Lehrjahren
• Erstellung eines Ausbildungsplans unter Einbeziehung erfahrener Mitarbeiterinnen
• Ernennung einer Ausbildungsbeauftragten für die Praxis
• regelmäßige halbjährliche Zielgespräche mit Azubi und Ausbildungsbeauftragter
Durch eine Erweiterung der Ausbildungstätigkeit auf zwei Azubis kann man einerseits eine wirtschaftlich überschaubare Möglichkeit der Personalerweiterung erreichen, so dass Ausfälle gegebenenfalls besser kompensiert werden können und eine dauerhafte Überlastung des Teams vermieden wird. Andererseits bietet die konzentrierte eigene Ausbildung die Chance, selbst qualifizierte Mitarbeiterinnen für die Praxis und – auch im Hinblick auf einen drohenden Fachkräftemangel – für das Berufsbild zu gewinnen.
Kooperationen mit Schulen
Sicher, es ist nicht immer leicht, qualifizierte und motivierte Auszubildende zu finden. Eine gute Möglichkeit dazu bietet die Zusammenarbeit mit ortsansässigen Schulen: Jedes Jahr suchen immer wieder Schüler der Jahrgangsstufen 9 und 10 Praktikumsstellen, um in Berufe reinzuschnuppern und sich zu orientieren. Das ist eine ausgezeichnete Chance, den abwechslungs- und aussichtsreichen Beruf der Zahnmedizinischen Fachangestellten jungen Menschen näherzubringen und gleichzeitig die eigene Praxis als interessanten Ausbildungsbetrieb zu präsentieren. Allerdings nur unter der Voraussetzung, dass sich in der Praxis vorher darüber Gedanken gemacht werden, wie die Praktikantin sinnvoll eingesetzt werden kann und wer sich Zeit für eine persönliche Betreuung nimmt.
Gespräche sollten – wenn möglich – Chefsache oder Aufgabe des Praxismanagements sein, auch wenn die Zeit chronisch knapp und zunächst kein direkter Nutzen zu erkennen ist. Wenn man dadurch eine motivierte Auszubildende fürs kommende Jahr finden kann, lohnt sich der Aufwand auf jeden Fall.
Fortbildungen anbieten
Ganz sicher lohnt sich ebenfalls ein Plädoyer für mehr Kommunikation in der Praxis: Regelmäßige persönliche Einzelgespräche schaffen Transparenz und wirken motivierend.
Ein weiterer wichtiger Baustein für Motivation und Praxiserfolg ist die Möglichkeit der Weiterbildung für interessierte Mitarbeiter: In gemeinsamen Zielgesprächen können individuelle Qualifikationsmaßnahmen erarbeitet werden, die sowohl für die Praxis als auch für die Mitarbeiter eine produktive und befriedigende Zukunftsperspektive bieten.
Der Praxisführung sollte klar sein, dass der langfristige Erfolg einer Zahnarztpraxis nicht nur von der fachlichen und von der sozialen Kompetenz des Zahnarztes abhängt, sondern im Wesentlichen auch von der Qualität der Mitarbeiter. Eine unzureichende Fachkompetenz des Personals durch Überforderung führt zu Arbeitsbelastungen und einer schlechten Stimmung im Team, aber auch eine dauerhafte Unterforderung kann zu Demotivation im Arbeitsalltag führen und im schlimmsten Fall dazu, dass sich die entsprechende Mitarbeiterin einen anderen Arbeitsplatz sucht.
Kommunikation schulen
Auch interne Schulungen können die Qualität der Arbeit verbessern und die Motivation erhöhen. Ein professioneller, zweistündiger Kurs, wie bei der Erstellung von Provisorien geholfen werden kann, macht die Mitarbeiter sicherer und fördert die Zusammenarbeit. Ebenso können in einem Kommunikationsseminar Gesprächssituationen in der Praxis eingeübt werden, die die Praxen jeden Tag vor neue Herausforderungen stellen, etwa die Erklärung von Mehrkosten bei bestimmten Behandlungen oder der Umgang mit dem unzufriedenen Patienten. Mit diesen unmittelbaren Maßnahmen erreicht man nicht nur eine Kompetenzverbesserung der Mitarbeiter, sondern auch eine Bindung an die Praxis und an die dazugehörige Praxisphilosophie.
Im Zuge der demografischen Entwicklung können auch flexible und familienfreundliche Arbeitszeitmodelle eine Möglichkeit für Zahnarztpraxen darstellen, attraktive Arbeitsbedingungen für Frauen zu bieten, um Familie und Beruf vereinbaren zu können. Wenn das verfügbare Personal auf dem Arbeitsmarkt knapper wird, steigen für Arbeitnehmer die Wahlmöglichkeiten und die Bedeutung flexibler Arbeitsbedingungen nimmt zu.
Teilzeitarbeit diskutieren
Gerade junge und gut ausgebildete Zahnmedizinische Fachangestellte werden sich in Zukunft ihren Arbeitsplatz danach aussuchen, wie gut sich Arbeitszeit und Kinderbetreuung in Einklang bringen lassen. Hierbei sind temporäre Teilzeitmodelle eine ideale Möglichkeit, außergewöhnliche private Belastungssituationen beruflich abfedern zu können. Somit ist die Entwicklung von Arbeitszeitmodellen für die Zahnarztpraxis eine Möglichkeit der Differenzierung auf dem Arbeitsmarkt. Eine motivierte Teilzeitkraft wird dann sicher auch gerne bereit sein, im Krankheitsfall für eine Kollegin einzuspringen und die Praxis zu unterstützen.
Ute WintererPraxis- und GesundheitsmanagerinKommunikationswissenschaftlerinpraxis@winterer.info