Kreditzusage

Kein voreiliger Optimismus

sg
Die bankseitig mündlich erklärte „grundsätzliche“ Bereitschaft, eine Finanzierung zu begleiten, muss keineswegs zu einem Darlehensvertrag führen. Dies zeigt der folgende Fall.

Rüdiger S., Zahnarzt aus Süddeutschland, betreibt mit seiner Frau und seinen beiden Söhnen in der dritten Generation eine Praxis. Nun plant S. einen Anbau seiner Immobilie, um den steigenden Anforderungen an eine zeit- und patientengerechte Praxis zu entsprechen. In Zeiten eher stagnierender oder gar zurückgehender Umsätze weiß er es zu schätzen, dass ein Großteil seiner Patienten, die er fast alle bereits mehr als ein Jahrzehnt kennt, ihm nach wie vor die Treue hält und ihn auch weiterempfiehlt.

Das unternehmerische Risiko, das S. mit dem geplanten Anbau eingeht, ist ihm durchaus bewusst. Auf der anderen Seite sind die Baukosten von rund 100 000 Euro betriebswirtschaftlich durchaus vertretbar, da S. außer dem obligatorischen Kontokorrentkredit über 15 000 Euro und einem weiteren Immobiliendarlehen von rund 100 000 Euro praktisch schuldenfrei ist.

Dieses zweite Immobiliendarlehen dient der Finanzierung einer vermieteten Eigentumswohnung, so dass die Liquiditätsbelastung aus Zins- und Tilgungsleistungen durch die Mieteinnahmen relativ gering ist. Da die Wohnung bei einem Verkehrswert von rund 200 000 Euro und der erwähnten Belastung von noch 100 000 Euro solide finanziert ist, will S. mithilfe der Prüfung seines Steuerberaters den Anbau nun durchführen.

Zweifelhaftes Interesse

Hinzu kommt, dass er von der örtlichen Volksbank, bei der er bisher kein Konto unterhielt, bestärkt wurde, seine Pläne weiterzuverfolgen. Dies wurde in einem eher zufällig geführten Gespräch deutlich, das er mit einem der Vorstandsmitglieder während einer Veranstaltung seines Berufsverbands führte. „Selbstverständlich“ wäre man „grundsätzlich“ bereit, eine solche Finanzierung durchzuführen, wurde ihm mitgeteilt. Wenn S. schon von einer Bank, bei der er nicht Kunde war, ein solches Angebot unterbreitet wurde, was sollte da noch schief gehen? Zu dem Zeitpunkt war S. eben noch nicht klar, mit welchen Schwierigkeiten er bei der konkreten Finanzierungsplanung tatsächlich noch konfrontiert werden würde.

So war es für ihn vor diesem Hintergrund zunächst völlig überraschend, dass seine Hausbank, ein überregional tätiges Kreditinstitut, die Finanzierungsanfrage im Unterschied zur Volksbank kategorisch ablehnte. Mehr noch, S. konnte noch nicht einmal die vorbereiteten Unterlagen zur Prüfung bei der Bank einreichen, da dort „definitiv kein Interesse“ bestand.

Befremdliches Nein

Zur Begründung wurde ihm mündlich erklärt, man halte sich derzeit bei Finanzierungsanfragen bei Freiberuflern eher zurück. Auch der Hinweis von S., als langjähriger Kunde könne man doch wohl zumindest eine Kreditprüfung erwarten, half nicht. Es blieb schließlich beim deutlichen Nein der Hausbank. Offensichtlich nahm sie damit auch in Kauf, dass sich S. künftig nach einem anderen Bankinstitut umsehen wird.

Sein zweiter Versuch, mit einer von zwei Nebenbanken ins Gespräch zukommen, schlug zunächst ebenfalls fehl. Bei der zuständigen Filiale vor Ort sah sich niemand zu einer Kreditprüfung imstande, da sich der eigentlich verantwortliche Firmenkundenleiter einige Wochen im Urlaub befand und der offizielle Vertreter nach eigener Aussage keine Kreditkompetenz in dieser Größenordnung besitzt.

Distanzierte Nebenbanken

Der folgende Versuch, mit dem Filialleiter zu reden, war auch erst nach mehreren Wochen erfolgreich. Derzeitiger Stand der Dinge: Die Prüfung der Unterlagen werde noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Wie viel Zeit, wurde S. nicht gesagt. So blieb noch das dritte Bankinstitut, das sich zwar zur Prüfung der Unterlagen bereit erklärte, eine Kreditzusage vor dem angeblichen Hintergrund der „unsicheren zukünftigen Umsatz- und Gewinnerwartungen“ seiner Branche aber nicht geben wollte. S. ist nach diesen Erfahrungen mittlerweile wieder in der Realität angekommen und steht derzeit in Verhandlungen mit der Volksbank.

Allerdings gibt es auch hier einige Punkte, die sich – entgegen der etwas voreiligen und vielleicht auch missverständlichen Aussage des Vorstandsmitglieds – schwieriger gestalten als geplant. Vor allem der Wunsch der Volksbank, einen Teil des Grundpfandrechts als Sicherheit zu übernehmen, das S. seiner Hausbank bei der Finanzierung der anderen Immobilie zur Verfügung stellen musste, bereitet ihm Kopfzerbrechen. Nach seinen bisherigen Erfahrungen mit Banken tun diese sich schwer, Kreditsicherheiten wieder herauszugeben. Hinzu kommt, dass die Volksbank außerdem eine Bürgschaft seiner Frau haben möchte.

Darüber hinaus sind die bisher angebotenen Darlehenskonditionen alles andere als überragend.

Umfangreiche Forderungen

Es handelt sich offensichtlich um absolut durchschnittliche Zinssätze, die S. als verlässlicher Kreditnehmer nach seiner Einschätzung nicht gerecht werden. Außerdem erwartet die Volksbank, dass er einen Großteil seiner Umsätze von seinen bisherigen Banken abzieht und zukünftig ausschließlich über die Konten der Volksbank leitet. Dies sei, so wurde ihm bereits mitgeteilt, eine zwingende Voraussetzung in Verbindung mit der Darlehenszusage.

S. befindet sich nun in einer unangenehmen Situation: Da er vor dem Hintergrund des zunächst zumindest aus seiner Sicht positiven Gesprächs mit der Volksbank bei seinen Haus- und Nebenbanken bereits deutlich hat erkennen lassen, auf deren Begleitung auch zukünftig verzichten zu wollen, sieht er sich bei der Volksbank noch längst nicht am Ziel. Da es sich im näheren Umfeld aber um den einzigen verbliebenen Kreditgeber handelt, wird er sich wohl oder übel arrangieren müssen. In welchem Umfang er bei den anstehenden weiteren Gesprächen seine eigenen Vorstellungen durchsetzen kann, müssen die kommenden Wochen zeigen. In einer komfortablen Verhandlungsposition befindet er sich dabei aber sicherlich nicht.

Michael VetterFachjournalist für Finanzenvetter-finanz@t-online.de

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