UN-Behindertenrechtskonvention

Auf gutes Gelingen

Die 2006 von der Vollversammlung der Vereinten Nationen verabschiedete UN-Behindertenrechtskonvention soll Menschen mit Behinderung die gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglichen. Seit der Ratifizierung ist in Deutschland in dieser Hinsicht manches geschehen, einige Baustellen sind aber noch offen – auch aus zahnmedizinischer Sicht.

Mittlerweile sind 128 Staaten und die Europäische Union der Behindertenrechtskonvention (BRK) beigetreten. Ihr Ziel ist es, den Staaten Möglichkeiten und Handlungsfelder aufzuzeigen, wie die Rechte von Menschen mit Behinderung systematisch gestärkt werden können. Durch den Beitritt zur BRK verpflichten sich die Staaten, bestimmte (Mindest-)Standards umzusetzen. Dabei geht es um die Beseitigung von Barrieren, denen sich Menschen mit Handicap jeden Tag ausgesetzt sehen. Das Schlagwort dafür lautet Inklusion, also Teilnahme und Teilhabe an allen Aspekten des gesellschaftlichen Lebens.

In Deutschland ist die Konvention 2009 in Kraft getreten. Die Bundesregierung startete 2011 die Dachkampagne „Gemeinsam einfach machen“ zur Umsetzung der BRK. „Inklusion als zentraler Gedanke der Konvention ist ein Thema, das die gesamte Gesellschaft angeht“, sagte die damals zuständige Bundessozialministerin Ursula von der Leyen (CDU). Unter Beteiligung von Verbänden, Sozialversicherungsträgern, Unternehmen, Kommunen und Ländern wurde ein nationaler Aktionsplan verabschiedet.

Kritik der Zivilgesellschaft

Doch bei der Umsetzung der Konvention liegt noch einiges im Argen. Im März dieses Jahres übergab die BRK-Allianz, in der sich 78 Verbände der deutschen Zivilgesellschaft zusammengeschlossen haben, ihren Kurzbericht zum Stand der Umsetzung in Deutschland dem UN-Menschenrechtsrat in Genf. Den aktuellen Stand bezeichnete die Allianz dabei als „alarmierend“: Die inhaltliche Umsetzung des nationalen Aktionsplans sei entweder gar nicht oder nur unzureichend erfolgt.

„Der Bericht lässt vermuten, dass die Bundesregierung ihre Verpflichtungen den behinderten Menschen in Deutschland gegenüber nicht besonders ernst zu nehmen scheint“, kritisierte Hannelore Loskill, Sprecherratsvorsitzende des Deutschen Behindertenrats. Denn es sei nur wenig von dem umgesetzt worden, was die BRK vorsieht. Die Kritikpunkte des Berichts reichen von mangelnder Barrierefreiheit über Zwangsbehandlungen und mangelnde Inklusion in der Schule und auf dem Arbeitsmarkt bis zum Ausschluss vom Wahlrecht.

Schlechte Mundgesundheit

In der Zahnmedizin ist man, was die Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen, flächendeckenden und wohnortnahen Versorgung von Menschen mit Behinderung betrifft, auf dem richtigen Weg. Doch deren aus der BRK abgeleitete Anspruch auf speziell benötigten Gesundheitsleistungen wird nach Angaben der KZBV in der zahnmedizinischen Versorgung noch nicht erfüllt.

Im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) wird davon ausgegangen, dass Erwachsene eigenverantwortlich Mundhygiene betreiben und selbstständig eine Zahnarztpraxis aufsuchen können.

Der Einwand der KZBV: Eine wachsende Zahl von Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderung könne diese Voraussetzungen nicht erfüllen. Daher ist ihre Mundgesundheit deutlich schlechter als die des Bevölkerungsdurchschnitts. „Ich würde mir wünschen, dass der spezielle Bedarf von Menschen mit Behinderung im Leistungskatalog der GKV bedarfsadäquat abgebildet wird“, sagte der KZBV-Vorsitzende Dr. Wolfgang Eßer kürzlich auf einer Konferenz der Gesellschaft für Versicherungswissenschaft und -gestaltung zum Thema BRK. Zur Lösung der Versorgungsprobleme haben KZBV und BZÄK das Konzept „Mundgesundheit trotz Handicap und hohem Alter“ (AuB-Konzept) erarbeitet und im Juni 2010 veröffentlicht. Es zielt speziell auf die Bedürfnisse von Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderung ab und trägt deren größerem Behandlungs- und Präventionsbedarf Rechnung.

In der Zahnärzteschaft habe sich das Bewusstsein im Umgang mit Menschen mit Behinderung dramatisch entwickelt, Fortbildungen zum Thema würden intensiv wahrgenommen, sagte Eßer. „Unser Anliegen ist es, zunehmend viele Menschen mit Behinderungen aus der Notfallversorgung in die Regelversorgung zu überführen und ihnen einen gleichberechtigten und barrierearmen Zugang zu einer Zahnheilkunde zu ermöglichen, die ihren speziellen Bedarfen entspricht.“

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