Eine Frage des Vertrauens
Wie können wir als Berufsstand mit dem Thema Qualität Vertrauen aufbauen? Welche Wege müssen die Kammern finden, um ihre Glaubwürdigkeit in der Öffentlichkeit zu untermauern? Wie können sie sich zukunftsfest aufstellen? Darüber beriet der BZÄK-Vorstand am 11. und 12. Juli auf seiner diesjährigen Klausurtagung.
Die Diskussion versteht sich als Fortführung der Beratungen der Klausurtagung im vergangenen Jahr sowie der Arbeit im BZÄK-Vorstand in den vergangenen sechs Monaten. Dort ging es unter anderem um Aufgaben eines modernen Kammerwesens und um neue Herausforderungen an die zahnärztliche Selbstverwaltung. Eine dieser Herausforderungen, die Qualitätsförderung der qualitätsorientierten Arbeit, stand nun in Mainz auf der Tagesordnung.
Zum Hintergrund: Mit dem Anfang Juni verabschiedeten GKV-Finanzstruktur und Qualitäts-Weiterentwicklungsgesetz (GKV-FQWG) soll nach dem Willen des Gesetzgebers ein neues Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTiG) entstehen. Der unabhängigen wissenschaftlichen Einrichtung sollen zusätzliche Aufgaben zur Förderung der Qualität in der Gesundheitsversorgung übertragen werden. Von der Arbeit des IQTiG werden wesentliche Belange der Bundesländer und damit der Heilberufekammern, vor allem im Zusammenhang mit Qualitätsaspekten in der Berufsausübung, tangiert sein.
Trotz der zunehmenden Verlagerung von Qualitätsbelangen in das SGB V (und damit in den GKV-Bereich) sind die Kammern nach wie vor über die Heilberufegesetze der Länder für die Qualitätssicherung und -förderung der Berufsausübung in der Zahnmedizin zuständig. Deshalb hatte die BZÄK zusammen mit der Bundesärztekammer und der Bundespsychotherapeutenkammer frühzeitig eine Einbindung in das Institut eingefordert. Dieses Ansinnen hatte der Gesetzgeber nicht aufgenommen.
Die BZÄK will jetzt auf Bundesebene gemeinsam mit den Ärzten und den Psychotherapeuten weitere Aktivitäten entwickeln, um sich für die Beteiligung der Heilberufekammern für Belange der Qualität vor allem in der Berufsausübung einzusetzen.
Strategien für gelebten Patientenschutz
An Strategien dafür wurde auf der Klausurtagung gearbeitet. „Wir als Kammern haben die besten Chancen, Themen, die die Öffentlichkeit interessieren, auch zu bespielen“, betonte BZÄK-Vizepräsident Prof. Dr. Christoph Benz in seiner Einführung. Benz bezog sich dabei auf Bereiche wie Gutachterwesen, jzz, Fortbildung, Patientenberatung, Hygiene oder Röntgen. Der Vorstand leitete einen Meinungsbildungsprozess ein, der in eine Gesamtstrategie münden soll. Auch die Gemeinwohlorientierung des Berufsstands diene vor allem dem Patienten. Sinnvoll sei, den Begriff der Qualitätsförderung ausgehend von originären Kammeraufgaben zu definieren. Dazu zähle, freiwillige Qualitätsinitiativen des Berufsstands in der Öffentlichkeit darzustellen. Der Patient müsse dabei als Benchmark im Mittelpunkt stehen.
Einigkeit bestand im Vorstand darin, dass Qualitätsförderung eine originäre Kammeraufgabe ist, die nicht allein dem G-BA überlassen werden darf. Die Kammern sollten hier initiativ werden und ihre Geschicke selbst in die Hand nehmen. Handlungs- bedarf bestehe auch deshalb, weil das Thema auf europäischer Ebene Vorwand für weitergehende Deregulierungen sei, zum Beispiel im Rahmen der aktuellen Transparenzinitiative. Der Vorstand der BZÄK wird sich als Ausdruck seiner konsequenten Auseinandersetzung mit den Aufgaben der Kammern zukünftig auch mit der Gestaltung von Qualitätsberichten auseinandersetzen.
GKV und PKV in Wechselwirkung
Die Wechselwirkungen zwischen GKV und PKV in Bezug auf die Qualität waren ein weiterer Schwerpunkt der Tagung. Der Hauptgeschäftsführer der Bundesärzte-kammer, Dr. Bernhard Rochell, machte deutlich, dass Qualität ein „Megathema“ im Koalitionsvertrag sei. Fraglich sei aber, ob unter Qualität auch tatsächlich alle dasselbe verstehen. So zeige sich am Beispiel der Krankenhausführer im Internet, dass die Qualitätsauskünfte über Krankenhäuser vielfach mit unterschiedlichen, intransparenten und nicht untereinander vergleichbaren Begriffen arbeiten.
Der Qualitätsbegriff spiele auch eine Rolle im Spannungsfeld zwischen GKV und PKV. Vorgaben aus dem Koalitionsvertrag seien „optisch“ auf die GKV beschränkt, die PKV werde von der Politik als „qualitätsfreie Zone“ erklärt. Es gelte, die Qualitätsvorteile der privat-medizinischen Versorgung darzulegen und weiterzuentwickeln.
Die PKV stehe bei der Qualitätsförderung im Windschatten der GKV, erklärte Dr. Timm Genett, Geschäftsführer beim PKV-Verband. Man müsse sich auf die eigenen Stärken im System besinnen und die unterschiedlichen Zielsetzungen von GKV und PKV berücksichtigen. In seinen Leitlinien formuliere der PKV-Verband das Leitmotiv von Aufklärung und Information. Dazu gehöre die Stärkung der Patienten- und der Arztkompetenz sowie der sprechenden Medizin im Sinne des Shared Decision Making. In diesem Sinne wird die PKV auf die BZÄK zukommen.
Wenn wir dieses System stützen wollen, dann müssen wir kooperieren, erklärte BZÄK-Präsident Dr. Peter Engel. Es gehe darum, kluge Entscheidungen zu treffen, Verbündete zu finden und praktische Initiativen zu gründen.
Förderung der Berufsausübung
„Alle Aspekte der zahnärztlichen Berufs- ausübung sind wesentlicher Bestandteil der Qualitätssicherung und Qualitätsförderungen der Zahnärztekammern“, betonte BZÄK-Vizepräsident Prof. Dr. Dietmar Oesterreich in seiner Einleitung zum dritten Beratungsteil der Klausurtagung, der sich mit Entwicklungen rund um die zahnärztliche Berufsausübung beschäftigte. Aus Sicht des Praxisalltags sei die Förderung dieses Bereichs durch die Kammern das wichtigste Thema (siehe Leitartikel, S. 6)
Wie komplex das Thema ist, machte der Vorsitzende des BZÄK-Ausschusses Praxisführung, Dr. Mathias Wunsch, deutlich. Eine hohe gesetzliche Regelungsdichte führe zu einer großen Verunsicherung der Kollegenschaft. Von den Kammern erwarteten diese eine unbürokratische und kompetente Beratung. Die BZÄK führe für die Zahnärzteschaft eine frühzeitige Analyse und Bewertung von relevanten Entwicklungen durch. Sie halte dazu Kontakt zu Bundesministerien und -behörden, zu Berufsvertretungen und Fachgesellschaften und trage durch ihre Mitarbeit in Gremien auch aktiv zur Gestaltung, aber auch zur Verhinderung von unnötigen Normen und Zusatzkosten bei. Beispiele hierfür seien Stellungnahmen zu Gesetzesentwürfen und die direkte Einbindung in die Erarbeitung von Richtlinien, Leitlinien, Standards und Empfehlungen.
Viel Entlastung für den Berufsstand
Durch die Arbeit der Ausschüsse hätten viele Änderungen in gesetzlichen und untergesetzlichen Regelwerken erreicht und damit der Berufsstand auch finanziell entlastet werden können, bilanzierte Wunsch. Berufspolitisch sei einzufordern, dass ein adäquater finanzieller Ausgleich für gesellschaftlich und politisch gewollte Kostensteigerungen in Zahnarztpraxen geschaffen wird. Der Wunsch der Kollegenschaft nach Vereinfachung sei auch Ziel der BZÄK, jedoch politisch selten durchsetzbar.