Asyl in Deutschland
Die Bundesregierung rechnet für 2015 offiziell mit 800.000 Flüchtlingen in Deutschland mit starker Tendenz zu einer Million. Bund und Länder teilen sich die Kosten. Während der Bund für das Asylverfahren aufkommt, müssen die Länder die Kosten für Erstunterbringung, Verpflegung, Kleidung und Taschengeld tragen.
Der Weg zur Anerkennung
Eigentlich haben Flüchtlinge keine Möglichkeit, legal nach Europa zu kommen. Es sei denn, sie sind „Kontingentflüchtlinge“, die im Rahmen einer humanitären Hilfsaktion aufgenommen wurden. Diese Glücklichen durchlaufen weder ein Asyl- noch sonstige Anerkennungsverfahren, sondern erhalten mit ihrer Ankunft sofort eine Aufenthaltserlaubnis.
Aber das ist nicht die Regel. Die Regel ist die gefährliche Flucht über ganze Kontinente und Meere. Auf der Überfahrt gerieten bekanntlich bereits Zehntausende in Seenot, Tausende starben. Zuletzt ertrank ein kleiner syrischer Junge vor Bodrum. Dennoch flohen allein 2014 mehr als 220.000 und in den ersten sechs Monaten dieses Jahres 137.000 Migranten über das Mittelmeer, um in Europa Asyl zu finden. Bis Juli wurden 2015 in Deutschland 195.723 Asylerstanträge gestellt. Die meisten von Syrern – etwa 42.000 Menschen sind vor dem Krieg dort hierher geflüchtet. Aus dem Irak kamen rund 10 500 Menschen. Eine große Gruppe kommt jeweils auch aus Afghanistan, aus Pakistan, aus Eritrea und aus Nigeria, aber insgesamt mehr als 75.000 Frauen, Männer und Kinder kamen aus dem Kosovo, Albanien, Serbien und Mazedonien.
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Dublin III und der Königsteiner Schlüssel
Das europäische Land, das der Flüchtling zuerst betritt, muss seinen Asylantrag bearbeiten. So regelt es die Dublin-III-Verordnung. Das sind vor allem Griechenland und Italien, weil an deren Küsten die Flüchtenden zuerst ankommen. Über Mazedonien geht eine weitere Route nach Ungarn. Von dort machen sich die Menschen auf in Richtung Norden – Deutschland oder Skandinavien. Griechenland, Italien und Ungarn sind mit diesem Andrang überfordert – diese Länder lassen sie die Flüchtlinge daher oft unregistriert weiterziehen. Aber zumindest theoretisch gilt: Wer bereits in einem Land einen Antrag gestellt hat, kann wieder dorthin verwiesen werden, wenn er in einem anderen Land wiederholt Asyl beantragt.
Nach dem Königsteiner Schlüssel werden die Asylbewerber in Deutschland auf die Bundesländer verteilt. Dabei wird zu zwei Dritteln das Steueraufkommen und zu einem Drittel die Bevölkerungszahl der Länder berücksichtigt. Aktuell kümmert sich Nordrhein-Westfalen um die meisten Asylbewerber (rund 21 Prozent), gefolgt von Bayern (15 Prozent) und Baden-Württemberg (13 Prozent), am Schluss steht Bremen mit knapp einem Prozent. Berlins Anteil liegt nach dem Schlüssel bei etwa fünf Prozent, in die Stadt kamen aber 2014 bereits 15 Prozent aller Flüchtlinge. Wie die Länder dann die Flüchtlinge auf die Kommunen und Gemeinden verteilen, ist nicht einheitlich geregelt. Da die meisten Kommunen und Gemeinden viel zu wenig Möglichkeiten für die Einzelunterbringung in Wohnungen oder Pensionen haben, wird vielfach auf Massenunterkünfte in Schulen, Turnhallen oder Containerdörfern zurückgegriffen.
Das Amt in Nürnberg entscheidet
Zuständig ist bei uns das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Nürnberg mit seinen bundesweit verteilten Außenstellen: Die Behörde entscheidet über Asylanträge, einschließlich der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Ein Recht auf Asyl erhält man als politisch Verfolgter aus Gründen der Rasse, der Religion oder der Nationalität. Auch Drittstaatenangehörige oder Staatenlose können sogenannten subsidiären Schutz erhalten: Darunter versteht man europarechtliche oder nationale Abschiebeverbote, die in der Regel eine Aufenthaltserlaubnis durch die zuständige Ausländerbehörde nach sich ziehen. Per Asylverfahren prüft das Amt, ob der Antragsteller Schutz erhält. Der Ablauf dieses Verfahrens ist im Asylverfahrensgesetz geregelt. In dem Zusammenhang wird auch ermittelt, ob ein anderes EU-Land zuständig ist.
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Essen, Kleidung und 143 Euro Taschengeld
Der Asylsuchende wird an die nächstgelegene Erstaufnahmeeinrichtung verwiesen, wo man ihm seine Unterkunft zuweist. Bei der Außenstelle des Bundesamts stellt er dann persönlich seinen Asylantrag. Damit kommt das Verfahren in Gang und das Asylgesuch wird bearbeitet. In der Erstaufnahme kann man als Asylbewerber maximal drei Monate bleiben. Essen und Kleidung werden gestellt und es gibt 143 Euro Taschengeld monatlich in bar. Dann wechselt man in eine Gemeinschaftsunterkunft und hat Anspruch auf Leistungen im Wert von insgesamt 287 bis 359 Euro im Monat, angelehnt an die Hartz-IV-Regelsätze, Taschengeld inklusive. Für Kinder bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres erhalten Eltern einen nach Alter gestaffelten Betrag, etwa 84 Euro. Die Kosten für die Unterkunft übernehmen direkt die Sozialämter der Kommunen.
Was das Arbeiten betrifft: Die Bundesregierung hat die Sperren verkürzt – nach drei Monaten Aufenthalt dürfen Asylbewerber in Deutschland arbeiten, wenn für den Job kein Deutscher oder EU-Bürger infrage kommt, nach 15 Monaten ist diese „Vorrangprüfung“ hinfällig. Die Hälfte der Flüchtlinge hat laut Bundesagentur für Arbeit eine berufliche oder eine akademische Ausbildung. Das Problem: Allein die Bearbeitungszeit eines Asylantrags beträgt im Schnitt 5,5 Monate, oft dauert sie sogar bis zu einem Jahr.
Generell wird jeder dritte Antrag positiv entschieden, darunter fast jeder aus Syrien und dem Irak (95 Prozent). In diesem Fall ändert sich der Status und der Asylsuchende ist als asylberechtigt anerkannt. Ist man politisch verfolgt oder hat Flüchtlingsschutz, erhält man eine auf drei Jahre befristete Aufenthaltserlaubnis, danach besteht die Chance auf eine unbefristete Niederlassungserlaubnis, falls keine Anhaltspunkte für einen Widerruf vorliegen. Staatenlosen und Drittstaatenangehörigen wird ein Jahr Aufenthaltserlaubnis und nach sieben Jahren die Chance auf eine unbefristete Niederlassungserlaubnis gewährt. Alle drei Gruppierungen bekommen Geldleistungen: 359 Euro pro Person sowie die Kosten für Wohnung und Arztbesuche. Und nach 48 Monaten Sozialhilfe.
Die Hiobsbotschaft heißt: „einfach unbegründet“
Wird der Antrag eines Flüchtlings abgelehnt, muss er Deutschland verlassen – oder gegen die Ablehnung klagen. Lautet die Aussage: „einfach unbegründet“ hat der Asylsuchende einen Monat Zeit für die Ausreise, 2014 waren davon 10.800 Menschen betroffen. Wird der Antrag mit „offensichtlich unbegründet“ beantwortet – das betrifft Bewerber aus Mazedonien, Serbien und dem Kosovo, da diese Länder als sichere Herkunftsländer gelten – hat man eine Woche Zeit auszureisen; 2014 mussten dies 40.000 Menschen.
Wenn die Abschiebung ausgesetzt wird, erhalten Flüchtlinge eine Duldung, diese wird oft wird über mehrere Jahre verlängert. Bleiberecht erhält wohl auch die 14-jährige Reem Sahwil. Das halbseitig gelähmte palästinensische Mädchen hatte im Rahmen eines Bürgerdialogs mit Angela Merkel geweint, weil ihre Familie alle sechs Monate ihre Aufenthaltsgenehmigung erneuern muss. Die Bundeskanzlerin versuchte zu trösten. Diese Bilder gingen um die Welt.