Deutscher Zahnärztetag

Die Politik ist am Zug

Die Versorgung von Flüchtlingen, die Neuaufstellung der zahnärztlichen Patientenberatungsstellen, aktuelle Fragen der Qualitätssicherung und der Telematik – auf der KZBV-Vertreterversammlung am 28. und 29. Oktober in Hamburg berieten die Delegierten über eine Vielzahl berufspolitischer Belange. Ein Dauerbrenner war das Thema Medizinische Versorgungszentren (MVZ).

Gleich zu Anfang gab es rege Diskussionen um das Thema MVZ. Ralf Wagner, KZV-Vorsitzender Nordrhein, brachte es auf den Punkt: „Ich glaube nicht, dass wir die MVZ politisch wegbekommen“, sagte er. Aber die Zahnärzteschaft müsse sich an den Anfang eines Prozesses bei denen setzen, die dort arbeiten wollen.

Dr. Ute Maier, KZV-Vorsitzende Baden-Württemberg, zeigte sich überzeugt: Auch ein angestellter Zahnarzt könne Freiberufler sein, weil er in seiner Therapieausübung frei sei. Stephan Allroggen, KZV-Vorsitzender Hessen, bat um eine klare Positionierung der VV. Diese erfolgte dann in einem deutlichen Beschluss: Die Delegierten lehnten die erleichterte Teilnahme von MVZ an der zahnmedizinischen Versorgung im Rahmen der GKV ab.

Ganz aktuell bestimmten als ein Schwerpunkt praktische Fragen zur Versorgung von Flüchtlingen die Beratungen. Cornelia Prüfer-Storcks, Senatorin für Gesundheit und Verbraucherschutz in Hamburg, unterstrich gegenüber den Delegierten die Notwendigkeit, hier für bundeseinheitliche Regelungen zu sorgen. Ein Faden, den der KZBV-Vorstandsvorsitzende Dr. Wolfgang Eßer sofort aufgriff: Die komplexen Probleme rund um die Flüchtlingsversorgung seien kurzfristig nicht zu lösen, analysierte er. Er dankte allen Zahnärzten, die sich für Flüchtlinge engagieren.

Zugleich forderte er, dass die Hilfe organisiert sein und in einem klar abgesteckten leistungsrechtlichen Rahmen erfolgen müsse. Die Politik sei nun am Zug, die unterschiedlichen Umsetzungsformen des Asylbewerberleistungsgesetzes bundeseinheitlich zu regeln. Die Regelungen müssten zudem den komplexen Anforderungen des Praxisalltags genügen.

Notwendig, einheitlich und verbindlich

Die Flüchtlingsproblematik wurde von den Delegierten intensiv diskutiert. So verwies etwa Sanitätsrat Dr. Helmut Stein, KZV- Vorsitzender Rheinland-Pfalz, auf positive Beispiele mit Behörden vor Ort, es gelte, mit Ministerien oder Kommunen zu verbindlichen Lösungen zu kommen. Dr. Janusz Rat, KZV-Vorsitzender Bayerns, thematisierte das von der Kollegenschaft gut angenommene Beispiel der Positivliste in Bayern. Die Liste sei die „bayerische Antwort auf die eGK“.

Vor dem Hintergrund der kritisch zu betrachtenden Neuvergabe der gesetzlichen Patientenberatung durch den GKV-Spitzenverband an das Unternehmen Sanvartis griff Eßer die Rolle der zahnärztlichen Patientenberatungsstellen auf. Diese würden derzeit neu aufgestellt und zukunftsfest gemacht. Umfangreiche qualitätssichernde Grundlagen und Maßnahmen seien erarbeitet und auf den Weg gebracht worden. Am 1. Januar starte die neue Beratungs- und Dokumentationssoftware für alle Stellen, kündigte Eßer an.

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Sorgsam, kritisch und konstruktiv

Der stellvertretende KZBV-Vorsitzende Dr. Jürgen Fedderwitz erläuterte den Delegierten die zahlreichen aktuellen Aufgaben der KZBV in Sachen Qualitätssicherung. Er skizzierte – mit Blick auf die wachsenden bürokratischen Aufgabenfelder dort – die Funktionen des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), des AQUA-Instituts, des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) und des neuen Instituts für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG).

„Wir werden die Arbeit des IQTIG sehr sorgsam, kritisch, aber konstruktiv begleiten,“ sagte Fedderwitz. Er kündigte ferner den Start des neuen Berichts- und Lernsystems „CIRS dent – Jeder Zahn zählt!“ zum 1. Januar 2016 an. Rechtzeitig vor Weihnachten würden die Praxen dazu mit einem individuellen Registrierschlüssel und den nötigen Anwendungsinformationen versorgt.

Unzureichend, unsicher und riskant

Einen Sachstandsbericht zur Telematik gab der stellvertretende KZBV-Vorsitzende Dr. Günther E. Buchholz. Er ging auf die Probleme bei der Testphase der elektronischen Gesundheitskarte ein: „Es ist schon bemerkenswert, dass das gleiche Ministerium, das uns gesetzlich massive Vorgaben in Sachen Qualität in fast allen Bereichen macht, hier mühelos Abstriche in Kauf nimmt und den Rollout unzureichend erprobter und nicht sicherheitszertifizierter Komponenten riskiert, um nachweislich unhaltbare Fristen über das Gesetzgebungsverfahren zu retten“, monierte er. Er versprach, diese Einwände bei der Anhörung im Ausschuss für Gesundheit am 4.11. vorzutragen. Nichtsdestotrotz werde der flächendeckende Rollout der Online-Anbindung der Praxen kommen und die KZVen müssten entsprechende Vorbereitungen treffen.

Die Beratungen der Delegierten mündeten in zahlreiche politische Beschlüsse. In einer Resolution forderten sie die Regierung auf, die zahnmedizinische Versorgung von Flüchtlingen sicherzustellen. Ferner forderten sie, das E-Health-Gesetz zu ändern und die Sanktionsregeln für den Berufsstand zu streichen. Sie votierten dafür, die zahnärztliche Patientenberatung zu stärken und die sprechende Zahnmedizin angemessen zu vergüten. Die Bestimmungen zum degressiven Punktwert sollten beseitigt werden.

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