Zahnärztetag Rheinland-Pfalz

Ein Berg wie ein Zahn

Unter dem Motto „Berge versetzen, Grenzen verschieben“ haben die BZK Pfalz und die KZV Rheinland-Pfalz ihren Zahnärztetag begangen. Die Metapher strukturierte den Blick auf den standespolitischen und wissenschaftlichen Status quo in der Zahnmedizin. Den Input von außen lieferte Bergsteigerlegende Reinhold Messner als Gastredner.

Messner war als Experte in Sachen Grenzüberschreitung geladen: An die Grenze des Machbaren heranzugehen und Berge zu versetzen – das sei sein Credo, charakterisierte er sich selbst. „Die Berge, die es zu versetzen gilt, sind nicht außerhalb von uns, sondern sie sind in unserem Bewusstsein.“ Ebenso komme der Wille, Grenzen zu überwinden, aus dem Inneren. Die Motivation dazu falle aber nicht vom Himmel, sondern „wächst in uns aus einer tiefen Überzeugung heraus“. Gerade den Misserfolgen im Leben komme dabei eine wichtige Rolle zu: „Wir lernen durch Scheitern.“

Am ehesten ähnele der K2 einem Zahn, verband der Extremkletterer in seinem Vortrag en passant immer wieder seine eigene mit der zahnärztlichen Berufswelt. Auch in einer weiteren Hinsicht gebe es Parallelen. „Beim Felsenklettern braucht man Geschicklichkeit und Konzentrationsfähigkeit – wie in Ihrer Arbeit auch.“

„Grenzen bieten Schutz, sie schränken gleichzeitig aber auch ein“, so formulierte Dr. Wilfried Woop, Vorsitzender der BZK Pfalz, und verwies auf die Grenzen, die der Zahnärzteschaft berufspolitisch gesetzt würden. So limitiere etwa „der nicht enden wollende Regelungswille des Gesetzgebers zunehmend die zahnärztliche Berufsausübung“. Die staatlichen Regelungen schränkten die Freiberuflichkeit immer mehr ein. „Viele von uns empfinden dies bisweilen als gängelnd.“ Als aktuelles Beispiel nannte er etwa das Versorgungsstärkungsgesetz, das den bürokratischen Aufwand in den Praxen weiter vergrößere.

Allerdings habe die Zahnärzteschaft mit der Einführung von Grund- und Wahlleistungen auch bereits Grenzen verschoben – zum Positiven, führte der Vorstandsvorsitzende der KZV Rheinland-Pfalz, Sanitätsrat Dr. Helmut Stein, in seinem Vortrag aus. „Wir haben eine Antwort gefunden auf die Frage nach dem verantwortungsvollen Umgang mit knappen finanziellen Ressourcen und einer gerechten Leistungszuteilung“. Festzuschüsse bei Zahnersatz und Mehrkostenvereinbarungen in der Füllungstherapie gäben Patienten die Freiheit, aus Behandlungsalternativen zu wählen, ohne dass sie den Zuschuss ihrer Krankenkasse verlieren. Auch sei es in der Zahnmedizin selbst zu einer Grenzverschiebung gekommen: durch den Paradigmenwechsel von der kurativen Zahnmedizin der vergangenen Jahrzehnte hin zur präventiven.

Heute gelte die zahnärztliche Prävention als Leuchtturm in der medizinischen Versorgung, so Stein. Eine weitere Grenzverschiebung sieht Stein beim Arzt-Patienten-Verhältnis: Zwar habe schon immer der Patient im Zentrum der zahnmedizinischen Versorgung gestanden. Doch die Beziehung zwischen Arzt und Patient habe sich von einem paternalistischen zu einem partnerschaftlichen Verhältnis gewandelt, das eine gemeinsame Entscheidungsfindung über die Behandlung notwendig mache.

„Das größte Risiko bleibt der Bohrer“

Im zahnmedizinischen Fachvortrag lotete Prof. Dr. Roland Frankenberger, Direktor der Abteilung für Zahnerhaltungskunde an der Marburger Philipps-Universität, Möglichkeiten und Grenzen der konservierenden Therapie aus. Er plädierte dafür, ökonomisch vorzugehen. Beschädigte Restaurationen etwa könne man zunächst mit Komposit korrigieren, statt komplett zu erneuern. Frankenberger: „Eine Erneuerung kostet zu viel gesunde Zahnhartsubstanz.“ Minimalinvasive Methoden böten dem Patienten die Chance, die eigenen Zähne so lange wie möglich zu erhalten. „Das größte Risiko für die Pulpa bleibt der Bohrer“, so Frankenberger.

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