Mitbestimmung ist angesagt
Barmer GEK-Zahnreport, Weisse Liste, UPD-Monitor, egal – laut Dr. Wolfgang Eßer ist das Ergebnis immer dasselbe: „Obwohl die dokumentierten Fälle in Abhängigkeit zur Gesamtzahl belegen, dass es sich um Ausreißer im Promillebereich handelt, werden uns Zahnärzten die meisten Behandlungsfehler attestiert“, kritisierte der KZBV-Vorsitzende in seiner Rede auf der Vertreterversammlung. „Gleichzeitig werden wir von der Politik als Präventionsmeister gelobt, beim ZE machen wir Fortschritt ohne Ende, und andere Länder kommen auf uns zu und wollen wissen, wie sie das auch schaffen können.“
Wird die UPD abgesägt?
Hier die Verunglimpfung, dort die Anerkennung – für Eßer nur scheinbar ein Widerspruch: „Dahinter steht ganz klar das Bestreben der Krankenkassen, mit dieser Taktik – nämlich dem gezielten Schlecht-machen unserer Arbeit – endlich an unsere Daten zu gelangen und sie uneingeschränkt nutzen zu können!“ Zweifelsohne müsse die Zahnärzteschaft auf berechtigte Vorwürfe reagieren. „Und das tun wir selbstverständlich auch: Wir schaffen mehr Transparenz“, sagte Eßer. „Zum Beispiel, indem wir auf unserer Homepage den HKP für Patienten erklären.“ Fakt sei aber auch, dass sich die Bilanzen der Zahnärzte nicht verstecken müssen, im Gegenteil: „Diese zunehmende Informationsasymmetrie in der Öffentlichkeit müssen wir auflösen, sie schadet uns nur.“ Was die UPD betrifft: Immerhin gebe sie der Zahnärzteschaft die Möglichkeit zur Stellungnahme und nutze den gegenseitigen fachlichen Austausch. Bei der jetzt anstehenden Neuausschreibung der unabhängigen Patientenberatung sei die UPD aber offensichtlich nicht berücksichtigt worden, beanstandete Eßer und berichtete über Gerüchte, denen zufolge sie nun die Quittung dafür bekommen habe, dass sie in der Vergangenheit öfter auch die Kassen kritisch unter die Lupe genommen hat. Eßer: „Die UPD ist offenbar schon aus dem Rennen, stattdessen wird ein Callcenter als Favorit gehandelt.“ Ein Callcenter, das schon für Kassen und Pharmaunternehmen tätig war. „Wer eine Patientenberatung anbieten und mit der Bezeichnung ’unabhängig’ führen will, muss diese Beratung auch an fachlich neutraler Stelle aufhängen und die Finanzierung dieser Organisation frei von Fremdeinflüssen halten“, stellte Eßer klar.
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Hauptsache interoperabel
Für und Wider des E-Health-Gesetzes beleuchtete der stellvertretende KZBV- Vorsitzende Dr. Günther E. Buchholz: „Das E-Health-Gesetz produziert keine Datensammlungen“, korrigierte er eingangs die landläufige – aber falsche – Meinung. „Ziel ist der Aufbau einer sicheren Telematikinfrastruktur zur verlässlichen Kommunikation, inklusive der Abrechnungsläufe der KZVen. Und diese Initiative des Gesetzgebers begrüßen wir.“ Das E-Health-Gesetz stelle Wege der Übermittlung für sensible Daten wie Notfallsätze und Medikationspläne zur Verfügung – das sei grundsätzlich positiv.
Die einzige Alternative sei, „sich aus der digitalen Welt zu verabschieden und wieder auf die Post zu setzen“. Buchholz: „Doch wir haben den Schritt in den Praxen längst vollzogen.“ Für die Zahnärzte stehe deshalb die Sicherheit der Daten im Mittelpunkt. „Voraussetzung ist für uns allerdings die Verpflichtung der Hersteller zur Interoperabilität der Systeme, so dass wir beim Kauf neuer Programme unsere Daten migrieren können und nicht wie heute alte Programme weiterlaufen lassen müssen, nur um weiter auf alte Patientenunterlagen zugreifen zu können.“
Die geplanten Sanktionen für Zahnärzte im Falle der Überschreitung der Fristen beim Online-Rollout (1. Juli 2016) für und bei der Onlineanbindung und bei der Anwendung zur Aktualisierung der Versichertendaten (1. Juli 2018) lehnt Buchholz indes entschieden ab. „Diese Regelungen sind weder geeignet, den Aufbau der Telematikinfrastruktur zu beschleunigen noch fördern sie die Akzeptanz bei den Vertragszahnärzten“, argumentierte er. „Überdies weigern wir uns ja gar nicht. Aber Zahnärzte haben nun wirklich gar keinen Einfluss auf die Einhaltung der Fristen. Wir sind abhängig von der termingerechten Leistung Dritter. Ob und wann uns die Industrie die Hard- und Software zur Verfügung stellt, liegt nicht an uns – diesen Prozess können wir als Köperschaft nicht beschleunigen. Das heißt: Wenn wir wollen, aber nicht können, darf man uns nicht mit Strafen belegen.“ Diese Sanktionierung aller Zahnärzte verletze den Grundsatz des Verursacherprinzips und stelle einen Eingriff in die Kompetenzen der Selbstverwaltung dar.
Der Steigbügel für Neues
Warum die Regelungen zur Qualitätssicherung im Krankenhausstrukturgesetz auch wegweisend für die Zahnarztpraxen sind, veranschaulichte der stellvertretende KZBV-Vorsitzende Dr. Jürgen Fedderwitz: „Der Gesetzgeber möchte überwiegend sektorenübergreifend arbeiten. Und im Rahmen dieser Sektorenausweitung werden sektorspezifische Lösungen auf alle Sektoren übertragen.“ Fedderwitz: „Das neue IQTiG wird die Blaupausen für unseren Sektor liefern und damit der Steigbügel für strukturelle Veränderungen im Gesundheitswesen werden.“
Laut Fedderwitz bescheinigen Analysen den umstrittenen Pay-for-Performance-Lösungen – dazu gehörten auch die Qualitätsabschläge im Krankenhaus – auf lange Sicht gleichwohl eher schlechte Ergebnisse. Besser schneide die qualitätsbezogene Vergütung ab. „Was für die Ärzte und Krankenhäuser gut ist, lässt sich aber bekanntlich nicht einfach auf die zahnmedizinische Versorgung übertragen“, resümierte Fedderwitz. „Wir brauchen sektorspezifische Regelungen, um das Niveau und die Qualität der vertragszahnärztlichen Versorgung zu gewährleisten und weiterentwickeln zu können.“ Der Weg von der Expostmessung hin zur prospektiven Qualitätsentwicklung eröffne der Zahnärzteschaft hier Chancen. Fedderwitz: „Wir sollten uns deshalb als Berufsstand proaktiv statt reaktiv auf- stellen. Denn wer einen Gestaltungsrahmen fordert, der muss ihn auch gestalten wollen.“