Anfangs ein Experiment, heute Routine
Orale Implantologie ist heute zum „Allgemeingut“ in der zahnärztlichen Praxis geworden: Innerhalb weniger Jahrzehnte hat die zahnärztliche Implantologie einen Stand und Verbreitungsgrad erreicht, den noch vor wenigen Jahren nicht einmal chronische Optimisten für möglich gehalten hätten. Mehr noch – die Option des Ersatzes fehlender Zähne mittels Implantaten ist heute fast selbstverständlich in zahnärztliche Therapieschemata integriert worden, mitunter wird ihr sogar ein wesentlich höherer Stellenwert eingeräumt als konventionellen, nicht Implantat-unterstützten Therapiealternativen.
In Vergessenheit zu geraten droht dabei, dass der Beginn der zahnärztlichen Implantologie bei Weitem nicht so reibungslos verlief, wie heute vielfach angenommen und propagiert wird, und dass es in den frühen Phasen der oralen Implantologie auch Phasen des Irrens und Wirrens gab – und dass es durchaus auch Komplikationen bei der Insertion künstlicher Zahnpfeiler in den Patientenmund und bei deren Langzeitverbleib gab und gibt.
Die drei Phasen der Implantologie
Die Etablierung der oralen Implantologie lässt sich rückblickend in drei Phasen einteilen:
• Phase 1: Empirie und Experimente
• Phase 2: Einzug der Implantologie in die Hochschulen und in die Wissenschaft
• Phase 3: Massenphänomen Implantologie
Heute ist eine Zahnheilkunde ohne orale Implantologie weder in den Hochschulen noch in den Praxen niedergelassener Kolleginnen und Kollegen denkbar, diesbezüglich hat sich vielmehr ein konstruktives Miteinander ergeben. Zu Beginn war die Situation jedoch gänzlich anders:
Phase 1: Die ersten oralen Implantationen, die Ideen dazu sowie die Entwicklung der ersten Systeme wurden ganz maßgeblich von zahnärztlichen Visionären in ihren Praxen betrieben – mitunter gegen den heftigen Widerstand der Hochschulen. Diese Männer der ersten Stunde hatten mit gleich mehreren Schwierigkeiten zu kämpfen – mit der geringen Verfügbarkeit der damaligen Instrumente und Materialien, mit Vorurteilen gegenüber einer komplett neuen Behandlungsoption und – im Fall eines Misserfolgs – gegebenenfalls mit einem vernichtenden Gutachten eines Hochschullehrers.
Dass sich hier nicht schon Mutlosigkeit und Resignation breit machten, kann heutzutage nur als Glücksfall bezeichnet werden, eben so, dass sich nach einigem Zögern dann doch namhafte Wissenschaftler aus den Hochschulen der neuen Therapieoption Implantologie zuwandten und diese mit ihren bahnbrechenden Arbeiten der gesamten zahnärztlichen Kollegenschaft öffneten.
Phase 2: Zu den „Lichtgestalten“ dieser Phase gehören neben dem unvergessenen Freiburger Duo Prof. Dr. Wilfried Schilli und Prof. Dr. Gisbert Krekeler auch Prof. Dr. Dr. Peter Tetsch und der legendäre Aachener Hochschullehrer Prof. Dr. Dr. Hubertus Spiekermann. Mit der Gründung des Internationalen Teams für Implantologie (ITI) wurde ein weiterer Meilenstein für die Etablierung einer evidenzbasierten Implantologie in den Achtzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts gelegt – die Implantologie war in der Wissenschaft angekommen. Und es gelang den Akteuren rasch, einen Konsens über die erforderlichen Parameter bei der Insertion der Implantate, zum Material und für die prothetischen Versorgungsmöglichkeiten zu finden.
Phase 3: Mit dieser „Ausrüstung“ wurde Phase 3 begonnen, die anfangs von einem stürmischen, nahezu unaufhaltbaren Wachstum gekennzeichnet war. Denn die Zahl der inserierten Implantate schnellte empor, jährlich zweistellige Zuwachsraten waren nahezu Realität. Mit dieser starken Zunahme der inserierten Implantate ging ein beträchtlicher Anstieg der implantologisch tätigen Kollegen einher. Die Implantologie zog nahezu flächendeckend in die deutschen Zahnarztpraxen ein. Dass diese Verbreitung, die durchaus als Massenphänomen bezeichnet werden kann, nicht immer mit dem Ausbildungsgrad der Akteure korrespondierte – vor allem bei anspruchsvollen, komplexen Fragestellungen – barg mitunter ein nicht unerhebliches Konfliktpotenzial. Ob man die momentane Situation als Beginn einer (weiteren) Phase 4 bezeichnen kann – die der Marktstättigung und der Restrukturierung – wird sich zeigen.
Konsense, Dogmen und Revidierungen
Um der Implantologie den entscheidenden Schub von der eher erfahrungs- und visionsgeführten Vorgehensweise hin zur wissenschaftlich abgesicherten Anwendung zu geben, bedurfte es der Erarbeitung eines Konsenses zu den dringlichsten Fragen der Implantologie zwischen Wissenschaftlern, erfahrenen Chirurgen und der Implantatindustrie. In der frühen Phase dieser Abstimmungen bezog sich der Konsens vornehmlich auf Fragen, die die Insertion der künstlichen Zahnpfeiler betraf. Später kamen vermehrt prothetisch orientierte Fragen zur Versorgung von Implantaten mit Zahnersatz hinzu.
Zu Beginn und noch Mitte der Neunzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts war die zahnärztliche Implantologie durch zahlreiche Dogmen gekennzeichnet, die um die Jahrtausendwende erstmals hinterfragt wurden, um später in ihrer Gesamtheit erneut infrage gestellt zu werden. Ob Einheilzeiten, Warte zeiten nach der Augmentation, prothetische Konzepte – alles kam auf den Prüfstand.
Durch einige bemerkenswerte Entwicklungen – hier seien vor allem Verbesserungen bei den Implantatoberflächen genannt – erwiesen sich einige dieser Dogmen als nicht länger haltbar, einige wurden jedoch auch vorschnell aufgegeben – und mitunter wurde auch übers Ziel hinausgeschossen: Man denke vor allem an das Forcieren von Sofortbelastungskonzepten – dort musste (schmerzhaft für Patienten und Implantologen) zurückgerudert werden.
Der prosperierende Implantatmarkt
Mit „einigen Hundert“ inserierten Implantaten pro Jahr gehörte ein Implanteur Anfang der Neunzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts durchaus schon zu den „großen“ der implantologisch tätigen Zahnärzte. Als die Veröffentlichungen der Marktdaten und die Äußerungen der Industrie den Schluss nahelegten, dass die „magische“ Marke von einhunderttausend gesetzten Implantaten pro Jahr in Deutschland erreicht wurde, urteilte ein renommierter kieferchirurgischer Hochschullehrer, dass damit „ganz offensichtlich das Ende der Fahnenstange erreicht“ sei.
Aber dem war nicht so: Im Rahmen einer stürmischen, nahezu ungebremsten Entwicklung wurde innerhalb des folgenden Jahrzehnts die Millionenmarke inserierter Implantate in Deutschland überschritten. In den vergangenen Jahren verlief dieser Anstieg nun zwar flacher – die globalen wirtschaftlichen Entwicklungen verursachten sogar einen kurzen Sinkflug – dennoch kann man heute davon ausgehen, dass der Implantatmarkt immer noch stetig, wenn auch diskret, wächst.
Die Rolle der Hersteller
„Von der Manufaktur zum global player – vom Spezialhersteller für Implantate zum Vollsortimenter“, so lässt sich die Entwicklung einiger renommierter Implantathersteller und Vertriebsfirmen beschreiben. In der Tat ist es beeindruckend, wie sich einige dieser Firmen in den vergangenen 15 Jahren entwickelt haben, was für ein breites Portfolio vorhanden ist, welche wirtschaftliche Größe sie inzwischen aufweisen, wie viele Mitarbeiter sie beschäftigen.
Zwei weitere Gemeinsamkeiten bei diesen prosperierenden Unternehmen sind auffällig: die Akquisition von Produkten und sogar ganzen Firmen, um das Produktportfolio auszuweiten beziehungsweise zu ergänzen, und das Drängen auf den „virtuellen Markt“ (CAD/CAM, Planung und mehr). In diesem Bereich werden seitens der großen, weltweit tätigen Implantathersteller enorme Summen investiert.
Aufgrund der konsentierten Absprachen zwischen allen Beteiligten haben früh eintretende Komplikationen, wie eine nicht erfolgte Osseointegration, weitgehend ihren Schrecken verloren. Der Erfolg einer implantologischen Maßnahme war „sicher und vorhersagbar“ geworden. Gleichzeitig wurden aber auf einem ganz anderen Gebiet der oralen Implantologie Konfliktpotenziale deutlich.
Das Problem Rot-Weiß
So sahen sich die implantologisch tätigen Zahnärzte relativ unerwartet (und teilweise unvorbereitet) mit einer Diskussion konfrontiert, die vornehmlich aus dem nordamerikanischen Raum auf Europa „überschwappte“ – das Problem der „Rot-Weiß-Ästhetik“. Mit der Fokusverschiebung auf das Ziel einer höchstmöglichen Ästhetik bei implantatprothetischen Versorgungen verbunden war eine gewisse Abnabelung der Implantologie von der bis dahin dominanten Chirurgie: Standen in der Frühphase die sichere Insertion und eine möglichst gute Platzierung im Knochen im Vordergrund – mitunter zulasten einer späteren Versorgung mit Zahnersatz durch eine ungünstige Platzierung der künstlichen Zahnpfeiler –, so dominierten nunmehr prothetische Ansprüche und Fragestellungen.
Um diese befriedigen zu können, wurden die bewährten Insertionstechniken geändert und neue etabliert. Möglich geworden ist diese Entwicklung vor allem durch die immensen Verbesserungen auf dem Gebiet der Augmentationen, die nun mit signifikant höherer Voraussagbarkeit durchgeführt werden konnten. Möglich geworden ist diese Entwicklung auch durch eine wesentliche Verbesserung der Ausbildung der implantologisch tätigen Kollegen. Diese Verbesserungen betrafen sowohl die Phase des Studiums als auch die postgraduale Ausbildung. So gebührt an dieser Stelle den Universitäten und den Fachgesellschaften, die sich hier massiv eingebracht haben, ein großes Lob.
Fokus Augmentationen
Durch die Etablierung einer Vielzahl neuer, sichererer Augmentationsverfahren konnte das Knochenlager für das Implantat nahezu nach Belieben gestaltet werden. Ein früher, aber wichtiger Ansatz für einen echten Fortschritt waren die damals revolutionär wirkenden Verfahren für Augmentationen im Oberkieferseitenzahnbereich. Dank dieser Sinus-Lift-OP-Techniken, die in späteren Jahren einige Modifikationen – auch im Sinne eines weniger invasiven Vorgehens – erfuhren, konnten nun Kieferareale mit Implantaten versorgt werden, die zuvor als „nicht implantatfähig“ galten oder die nur mit hochinvasiven kieferchirurgischen Verfahren wieder implantationsfähig gemacht hätten werden können.
Waren die ersten Sinus-Lift-OPs in der Regel hoch spezialisierten Zentren vorbehalten, so sind diese heute implantologisches Allgemeingut geworden und werden in vielen Zahnarztpraxis als Routineeingriff durchgeführt.
Fokus neue Materialien
Mit der Einführung von Zirkonoxid etablierte sich ein ganz neues Material in der Implantologie – zunächst für die Herstellung von Zahnersatz (Suprakonstruktion), später auch als Material für Implantate. Der von einigen Patienten geäußerte Wunsch nach einer „metallfreien“ Versorgung – durchaus forciert durch Befürworter ganzheitlicher (zahn-)medizinischer Versorgungskonzepte – führte jedoch zu einer raschen, mitunter übereilt wirkenden Entwicklung und Präsentation von Zirkonoxid-Implantatlinien.
Zunächst gab es zwei Vorgehensweisen: Die eine bestand darin, bewährte Implantatlinien in Zirkonoxid zu überführen, also die gleichen Implantatformen und -arten nicht nur in Titan, sondern nun auch mit dem neuen Material Zirkonoxid herzustellen. Alternativ hierzu präsentierten Hersteller Neuentwicklungen, die kein Titanpendant hatten.
Schwierigkeiten bereitete, dass Zirkonoxidimplantate bei geringen Durchmessern zu einer erhöhten Frakturrate nach Belastung führten. Daneben gab es eine Reihe von Fragen zur Oberflächenbehandlung des neuen Materials. So waren die Rauigkeiten, die bei Titan mit zahlreichen Verfahren einfach zu erzielen sind, bei Zirkonoxid zunächst nicht möglich. Das war ein Nachteil, der besondere Maßnahmen bei der Insertion und während des (längeren) Einheilprozesses erforderte. Erst in jüngerer Zeit gelang es den Herstellern, dieses Defizit auszugleichen und ähnlich raue Oberflächen wie an Titan herzustellen.
Was bleibt, ist ein deutlicher Preisunterschied zwischen Zirkonoxid- und Titanimplantaten, der in jüngster Zeit durch Preissenkungen bei Titanimplantaten sogar noch gestiegen ist. Dennoch hat sich die „metallfreie“ Implantologie und damit auch Zirkonoxid als Material heute etabliert.
Computerspiele? – die virtuelle Implantologie
„Computerspiele“ – was Teile der Hardcore-Fraktion der „alten Kämpen“ von den seinerzeit neuen Planungs- und Insertionsmöglichkeiten für orale Implantate hielten, ist angesichts solcher Aussagen offensichtlich. Hatte sich diese Fraktion bereits mit dem Wandel von der chirurgischen zur prothetisch dominierten Implantologie schwer getan, so wurden die in einer unglaublichen Schnelligkeit aufkommenden neuen digitalen Verfahren oftmals nicht angenommen. Vor allem das Ansinnen einiger Meinungsbildner, für diese neuen Techniken, die in der Regel auf der Gewinnung von 3-D-Röntgendatensätzen beruhen, einen Allgemeingültigkeitsanspruch definieren zu wollen und Standards zu setzen, stieß auf Ablehnung.
Dank einer vorausschauenden und seriösen Diskussion, die im Rahmen von Konsensuskonferenzen und bei Kongressen, aber auch an den Universitäten und in den zahnärztlichen Körperschaften geführt wurde, ist meines Erachtens dann doch ein guter Kompromiss gefunden worden. Bei komplexen Fällen sind diese neuen Techniken überaus hilfreich und sinnvoll, bei einigen hoch komplexen Fällen sogar unabdingbar. Bei einfachen „Normalfällen“ jedoch sind diese in der Regel nicht erforderlich, mitunter aufgrund der Strahlenbelastung (bei Gewinnung des 3-D-Datensatzes) auch nicht geboten.
Eigen- und Fremdwahrnehmung
Waren die Kongressthemen des ersten Jahrzehnts, in dem das „Implantologie Journal“ erschien, im Regelfall vornehmlich mit positiven Aussagen, der Darstellung neuer Möglichkeiten in der Implantologie und dem Unterton des Glaubens an grenzenloses Wachstum vergesellschaftet – und damit nahezu deckungsgleich mit den entsprechenden Aussagen und Wertungen vieler Implantathersteller und -vertriebsfirmen –, so wandelte sich dies im vergangenen halben Jahrzehnt deutlich. Nun standen plötzlich ganz neue Themen im Vordergrund und prägten die Fachkongresse – kurioserweise Themen, die in den vergangenen Jahren nicht nur negiert, sondern teilweise aktiv in deren Darstellung verhindert wurden.
Nur zu gut erinnere ich mich an den in Frankfurt am Main 1998 abgehaltenen Implantatkongress eines damals sehr großen amerikanischen Implantatherstellers, wo ich über das an der Universität Freiburg entwickelte Therapiekonzept für die Periimplantitis berichtete und dann in der anschließenden Podiumsdiskussion von dem aus den USA stammenden Hauptredner gemaßriegelt wurde, dass er in „zwanzig Jahren Implantologie noch keinen einzigen Fall von Periimplantitis gesehen“ habe, dieses Phänomen gar keines sei und allenfalls aufgrund einer mangelhaften OP-Kunst des Implantierenden vorkommen könne ...
Wie sich die Zeiten ändern: Troubleshooting / Komplikationen in der Implantologie, ja sogar das Wort Misserfolg wurden in denvergangenen Jahren zu Kongressthemen der bedeutenden deutschen Implantatfachgesellschaften!
Eng vergesellschaftet mit der durchweg positiven Wertung von Implantaten und dem Dauerunterton, dass man mit Implantaten immer und überall das Optimum erreichen könne – wie es vor allem in der Laienpresse zu lesen war –, schraubten sich die Erwartungen unserer Patienten in den vergangenen anderthalb Jahrzehnten enorm nach oben. Jeder Patient ging davon aus, dass bei ihm – ungeachtet der individuellen Situation – stets das Optimum zu erreichen sei. Selbstkritisch sollten wir einräumen, dass man diesem Eindruck nicht immer energisch genug entgegengetreten ist.
Und so kam es, wie es kommen musste – mitunter war das Ergebnis nicht so, wie es seitens des Patienten erwartet worden war. Ganz kurios wird es, wenn das erzielte Ergebnis angesichts des Ausgangsbefunds zahnmedizinisch als „gelungen“, jedoch patientenseitig als „misslungen“ gewertet wird.
Ob man es so drastisch formulieren will, wie es der früher an der Universität Tübingen und nunmehr in Greifswald tätige Parodontologe Prof. Kocher tut, indem er von der Implantologie als dem „Rotlichtmillieu der Zahnmedizin“ spricht, das sei jedem selbst überlassen. Persönlich finde ich diese Wertung nicht zutreffend, aber in jeder Aussage steckt in der Regel ja ein Fünkchen Wahrheit und so wird der Vorwurf, des „Overtreatments“, der nicht immer indizierten Entfernung von Zähnen zugunsten von prospektiven Implantaten, vor allem seitens der Konservisten und der Parodontologen immer öfter gehört. Dem muss durch tägliches individuelles Abwägen bei der Behandlung und in der akademischen Diskussion begegnet werden.
Implantat(prothetisches) Troubleshooting
Mit der Erkenntnis, dass nicht jeder Fall zwangsläufig gelingt und nicht jeder Fall auch über Jahre so bleibt wie er einstmals war, wurden Rufe nach neuen Therapiekonzepten laut. Diese waren zunächst nicht vorhanden. Und sie sind zum Beispiel für die Behandlung der Periimplantitis auch noch nicht abschließend konsentiert. Ähnliches ist für die präimplantologische Augmentation zu sagen, wo zwar eine Vielfalt an OP-Techniken und Materialien vorliegt, aber bislang kein allgemein gültiges Schema konsentiert ist. Positiv zu vermerken ist, dass die Notwendigkeit für Troubleshooting-Konzepte heute allgemein anerkannt und auch am Implantatmarkt unterstützt wird.
Die Etablierung von Copycats
Über viele Jahre hinweg waren die Herstellerfirmen von oralen Implantaten verwöhnt, zum einen durch einen ständig, mitunter stürmisch wachsenden Markt, zum anderen durch eine einstmals überschaubare Anzahl von Anbietern und zum dritten durch umfangreiche Schutzmechanismen gegen Nachbauprodukte. Heute stellt sich der Implantatmarkt gänzlich anders dar: Die Zuwachszahlen sind allenfalls als moderat zu bezeichnen, die Zahl der Implantatanbieter ist stark gewachsen, mitunter sogar unübersichtlich geworden und die zeitlich limitierten Schutzmustermechanismen sind ausgelaufen, beziehungsweise es ist unwirtschaftlich, diese zu verlängern. So verwundert es kaum, dass zahlreiche Firmen bewährte Implantatlinien nachahmen beziehungsweise die dahinter steckende Geschäftsidee schlichtweg kopieren. Im nordamerikanischen Markt hat sich hierfür der Begriff „Copycat“ etabliert, der anfänglich geführte Begriff „Generika-Implantate“ hat sich nicht durchgesetzt. Die Idee, die hinter Copycats steckt, wird allerdings sehr kontrovers diskutiert.
Für den Käufer (Zahnarzt) jedoch stellen Copycats eine angenehme Alternative dar, bekommen sie doch augenscheinlich ein nahezu identisches Produkt zu einem weitaus günstigeren Preis. Diese Erfahrungen werden auch in der Implantologie gesammelt, wo heute nahezu jedes bewährte System als Copycat erhältlich ist, bei sehr verbreiteten Systemen oft sogar von mehreren Herstellern angeboten. Tatsache ist auch, dass mit der Etablierung der Copycat-Systeme der Einstiegspreis für Implantate erstmals deutlich unter 100 Euro für ein Nachahmerprodukt sank, einige dieser Firmen inzwischen deutliche Marktanteile einnehmen und auch große Implantatfirmen zu Preisanpassungen nach unten gezwungen wurden.
Neue Perspektiven bei der Wissensvermittlung
Eine Entwicklung der vergangen 15 Jahre, die sicherlich nicht nur die Implantologie, sondern die gesamte Zahnheilkunde betrifft, ist die hohe Vielzahl von Printmedien im Fach Zahnmedizin und seit einigen Jahren auch die dazugehörigen digitalen Medien. Erweckte der Auftritt einiger Fachzeitschriften Anfang/Mitte der Neunzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts noch eher den Eindruck eines „Gesetzesverkündungsblattes“, so hat sich hier in den vergangenen anderthalb Jahrzehnten viel getan. Die Qualität des (nun zur Regel gewordenen) Farbdrucks (früher für Autoren, die Farbabbildungen wünschten, aufpreispflichtig!!), die Schärfe der Abbildungen, das Papier – dies alles vermittelt einen hochwertigen Eindruck und hinterlässt beim Betrachter auch bleibenden Eindruck. Hier hat auch die Implantologie klar profitiert, denn nun lassen sich die teilweise hochkomplexen Zusammenhänge besser vermitteln.
Die Möglichkeiten von E-Learning, von digitalen Fachzeitschriften und die Option der Nutzung von virtuellen, interaktiven Wissensplattformen ergänzen das heutige Fortbildungsbedürfnis gerade der jungen Zahnärztegeneration in idealer Weise.
Dr. Georg Bach
Fachzahnarzt für Oralchirurgie
Rathausgasse 36
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