Hepatitis B und Hepatitis C in Deutschland

Berufsbedingtes Infektionsrisiko für den Zahnarzt

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Nach Einschätzung der Experten werden die chronische Hepatitis B und die chronische Hepatitis C und deren Folgeerkrankungen Zirrhose und Leberkarzinom in den nächsten Jahren deutlich zunehmen. Betroffen sind in erster Linie bestimmte Risikogruppen. Dazu gehören auch Flüchtlinge und Migranten. Bei der Therapie indes hat es in den vergangenen Jahren große Fortschritte gegeben.

Im Unterschied zu einer Hepatitis A, die oral übertragen wird und nie chronisch verläuft, werden die Hepatitis B und die Hepatitis C parenteral übertragen, also über Blut oder Sexualkontakt, oder auch perinatal, und können in eine chronische Verlaufsform übergehen. Eine solche chronische Hepatitis kann zu einer Leberzirrhose und zu einem Leberzellkarzinom führen. Die chronische Hepatitis B und die chronische Hepatitis C stellen somit für den Zahnarzt ein berufsbedingtes Infektionsrisiko dar.

Hepatitis C: Unspezifische Symptomatik

Das Hepatitis-C-Virus ist ein RNA-Virus, das parenteral übertragen wird. Risikogruppen sind Personen mit i.v. Drogenabusus und Personen beziehungsweise Hämophilie- Patienten, die vor 1990 mit Blutprodukten

beziehungsweise Gerinnungspräparaten behandelt wurden. Die sexuelle Übertragung ist allerdings selten. Auch bei der Geburt kann das Virus von der Mutter auf das Kind übertragen werden. In rund 30 Prozent der Fälle lässt sich der Infektionsweg aber nicht nachvollziehen.

Die akute Hepatitis C verläuft oft unbemerkt, das heißt, sie geht mit einer unspezifischen Symptomatik wie bei einem grippalen Infekt einher. In etwa 70 Prozent der Fälle geht die Erkrankung in eine chronische Hepatitis über. Der Nachweis der chronischen Hepatitis C erfolgt durch den Nachweis der Anti-HCV-Antikörper und – wenn diese positiv sind – mittels Bestimmung der HCV-RNA. Um die Erkrankung nicht zu übersehen, sollte bei allen Patienten mit erhöhten Leberwerten und bei Patienten, die zu einer Risikogruppe gehören, nach der Erkrankung gefahndet werden. Eine Impfung steht bisher nicht zur Verfügung.

Revolutionäre Therapieerfolge

Die Einführung zahlreicher neuer direkter antiviraler Substanzen (DAA) hat die therapeutischen Möglichkeiten bei der chronischen Hepatitis C in revolutionärer Weise verbessert. Mit der Kombination solcher Substanzen werden bei einer Therapiedauer von zwölf bis 24 Wochen heute beim Genotyp 1 Heilungsraten von weit über 90 Prozent erreicht und zwar ohne das schlecht verträgliche Interferon. Die Interferon-freie Therapie ist ein enormer Fortschritt, der keinem behandlungsbedürftigen Patienten vorenthalten werden sollte.

Die DAAs greifen an verschiedenen Zielstrukturen im HCV-Lebenszyklus an. Diese sind die HCV-Protease, das HCV-NS5- Protein und die HCV-Polymerase, wobei nukleos(t)idische und nicht-nukleosidische Polymeraseinhibitoren unterschieden werden. Bei der Auswahl der Substanzen beim einzelnen Patienten müssen Alter, viraler Genotyp, Begleiterkrankungen – insbesondere eine gleichzeitig bestehende HBV- beziehungsweise HIV-Infektion – das Vorliegen einer Niereninsuffizienz, die Begleitmedikation, der Schweregrad der Lebererkrankung und der Vor-Therapiestatus ebenso berücksichtigt werden wie die antivirale Effektivität und die offiziellen Zulassungskriterien für die Substanz. Häufig eingesetzte Kombinationen sind Sofosbuvir plus Daclastavir, Sofosbuvir plus Ledispavir und Paritaprevir/Ritonavir plus Ombitasvir, plus Dasabuvir eventuell in Kombination mit Ribavirin.

Doch es gibt Patientengruppen, bei denen die antivirale Therapie problematisch bleibt oder bei denen noch keine ausreichenden Daten vorliegen, um eindeutige Therapieempfehlungen geben zu können. Dazu gehören Patienten mit einer erfolglosen Vor-Therapie beziehungsweise einer Resistenz, solche mit einer HIV- beziehungsweise HBV-Begleitinfektion, mit einer chronischen Niereninsuffizienz, mit einer Leberzirrhose und/oder mit einer Infektion mit dem Genotyp 3.

Nach neueren Studienergebnissen zeigen aber bestimmte Kombinationen auch bei solchen Problempatienten eine vergleichbare Wirkung. Bei Patienten mit einer Leberzirrhose sollte die Therapie allerdings über 24 Wochen und in Kombination mit Ribavirin durchgeführt werden. Bei Patienten mit einer HIV-Begleitinfektion müssen Interaktionen mit den HIV-Medikamenten berücksichtigt werden.

Hepatitis B: Wirksamer Impfschutz

Das Hepatitis-B-Virus ist ein DNA-Virus. Die Hepatitis B gehört zu den weltweit häufigsten Infektionskrankheiten. Die Infektion verläuft parenteral oder sexuell. Auch eine perinatale Infektion ist möglich. Eine solche führt bei 90 Prozent der Kinder zu einer chronischen Hepatitis B, ansonsten verläuft die Erkrankung nur in fünf bis zehn Prozent der Fälle chronisch. Das Risiko für eine Ansteckung durch eine Nadelstichverletzung bei einem Patienten mit einer chronischen Hepatitis B liegt bei zehn bis 30 Prozent.

Im Unterschied zur Hepatitis C steht eine sehr wirksame Impfung zur Verfügung, wobei der Impfschutz mindestens zehn Jahre anhält. Die Therapie der chronischen Hepatitis ist nicht kurativ, das heißt, sie kann nicht vollständig wie die Hepatitis C geheilt werden. Das Therapieziel ist vielmehr, den Verlauf abzumildern beziehungsweise eine Progression zu verhindern, um so das Risiko von Spätfolgen zu reduzieren.

Gefürchtete Komplikationen

Um eine chronische Hepatitis-B-Infektion (HBV) zu erfassen, sollte nicht nur bei Patienten mit erhöhten Leberwerten, sondern auch bei Angehörigen von infizierten Patienten und auch bei Personen mit Migrationshintergrund aus Ländern mit einer erhöhten HBV-Prävalenz nach dieser Infektion gefahndet werden und zwar mit Bestimmung von HBsAg, anti-HBc und anti-HBs. Im Unterschied zur chronischen Hepatitis C kann das HBV nie vollständig eradiziert werden.

Therapieziel sind die dauerhafte Senkung der HBV-DNA unter die Nachweisgrenze und der HBsAg-Verlust. Dies führt zu einer Besserung der Leberwerte, der Histologie und verhindert die gefürchteten Komplikationen Leberzirrhose und hepatozelluläres Karzinom. Behandelt werden sollten Patienten mit einer dauerhaft erhöhten GPT und einer Virusmenge 2.000 IU/l. Bei Patienten mit Leber- zirrhose besteht die Indikation immer unabhängig von den Leberwerten und der Viruslast.

Patienten mit günstigen Therapie-Prädiktoren (hohe Werte für Transaminasen, geringe Viruslast, kurze Infektionsdauer, hohe inflammatorische Aktivität) können über zwölf Monate mit PEG-Interferon behandelt werden. Ansonsten kommen Nukleos(t)idanaloga zum Einsatz. Neuere Empfehlungen bevorzugen Entecavir und Tenofovir als First-line-Therapie wegen des nur sehr geringen Resistenzrisikos. Lamivudin, Adefovir und Telbuvidin haben wegen der höheren Resistenzraten nur noch einen nachgeordneten Charakter.

Dr. med. Peter Stiefelhagen
Chefarzt der Internistischen Abteilung
DRK-Krankenhaus
57627 Hachenburg
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