Im Prinzip gibt´s Hoffnung
Die Chancen für Veränderungen am GKV-VSG stehen gut, hat doch noch kein Gesetzentwurf das parlamentarische Verfahren unverändert durchlaufen, meint Prof. Dr. Andreas Lehr, gesundheitspolitischer Fachjournalist, LetV Verlag, Berlin. Zurzeit durchläuft das Versorgungsstärkungsgesetz das parlamentarische Verfahren – Hochzeit für intensiven Lobbyismus im Bestreben, missliche Regelungen zu kippen beziehungsweise abzuschwächen. Neben vielen Gesprächen mit dem Minister, den zuständigen Beamten im BMG, den Abgeordneten im Gesundheitsausschuss wird in der Regel irgendwann die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit gesucht. Anfang März positionierte sich die KBV in Berlin vor der Presse zu diesem für sie bedeutsamen Gesetz, kritisierte eine Vielzahl von Regelungen und erhob eigene Forderungen. Zentrale Kritikpunkte am Entwurf zum VSG sind jene Regelungen, die sich um die Vergabe zeitnaher Termine und um Praxisaufkäufe drehen. Die Themen mögen auf den ersten Blick harmlos wirken, haben aber laut KBV weitreichende, auch strukturverändernde Wirkungen.
Regina Feldmann und Andreas Gassen erläuterten den anwesenden Journalisten, welche Wirkungen die geplanten Regelungen befürchteten lassen. Terminservicestellen suggerierten Verbesserungen für die Patienten, beschädigten aber die Struktur der ambulanten Versorgung und verursachten nur zusätzliche Kosten. Eine Behandlung im Krankenhaus nach Überschreiten der Vierwochenfrist für einen Facharzttermin stopfe nur ein Loch mit einem anderen, denn die Krankenhäuser seien heute schon überlastet, viele würden die jeweils notwendigen Behandlungen nicht mehr anbieten. Niedergelassene garantierten Facharztstandard, dies sei im Krankenhaus nicht der Fall. Patienten wollten zudem von einem bestimmten Arzt behandelt werden, auch dies könnten Krankenhäuser nicht gewährleisten. Mit dem VSG werde die inhaber- geführte Praxis, das Rückgrat der Versorgung geschwächt und nicht gestärkt, mit negativen Auswirkungen auf eben diese Versorgung. Ein Selbstständiger mit 50 Wochenstunden leiste mehr an Versorgung als ein angestellter Arzt in einer 37-Stunden-Woche. Habe der Wunsch vieler Jüngerer nach einer Anstellung nicht auch etwas mit den Rahmenbedingungen zu tun? Dennoch sei für viele Nachwuchsmediziner Selbstständigkeit immer noch das Ziel. Mit dem VSG setze die Politik aber das falsche Signal. Wer wolle sich schon an einem Ort niederlassen, wo Krankenhäuser die Patienten wegfischen oder die Praxis vom Netz genommen werden könnte? Das Problem der Praxisschließungen werde mit diesem Gesetz nicht gelöst, sie würden vielmehr regelrecht angestrebt.
Ein weiterer Kritikpunkt waren die Aufkaufregelungen für Praxen auf Basis von Zahlen aus dem Jahr 1990. Verschiebungen von stationär zu ambulant oder Trends in der Bevölkerungsallokation würden nicht berücksichtigt. Die vorgesehenen Planungen seien unsinnig. Zudem seien viele Probleme ungelöst, wie etwa erb-, miet- und arbeitsrechtliche Kosten der Aufbewahrung für Akten. Die Rechtslage sei ungeklärt, deshalb könnten Praxen von den KVen nicht aufgekauft werden. Der Praxisverkauf habe seine Funktion als Instrument der Alterssicherung weitgehend verloren. Die KBV hat ihre Kampagne, die junge Mediziner zur Niederlassung motivieren soll, kurzfristig mit Stoßrichtung VSG umgestellt, denn dieses gefährde die Erfolge der Kampagne. Die Forderungen der KBV sind nicht neu, eher ein „Dauerbrenner“. Sie will feste Preise, eine bessere Berücksichtigung der Zuwendungsmedizin, Bürokratieabbau und eine Senkung des Einflusses der Krankenkassen auf Therapieentscheidungen. Gassen und Feldmann berichteten hoffnungsvoll, Signale aus der Politik erhalten zu haben, dass am VSG aufgrund der Kritik der KBV im parlamentarischen Verfahren noch etwas verändert werde.
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