Kommunikation mit Demenzpatienten

Lächeln und anfassen

Die Kommunikation zwischen Zahnarzt und Patient birgt spezielle Herausforderungen, weil der Mund des Patienten sowohl der Verständigung dient als auch Gegenstand der zahnärztlichen Untersuchung ist. Wenn Patienten dann noch aufgrund ihres Alters oder aufgrund einer Erkrankung kognitiv oder sprachlich eingeschränkt sind, gestaltet sich der Umgang besonders schwierig.

Eine gelungene Kommunikation ist wesentlich für ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen Zahnarzt und Patient verantwortlich und damit die zentrale Voraussetzung für eine erfolgreiche zahnärztliche Behandlung. Diese Aussage wird sowohl von Zahnärzten, von Studierenden der Zahnmedizin als auch von den Patienten geteilt. Zahnärztliche Kommunikation spielt sich jedoch in einem besonderen Rahmen ab, der durch zahlreiche Einschränkungen und Asymmetrien zwischen Patient und Zahnarzt gekennzeichnet ist. Die räumliche Enge im Behandlungszimmer, das Ungleichgewicht zwischen dem Expertenwissen des Zahnarztes und dem Laienwissen des Patienten oder die Steuerungsmacht des Zahnarztes eine Therapiemaßnahme hervorzuheben sind nur einige Faktoren.

Der demografische Wandel bedingt nun zusätzlich, dass die kommunikativen Herausforderungen in der Praxis immer vielfältiger und spezieller werden: „In den letzten Jahren hat die Alterszahnmedizin immer mehr an Bedeutung gewonnen“, sagte Prof. Ina Nitschke, Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Alterszahnmedizin, anlässlich der 25. Jahrestagung der DGAZ in Hannover. Der ältere Patient wolle sich trotz Schwerhörigkeit und gesundheitlicher Einschränkungen in der Praxis verstanden und ernst genommen wissen. „Es sind nicht nur die zahnärztlichen manuellen Skills, die im Alltag gebraucht werden“, berichtete Nitschke, „das Zuhören genauso wie das Hören sind Fähigkeiten, die in den Fokus des Praxisalltags gestellt werden sollten.“

Demenzkranke brauchen besonders freundliche Ansprache

Neben betagten und hochbetagten sowie schwerhörigen und multimorbiden Patienten bilden die Demenzerkrankten eine Patientengruppe, mit der verbale Kommunikation meist noch schwieriger möglich ist, die gleichzeitig zukünftig aber in den Praxen und in der mobilen Betreuung verstärkt versorgt werden muss. Nach aktuellen Schätzungen der Deutschen Alzheimer Gesellschaft leben in Deutschland gegenwärtig etwa 1,5 Millionen Demenzkranke, Jahr für Jahr treten mehr als 300 000 Neuerkrankungen auf. Die Prognose ist düster: Sofern es keinen Durchbruch in Prävention und Therapie gibt, wird sich nach Vorausberechnungen der Experten die Krankenzahl bis zum Jahr 2050 verdoppeln. Dies entspräche einem Anstieg der Zahl der Demenzerkrankten in Deutschland um mehr als 100 pro Tag.

Die verbale Kommunikation mit Demenz-erkrankten ist in der Regel kaum noch möglich: „Menschen mit Demenz können von einem bestimmten Stadium der Erkrankung an, nicht mehr sagen, ob sie etwas benötigen“, erläuterte Zahnärztin Claudia Ramm, „Sie haben eine ganz andere Sprache. Sie grummeln, schreien, brabbeln.“ Im ICD-10 wird Demenz als Syndrom infolge einer meist chronischen oder fortschreitenden Krankheit des Gehirns mit Störung vieler höherer kortikaler Funktionen, einschließlich Gedächtnis, Denken, Orientierung, Auffassung, Lernfähigkeit und Sprache, definiert.

Wesentliches Kennzeichen ist der Verlust kognitiver Fähigkeiten und die zunehmende Unfähigkeit, rationale Entscheidungen zu treffen. Das Bewusstsein ist dagegen nicht getrübt. In der Praxis bedeutet dies, dass Menschen mit Demenz nicht mehr in der Lage sind, zahnärztliche Maßnahmen aufgrund logischer Argumente zu akzeptieren. Dennoch nehmen sie die Behandlung wahr. Die Folge: Angst, Hilflosigkeit und sogar Aggressionen gegenüber Zahnarzt und Helferin.

Wichtig: Körperkontakt während der Behandlung

Damit diese Situation nicht eintritt, ist es laut Ramm unerlässlich, Menschen mit Demenz in die Lage zu versetzen, sich verstanden zu fühlen und ihre Umwelt zu verstehen. „Der Zahnarzt sollte Demenzpatienten keine Fragen stellen“, erläuterte die Expertin für Alterszahnmedizin, besser seien Angebote und Vorschläge. Menschen mit Demenz würden neutrale Gesichter zudem eher als ärgerlich wahrnehmen, so dass ein überaus freundliches Gesicht und eine heitere Stimme für die Kooperationsbereitschaft der Patienten unerlässlich seien.

Wenn möglich sollte der Zahnarzt außerdem über die gesamte Behandlung hinweg Körperkontakt mit den Patienten halten. Damit der Zahnarzt mit dieser Patientengruppe in Kommunikation treten kann, sei es wichtig, dass er alles wiederholt, was die Patienten versuchen mitzuteilen, „sei es ein Brabbeln, ein Gähnen oder auch nur unverständliche Laute.“ Dadurch bekomme der Erkrankte die Möglichkeit, sich selbst und sein Umfeld – wenn auch nur für einen kurzen Moment – wahrzunehmen.

Um Vertrauen zu schaffen, sei es weiterhin für das gesamte Praxisteam wichtig, dass alle benennen, was sie tun. „Viel Geduld und Zeit sind in der Arbeit mit Demenzerkrankten nötig“, resümierte Ramm. Dies betreffe in erster Linie aber die Vorbereitung, „Wird die Bedeutung der Beziehung zwischen Zahnarzt und Patient berücksichtigt, dann zeigt die praktische Erfahrung dass die Behandlung selbst oft schneller und für beide Seiten befriedigender möglich ist.“

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