Big Data und Gesundheitswesen

Gute Ansätze, schlechte Umsetzung

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe drückt beim E-Health-Gesetz aufs Tempo. Mittels Fristen und Sanktionen möchte er auf die Vertreter von Ärzten, Zahnärzten, Apothekern und Krankenkassen in der gemeinsamen Gesellschaft der Selbstverwaltung (gematik) Druck ausüben. Diese kritisieren eine derartige Umsetzung des geplanten Gesetzes.

In einer gemeinsamen Stellungnahme von Kassenzahnärztlicher Bundesvereinigung, Kassenärztlicher Bundesvereinigung, Deutscher Krankenhausgesellschaft, Bundeszahnärztekammer, Bundesärztekammer und dem Deutschen Apothekerverband sehen diese im geplanten Gesetz positive Ansätze, die einen Mehrwert für die Patienten und deren Behandlung bringen können. „Das Gesetz eröffnet neue Möglichkeiten und fördert die sichere elektronische Kommunikation im Gesundheitswesen“, stellen sie fest. Auch wenn in Detailfragen Defizite bestünden, kämen sinnvolle Anwendungen wie zum Beispiel der Medikationsplan und der Notfalldatensatz auf den Weg.

Im Detail jedoch schreibe das Gesetz den Beginn des „Online-Rollout“ der Telematikinfrastruktur und damit der Vernetzung der Leistungserbringer ab dem 1. Juli 2016 vor. Falls die gematik bis dahin nicht die notwendigen Voraussetzungen für den Rollout geschaffen hat, drohen Sanktionen für die Kassenärztliche Bundesvereinigung, die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung und den GKV-Spitzenverband. Diese IT-Vernetzung müsse jedoch noch mit Industrielösungen erprobt werden, um sicherzugehen, dass in den Praxen eine praktikable und funktionierende Technik eingesetzt wird, heißt es. Der Zeitplan aber sei hierfür zu knapp getaktet. „Er lässt keine Auswertung der Erprobungsergebnisse zu“, so der Vorsitzende der Gesellschafter der gematik, Dr. Thomas Kriedel.

Dabei müsse sich erst einmal zeigen, ob geeignete IT-Lösungen entwickelt wurden. Bisher gebe es daran noch berechtigte Zweifel. Neben den positiven Aspekten des Gesetzes sind die Sanktionsregelungen aus Sicht der Unterzeichner daher das völlig falsche Instrument, um die Telematikinfrastruktur wie erhofft zu fördern. Für die Bundeszahnärztekammer stellt Dipl.-Stom. Jürgen Herbert klar: „Es hat den Anschein, als sähe das BMG beim Aufbau der Telematikinfastruktur und der Einführung von Telematikanwendungen in den berechtigten Kritikpunkten der Ärzte, Zahnärzte und Krankenkassen eine Blockadehaltung der Selbstverwaltung, die es gelte, aufzubrechen.“

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Sanktionen sind kontraproduktiv

Die vorgesehenen Sanktionen in Form von Verwaltungskostenkürzungen für die zuständigen Spitzenorganisationen der Selbstverwaltung sowie bis hin zu Honorarkürzungen für Vertragsärzte und Vertragszahnärzte, sofern die vom BMG vorgegebenen Zeitpläne nicht eingehalten werden, gingen aber am Kern des Problems vorbei. So liege es derzeit nicht in den Händen der Gesellschafter der gematik, ob etwa die Frist für die Einführung des Versichertenstammdatenabgleichs gehalten wird. „Dies hängt vielmehr maßgeblich von den beauftragten Industriekonsortien und der Prüfung durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik ab. Wir haben dem Bundesgesundheitsministerium gegenüber immer deutlich gemacht, dass die Zahnärzteschaft zu dem Projekt eine pragmatische und nutzenorientierte Einstellung hat und durchaus die Vorteile einer sicheren Vernetzung zu schätzen weiß“, so Herbert.

Der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV), Dr. Günther E. Buchholz, ergänzt: „Der Aufbau eines sicheren elektronischen Netzes, das es den Medizinern ermöglicht, sensible Sozialdaten von Patienten geschützt zu kommunizieren, ist ein wichtiges und sinnvolles Ziel. Dass die Bundesregierung vorsieht, den Aufbau einer Telematikinfrastruktur voranzutreiben, wird durch die KZBV grundsätzlich begrüßt. Fristen und Sanktionen allerdings stehen dem Vorhaben kontraproduktiv entgegen und schmälern die Akzeptanz. Mögliche finanzielle Einbußen führen zudem zu einer haushalterischen Unkalkulierbarkeit der Körperschaften. Derartige Strafzölle behindern ureigenste Aufgaben der Selbstverwaltung“. Auch sei es generell fraglich, ob derartige Maßnahmen rechtlich zulässig sind.

Weiterer Kritikpunkt: Zahnärzten, die ab dem 1. Juli 2018 ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Prüfung der Versichertenstammdaten nicht nachkommen, soll die Vergütung von Kassenleistungen pauschal um ein Prozent gekürzt werden. „Die KZBV und erst recht die Praxen haben auf die beteiligten Unternehmen und ihre Arbeitsabläufe nicht den geringsten Einfluss. Hier wird die Verantwortung einer möglichen Verzögerung an völlig falscher Stelle verortet“, so Buchholz.

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