Afrika als Brennglas
„Die Vortragsreihe „Mund auf“ soll denen eine Stimme geben, die etwas zu sagen haben zu aktuellen Themen in der Welt“, so formulierte Prof. Dr. Winfried Walther von der Akademie einführend. Und führte aus, dass Achille Mbembe international als eine der intellektuellen Stimmen Afrikas gilt. Sein Werk als Philosoph und Historiker widme sich der Geschichte Afrikas und deren vielfältigen Verflechtungen mit den Entwicklungen Europas und Amerikas. Zugleich gelte er als Vordenker einer neuen Rollenverteilung zwischen den Kontinenten dieser Erde, so Walther. Mbembe selbst verwies darauf, dass er sein Heimatland als ein „Versprechen für die Menschheit“ ansehe – dafür, „dass wir eines Tages in der Lage sein werden, über Kontinente hinweg ein Leben in Gemeinschaft zu führen“. Dabei befinde sich Afrika – wie die gesamte Menschheit – auf einer langen Suche nach Gleichheit und Gerechtigkeit.
Der Neuanfang nach Nelson Mandela
Spätestens mit dem Ableben Nelson Mandelas im Jahr 2013 sei den Bewohnern Afrikas bewusst geworden, dass damit für sie das 20. Jahrhundert zu Ende ist – wie für den gesamten Kontinent. „Wir Afrikaner hatten erkannt: Jetzt müssen wir unseren eigenen Weg gehen“, so Mbembe. Zwar gebe es nach wie vor Bilder des Zerfalls, der Armut, der Ungerechtigkeit, der Unterdrückung. Viele seiner Landsleute wollten emigrieren. „Aber das ist nicht die ganze Geschichte“ , schränkte Mbembe ein und lenkte den Blick auf den zunehmenden Wert, der in Afrika etwa der Gesundheit und der Bildung zukommen würde. So seien die Schülerzahlen an weiterführenden Schulen um 48 Prozent gestiegen, die Anzahl der HIV-Infizierten habe um 74 Prozent abgenommen. Die Kindersterblichkeit sei deutlich zurückgegangen, das Pro-Kopf-Einkommen habe sich in den vergangenen 20 Jahren um 30 Prozent erhöht. Zudem hätten sich neue und moderne Megastädte und -regionen entwickelt. All diese Entwicklungen stünden für ihn hinter dem Begriff der planetaren Wende des Schicksals Afrikas.
Starker wirtschaftlicher Aufschwung
„Die aktuellen Veränderungen in Afrika werden das 21. Jahrhundert bestimmen“, zeigte sich Mbembe überzeugt. Afrika werde wichtiger werden als ein Ort, an dem sich die Menschheitsgeschichte entscheiden könne. Auch in der Selbstwahrnehmung sehe sich Afrika immer mehr als ein Erdteil voller Potenziale und Möglichkeiten sehen, der Veränderung kolossalen Ausmaßes erlebe, so Mbembe. Dies belege auch die ungeheure Dynamik der afrikanischen Wirtschaft, dessen BIP von 2000 bis 2008 um fast fünf Prozent gewachsen sei. Das Bauwesen blühe, die privaten Investi-tionen würden zunehmen. Gegenwärtig erlebe Afrika eine ungeheure Dynamik der Beschleunigung, nicht nur wirtschaftlich, sondern auch gesellschaftspolitisch. Doch, so fragte Mbembe, „Beschleunigung auf welches Ziel“? Seien die Veränderungen auf Nachhaltigkeit ausgerichtet oder nur auf kurzfristige Prosperität? An dieser Frage entscheide sich, in welchem Maß Afrika Bedeutung erlangen werde, für die ökolo-gische Entwicklung der gesamten Menschheit im 21. Jahrhundert.