Perspektiven für morgen
Die medizinische Versorgung in Deutschland stehe vor großen infrastrukturellen Herausforderungen, unterstrich Ulrich Sommer, Vorstandsmitglied der apoBank, vor rund 100 Gästen aus Politik und Standespolitik. Leider jedoch berücksichtige die Investitionsoffensive der Bundesregierung die dringlichen Fragestellungen der Gesundheitsversorgung nicht genügend. Ingrid Fischbach, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium, betonte, es müssten kluge Weiterentwicklungen greifen, um den künftigen Herausforderungen im Gesundheitswesen Herr zu werden. Höchste Prioriät habe die Finanzierbarkeit. Es gelte, darauf zu achten, dass die demografische Entwicklung und die Ausgabenseite in Balance bleiben. Die Versorgungsstrukturen müssten neu gestaltet werden, weil sich die Gegebenheiten vor Ort geändert hätten, sagte sie im Hinblick auf die Pläne zum Versorgungsstruktur- gesetz. Wichtig seien mehr Qualität und Transparenz, aber auch gute Rahmenbedingungen für Ärzte und Pflegepersonal sowie gute Anreize, um bestimmte Regionen besser zu versorgen.
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Mehr Planungssicherheit
„Wie schaffen wir es, junge Menschen trotz Risiken zur Niederlassung zu motivieren?“ Diese Frage stellte Dr. Wolfgang Eßer, Vorsitzender des Vorstands der KZBV, an den Beginn seines Impulsreferats. Festzustellen sei eine schleichende Abkehr von freiberuflichen Strukturen, klassische Aufgaben der Selbstverwaltung würden immer mehr auf den Staat übertragen. Es gehe darum, die Attraktivität der Heilberufe insgesamt zu fördern und für die nachfolgende Generation mehr Planungssicherheit zu schaffen. Die Gesellschaft werde immer älter, und dieser Demografiefaktor habe Einfluss auf die Zahnmedizin. Es sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, Risikogruppen Zugang zu einer präventionsorientierten Versorgung zu verschaffen. Eine Lücke klaffe bei Kleinkindern mit erhöhtem Kariesrisiko. Eßer forderte die Berücksichtigung des zahnärztlichen ECC-Konzepts im Versorgungsgesetz. Begrüßenswert sei, dass im Versorgungsstärkungsgesetz ein zahnmedizinisches Präventionsmanagement für Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderungen vorgesehen ist. In der anschließenden Diskussion, an der neben Fischbach und Eßer auch Matthias Moormann vom Vorstand der AOK Rheinland/Hamburg teilnahm, ging es vor allem um Fragen rund um den beruflichen Nachwuchs. Eßer brachte es auf den Punkt: „Sind wir uns einig, dass Heil- berufler unter dem Primat der Freiberuflichkeit bleiben sollen? Diese Frage ist in Deutschland nicht klar beantwortet.“
Internetmedizin wächst
Den Blick auf die zunehmende Digita- lisierung im Gesundheitswesen lenkte Dr. Markus Müschenich von Concept Health, Kinderarzt und Unternehmer. Das Internet werde immer mehr zum relevanten Vertriebsweg für Gesundheitsleistungen und -informationen, das Gesundheitswesen sei inzwischen maximal vernetzt. Er unterstrich den Bedarf nach finanziellen Impulsen für den Ausbau der gesundheitsassoziierten Infrastruktur und der Internetmedizin. Dr. Thomas Drabinski, Institut für Mikrodaten-Analyse, Kiel, untersucht die Auswirkungen der demografischen Veränderungen auf Gesundheitswesen und Märkte. Es gebe noch keine Antwort der Gesundheitspolitik darauf, bei den Ärzten sei das Vertrauen in die Politik nicht hoch und die Patienten ahnten eine allmähliche Verschlechterung, bilanzierte er. Der KBV-Vorsitzende Dr. Andreas Gassen forderte eine nachhaltige Krankenhausreform und Konzepte, um die Attraktivität der selbstständigen Arztpraxis zu steigern. Die Medizin sei ambulanter geworden, auch die Aus- und Weiterbildung müsse „ambulantisiert“ werden. Insgesamt forderte er mehr Spielraum für die Selbstverwaltung. Moderiert wurde das apoForum von Ulrich Langenberg, Geschäftsführer der Ärztekammer Nordrhein, und Georg Heßbrügge, Bereichsleiter Gesundheitsmärkte und -politik bei der apoBank.