Pneumonie

Einteilung, Verlauf und Prävention

Heftarchiv Medizin Repetitorium
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Pneumonien sind als akute Erkrankung bei Erwachsenen weit verbreitet. Sie sind ein ernst zu nehmendes Gesundheitsproblem, bei rund jedem siebten Patienten ist eine Hospitalisierung erforderlich. Problematisch ist die Situation oft bei Kindern und insbesondere bei alten sowie bei immungeschwächten Patienten, bei denen die Infektion nicht selten letal verläuft.

Zwar besitzt vor allem die ambulant erworbene Pneumonie bei adäquater Behandlung eine gute Prognose, Lungenentzündungen gehören dennoch insgesamt zu den häufigsten Todesursachen weltweit. In der bundesdeutschen Todesursachenstatistik rangieren sie auf Platz fünf, in Westeuropa sind sie die häufigste zum Tod führende Infektionskrankheit.

Krankheitsformen

Bei der Pneumonie handelt es sich um eine akute oder auch chronisch verlaufende Entzündung der Alveolen oder des Lungengewebes. Sind primär die Lungenbläschen betroffen, spricht man von einer alveolären Pneumonie. Differenziert werden bei dieser Krankheitsform abhängig von der Ausdehnung der Entzündung die Herdpneumonie, wenn nur ein oder einige wenige Entzündungsherde vorliegen, sowie die Lobärpneumonie, wenn ein ganzes Lungensegment oder sogar ein ganzer Lungenlappen betroffen ist. Bei überwiegend entzündlich verändertem Lungengewebe liegt eine interstitielle Pneumonie vor, also eine Entzündung der schmalen Bindegewebsschicht zwischen den Alveolen und den Blutgefäßen. Die Pneumonie kann außerdem von den Bronchien ausgehen und wird dann als Bronchopneumonie bezeichnet. Ist die Pleura mitbetroffen, wird auch von einer Pleuropneumonie gesprochen. Außerdem kann eine Lungenentzündung auch durch nicht-infektiöse Faktoren bedingt sein. Sie kann beispielsweise durch ätzende oder giftige Gase verursacht werden oder durch die Aspiration von Magensäure, von Speiseresten oder eines Fremdkörpers. In einem solchen Fall wird von einer Aspirationspneumonie gesprochen. Davon abgesehen wird insbesondere zwischen einer ambulant erworbenen Pneumonie, kurz CAP (Community Acquired Pneumonia) und der im Krankenhaus erworbenen, also nosokomialen Pneumonie, kurz HAP (Hospital Acquired Pneumonia), unterschieden, deren Prognose deutlich schlechter ist. Mit der Beatmungs- pneumonie, kurz VAP (Ventilator Associated Pneumonia), gibt es eine weitere Krankheitsform.

Es kann ferner zwischen einer sogenannten primären Pneumonie, die bei vorher völlig gesunden Personen auftritt, und einer sekundären Pneumonie, die sich bei Menschen mit Grunderkrankungen wie beispielsweise einem Immundefekt, einem Diabetes oder einem chronischen Herzleiden manifestiert, differenziert werden. Konkrete Zahlen zur Häufigkeit der CAP gibt es nicht, wohl aber zu den stationär behandelten CAP-Fällen. Die Inzidenz der im Krankenhaus behandelten ambulant erworbenen Pneumonie liegt demnach bei etwa 2,96/1 000 Einwohner in Deutschland, so die Angaben im „Weißbuch Lunge 2014“. Die Krankheitshäufigkeit nimmt mit steigendem Alter zu, mehr als 80 Prozent der Patienten sind über 60 Jahre alt, das mittlere Erkrankungsalter liegt bei 72 Jahren. Außerdem entwickeln häufiger Männer als Frauen eine in der Klinik zu behandelnde CAP (3,2 versus 2,5/1 000).

Nach Daten der KiGGS-Studie (Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland) des Robert Koch-Instituts (RKI), die auf der Befragung von Eltern basieren, ist bei Kindern und Jugendlichen bis zu 17 Jahren von einer CAP-Prävalenz von 1,5 Prozent auszugehen, wobei Mädchen etwas häufiger erkranken als Jungen. Die höchste Prävalenz ist laut Weißbuch bei Kindern im Alter bis zu sechs Jahren zu registrieren. Geschätzt wird die Zahl der CAP-Krankheitsfälle in Deutschland auf etwa 500 000 pro Jahr, was einer Inzidenz von circa 610/100 000 entspricht.

Keine konkreten Daten liegen bislang zur nosokomialen Pneumonie vor, und ganz generell besteht, so mahnen die Experten im Weißbuch, noch ein deutlicher Forschungsbedarf hinsichtlich der Inzidenz und der Prävalenz der Pneumonie. Vermutet werden rund 100 000 bis 150 000 Fälle einer nosokomialen Pneumonie pro Jahr hierzulande. Dabei nimmt die Häufigkeit nach Angaben im „Gesundheitsbericht für Deutschland“ des RKI derzeit in Deutschland zu. Bei rund einem Fünftel aller Nosokomialinfektionen handelt es sich demnach um eine Pneumonie. Auf Intensivstationen steigt der Anteil sogar auf circa 50 Prozent.

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Hohes Letalitätsrisiko

Die ambulant erworbene Pneumonie ist in aller Regel gut zu behandeln, sofern die Patienten nicht bereits älter und komorbide sind. Die Letalität der Erkrankung liegt bei normalem Verlauf unter einem Prozent und steigt bei mittelschwerer Infektion auf zehn und bei schwerer Erkrankung mit erforderlicher Klinikeinweisung auf 35 Prozent an. Ursache ist nicht selten eine sich aus der Pneumonie als schwere Krankheitskomplikation entwickelnde Sepsis. Besonders gefährdet sind dabei Patienten mit kardiovaskulärer und/oder pulmonaler Grunderkrankung. Pneumonien treten somit auch als akut lebensbedrohliche Komplikation anderer Vorerkrankungen auf. Bei der nosokomialen Pneumonie ist von einer Letalität von 20 Prozent auszugehen. Die höhere Sterblichkeit ist insbesondere durch das Erregerspektrum mit zum Teil resistenten Keimen zu erklären. Zur Prognoseabschätzung der Pneumonie wurde der Score CRB-65 entwickelt. Dabei wird jeweils ein Punkt gegeben bei

  • Confusion (Verwirrung)

  • Respiratory Rate (Atemfrequenz) 30/Minute

  • Blutdruck unter 90 mmHg systolisch oder unter 60 mmHg diastolisch

  • einem Alter von 65 Jahren und mehr

Der CRB-65 wird im Allgemeinen ambulant erhoben und dient der Abschätzung, ob eine Klinikeinweisung erforderlich ist. Diese ist allerdings schon ab einem Score von eins zu erwägen, da dann bereits von einem erhöhten Sterblichkeitsrisiko auszugehen ist.

Nicht zuletzt aufgrund der hohen Letalität der Pneumonie sehen die Experten noch einen erheblichen Forschungsbedarf auch zur Diagnostik und Therapie der Infektion. Dazu gehört entsprechend der Angaben im aktuellen Weißbuch Lunge auch die „Entwicklung von Instrumenten und klinischen Algorithmen, die es ermöglichen, Pneumonien als akute Erkrankung zu erkennen und in definierten Zeitfenstern die Behandlungsmöglichkeiten auszuschöpfen.“

Denn, so die Einschätzung der Experten, neue antibiotische Substanzklassen zur Therapie von Pneumonien sind in absehbarer Zukunft nicht zu erwarten.

Erregerspektrum

In aller Regel entsteht die Pneumonie auf dem Boden einer bakteriellen Infektion. Die ambulant erworbene Pneumonie wird bei Erwachsenen in erster Linie durch Streptococcus pneumoniae, also durch Pneumokokken hervorgerufen. Weitere häufige Erreger der ambulant erworbenen Pneumonie sind Mykoplasma pneumoniae, Hämaophilus influenzae sowie Legionella pneumoniae und Chlamydien.

Bei Kindern ist vor allem Hämophilus influenzae Typ B die Krankheitsursache, bei Säuglingen beruht die Erkrankung meist auf einer Infektion mit Staphylokokkus aureus.

Anders sieht das bei der nosokomialen Pneumonie aus, bei der die Haupterreger vor allem Staphylococcus aureus, Enterobakterien wie Pseudomonas aeruginosa und Klebsiellen sind, so eine Information der Organisation „Lungenärzte im Netz“. Problematisch ist die nosokomiale Pneumonie, weil zunehmend über Resistenzen der Keime gegen die üblicherweise eingesetzten Standardantibiotika berichtet wird.

Seltener sind Viren, Pilze oder Parasiten die Ursache der Erkrankung. Zu beobachten sind derart bedingte Pneumonien insbesondere bei stark immungeschwächten Patienten.

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Risikofaktoren

Risikopersonen im Hinblick auf die Entwicklung wie auch den Verlauf der Pneumonie sind vor allem

  • Säuglinge, deren Immunsystem noch nicht voll ausgereift ist,

  • Kleinkinder,

  • Menschen jenseits des 60. Lebensjahres und

  • Patienten mit gravierenden Grunderkrankungen, deren Abwehrlage oft geschwächt ist. Dazu gehören Patienten mit chronischer Herz- und insbesondere mit chronischer Lungenerkrankung, Diabetiker, Alkoholkranke sowie HIV-Patienten, Krebspatienten nach einer Chemo- oder Strahlentherapie und auch Patienten nach einer Splenektomie sowie nach einer Organtransplantation.

  • Außerdem haben auch Raucher ein erhöhtes Krankheitsrisiko.

Vor allem bei bettlägerigen Patienten ist eine durch die eingeschränkte Lungenbelüftung begünstigte Pneumonie eine ernste Krankheitskomplikation. Denn der infolge der Entzündung erschwerte Gasaustausch kann eine erhebliche, potenziell lebensbedrohliche Hypoxie zur Folge haben.

Symptomatik

Die ambulant erworbene Pneumonie tritt üblicherweise nach einem Atemwegsinfekt auf und macht sich mit Fieber, Husten, Auswurf, Schüttelfrost und einer Tachypnoe bemerkbar. Oft bestehen auch atemabhängige Schmerzen im Brustraum und die Patienten klagen über eine erschwerte Atmung bis hin zur Atemnot. Und sie geben zumeist ein starkes Krankheitsgefühl an. Spezifische Symptome können andererseits fehlen, dann zeigt sich die Pneumonie fast ausschließlich über eine schleichende Verschlechterung der Grunderkrankung.

Die typische Pneumonie weist einen relativ plötzlichen Beginn der Klinik auf. Bei der durch intrazelluläre Bakterien wie Mykoplasmen, Chlamydien und Legionellen verursachten sogenannten atypischen Pneumonie entwickelt sich die Symptomatik dagegen langsamer als gewöhnlich, es stehen oft Kopf- und Gliederschmerzen sowie ein hartnäckiger trockener Husten im Vordergrund, doch das Fieber ist weniger hoch, es kommt meist nicht zum Schüttelfrost und die Patienten sind etwas weniger stark in ihrem Allgemeinbefinden beeinträchtigt als bei der klassischen Pneumonie.

Bei Kindern tritt vor allem Atemnot auf mit angestrengtem Atmen, erhöhter Atemfrequenz und Nasenflügelatmen. Als Komplikation bei allen Formen der Pneumonie ist insbesondere die respira- torische Insuffizienz gefürchtet, die Sepsis sowie eine Meningitis oder sogar ein Hirnabszess und auch entzündliche Veränderungen an Herz, Gelenken und Knochen, schreiben die „Lungenärzte im Netz“.

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Diagnostik

Die Verdachtsdiagnose einer Pneumonie ergibt sich auf Basis des klinischen Bildes sowie beim Abhören und Abklopfen der Lunge. Auskultatorisch sind feuchte Rasselgeräusche zu vernehmen, da die verklebten Lungenbläschen beim Atmen regelrecht knistern. Die interstitielle Pneumonie verursacht jedoch solche Geräusche nicht. Bei der Perkussion ist über dem betroffenen Lungenlappen eine Klopfschalldämpfung charakteristisch.

Gesichert wird die Diagnose durch eine Röntgenthoraxaufnahme, die jedoch keine Rückschlüsse auf das Erregerspektrum erlaubt. Differenzialdiagnostisch zu beachten sind ein Lungenkarzinom, eine Lungen- tuberkulose, eine Lungenembolie mit Infarzierung sowie eine Lungenfibrose.

Unter ambulanten Bedingungen erfolgt üblicherweise kein Erregernachweis, sofern nicht aufgrund der individuellen Situation des Patienten das Risiko eines schweren Krankheitsverlaufs besteht. Bei der noso- komialen Pneumonie ist dagegen ein frühzeitiger Erregernachweis mit Resistenzbestimmung wichtig.

Therapie der Pneumonie

Infolge der meist bakteriellen Genese wird die Pneumonie in aller Regel mit Antibiotika behandelt. Dies geschieht zunächst als kalkulierte antibiotische Therapie ohne Erregernachweis mit Breitspektrum-Antibiotika, also mit einem Antibiotikum, das gegen möglichst viele der gängigen Erreger der Pneumonie und insbesondere gegen Pneumokokken wirksam ist. Im Allgemeinen wird daher ein Penicillin verordnet.

Patienten mit mittelschwerer und schwerer Pneumonie erhalten meist eine antibiotische Kombinationstherapie, die sowohl gegen Pneumokokken wie auch gegen atypische Erreger wie etwa Legionellen wirksam ist. Die Heilungsraten der CAP liegen je Erreger und eingesetztem Antibiotikum nach Angaben im „Gesundheits- bericht für Deutschland“ des RKI bei 76 bis 98 Prozent. Für die stationär behandelte CAP werden Heilungsraten von 70 bis 90 Prozent berichtet. Liegt eine nosokomiale Pneumonie vor, erfolgt wegen des komplexeren und oft resistenten Erregerspektrums von Beginn an eine antibiotische Kombinationstherapie.

Zur Therapie der Pneumonie gehören darüber hinaus allgemeine Maßnahmen wie Bettruhe, Atemübungen, eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr, die Behandlung mit Antitussiva und Mukolytika mit gegebenenfalls einer Inhalationstherapie sowie eventuell auch mit Antipyretika bei Fieber und eine Sauerstoffgabe per Nasensonde bei Atemnot.

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Prävention

Eine Impfung gegen Pneumokokken als Prophylaxe-Maßnahme einer Pneumonie wird von der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut für Personen ab dem 60. Lebensjahr sowie generell für Menschen mit chronischer Grunderkrankung und/oder geschwächter Abwehrlage und auch für Kinder und Jugendliche mit erhöhtem Gesundheitsrisiko empfohlen. Die Impfung sollte alle sechs Jahre wiederholt werden. Sie hat nach Angaben im Weißbuch Lunge das Potenzial, die Inzidenz der Pneumokokken-Pneumonie um bis zu 90 Prozent zu mindern.

Bislang aber werden – so kritisieren die Experten – die Möglichkeiten der Pneumokokken-Impfung zu wenig genutzt, zumal häufig noch der ältere, weniger wirksame Impfstoff eingesetzt wird und nicht die inzwischen verfügbare hochwirksame Konjugatimpfung erfolgt.

Nicht zuletzt auch zur Prävention der Pneumonie als Komplikation einer Influenza empfiehlt die STIKO außerdem die jährliche Grippeschutzimpfung bei Personen ab 60 Jahren sowie bei immungeschwächten Patienten.

Zur Prävention der nosokomialen Pneumonie sind konsequente Hygieneprogramme in den Kliniken erforderlich, um insbesondere die Übertragung resistenter und gegebenenfalls multiresistenter Erreger zu verhindern.

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